FLENSBURG / MELSUNGEN. Für die MT Melsungen bleibt die Flens Arena eine kaum einzunehmende Festung, wenngleich sie phasenweise an deren Grundfesten rüttelte. Am Mittwoch verloren die Nordhessen in der Liqui Moly Handball-Bundesliga bei der SG Flensburg-Handewitt mit 23:30 (12:14).
Die Nordhessen legten los wie die Feuerwehr, gingen nach nur drei Minuten mit 3:0 in Führung und machten darüber hinaus den Hausherren mit einer offensiven Abwehr das Leben schwer. Es waren bis zum Halbzeitpfiff nur Nuancen, die den Unterschied des amtierenden Meisters gegenüber dem Tabellensiebten ausmachten. Im zweiten Durchgang erwischten die Nordlichter den besseren Start und bauten den Vorsprung auf 18:14 aus. Melsungen konnte noch einmal auf zwei Tore herankommen, brachte sich dann aber durch technische Fehler und Fehlversuche immer weiter aus dem vormals guten Rhythmus. Nach 42 Minuten hatten die Hausherren mit 22:17 einen vorentscheidenden Abstand erzwungen, den sie in der Folge auch nicht mehr hergaben. Der Sieg für die SG Flensburg-Handewitt geht damit in Ordnung. Beste Torschützen in der mit 6.004 Zuschauern nicht ganz ausverkauften Flens Arena waren SG-Rechtsaußen Marius Steinhauser (8/3) und MT-Rückraumspieler Julius Kühn (7). Am Samstag erwartet die MT in der bereits seit Wochen ausverkauften Kasseler Rothenbach Halle die HSG Wetzlar zum Hessenderby.
Was für ein Auftakt, welch ein Tempo! Die ohne Felix Danner und Lasse Mikkelsen angetretene MT Melsungen legte in der Flens Arena los wie die Feuerwehr und überrumpelte den amtierenden Deutschen Meister in der Startphase förmlich: Marino Maric vom Kreis, Kai Häfner und Julius Kühn aus dem Rückraum – jeder Angriff ein Treffer. Nach nur 157 Sekunden leuchtete ein 0:3 auf der Anzeigentafel auf. Neben den beherzt und schnell vorgetragenen Angriffen überraschte der Tabellensiebte den Titelaspiranten mit einer für Melsunger Verhältnisse ungewohnt offensiven Abwehr. Keine Frage, die Ideen, die der neue Coach Gudmundur Gudmundsson seinen Schützlingen mit auf den Weg gab, zündeten.
Die MT blieb auch nahezu die gesamte erste Viertelstunde auf dem Feld tonangebend. Ob gut herausgespielt oder per “Zweiter Welle” – die Chancen wurden von Julius Kühn, Kai Häfner und Marino Maric genutzt. Und auch der nach vorne geeilte Abwehrchef Finn Lemke trug sich in die Torschützenliste ein. Allerdings befreiten sich die Hausherren mit zunehmender Spieldauer aus der Melsunger Umklammerung und waren beim 6:6 erstmals gleichauf. Sie hatten vor allem in Rechtsaußen Marius Steinhauser einen absolut treffsicheren Schützen – der Linkshänder hatte bis dahin drei der sechs Tore markiert.
Auch wenn Flensburg die zweite Viertelstunde mit 8:6 knapp zu den eigenen Gunsten entscheiden konnte, war zwischen den beiden Kontrahenten noch kein großer Unterscheid feststellbar. Nachdem Michael Allendorf nach einem 7:9 Rückstand das Spiel mit seinem Tor zum 10:10 (22.) wieder geöffnet hatte, war das eine gute Voraussetzung, das Heft wieder in die Hand zu bekommen. SG-Trainer Maik Machulla hatte diese Gefahr wohl auch erkannt und den Melsunger Vorwärtsdrang per Timeout unterbrochen.
Mit Erfolg. Denn nach Wiederaufnahme des Spiels verschafften sich die Blauweißen mit einem 3:0-Lauf einen Drei-Tore-Vorsprung. – Warum? Zum einen, weil der jetzt für Torbjörn Bergerud ins Tor beorderte Benjamin Buric besser hielt, zum anderen, weil die MT jetzt in einigen Szenen einfach etwas glücklos war. So kassierte etwa Finn Lemke eine Zeitstrafe, Roman Sidorowicz’s Wurf landete am Pfosten und Julius Kühn unterlief ein technischer Fehler. Den machte der Halblinke indes, nachdem Michael Allendorf per Siebenmeter auf 13:11 gestellte hatte, mit seinem Treffer zum 14:12 Halbzeitstand wieder wett.
Es war auch Kühn, der das erste Tor auf Seiten der MT in Durchgang zwei markierte (15:13). Damit schaffte er seinen fünften Erfolg im fünften Versuch. Noch war die MT damit der SG auf den Fersen. Was auch in den folgenden fünf Minuten noch so bleiben sollte, als der MT-Shooter mit einem Hammerwurf genau in den Winkel des SG-Gehäuses ein weiteres Zeichen seiner Gefährlichkeit setzte (18:16, 37.).
Was zu dem Zeitpunkt niemand ahnen konnte: So eng sollte es – aus MT-Sicht leider – nicht bleiben, geschweige denn, das Blatt sich wieder zugunsten der Nordhessen wenden. Denn jetzt häuften sich im Angriff die Fehler und auch die Abwehr hatte zusehends Mühe, den stärker werdenden Offensivdrang Flensburgs im Zaum zu halten. Als mit dem 21:16 der Abstand bedrohlich groß geworden war, legte Gudmundur Gudmundsson die Grüne Karte. Der gewünschte Effekt indes blieb aus. Vor allem, weil Benjamin Buric den MT-Angreifern diverse Chancen zunichte machte, zum anderen auch, weil nun Routinier Holger Glandorf mehr und mehr auftaute und sich zum Goalgetter aufschwang. Die MT hatte zu dem Zeitpunkt ihre relativ offensive Abwehr längst an den eigenen Kreis zusammengezogen. Dennoch spürten die Nordlichter immer wieder Lücken auf, beziehungsweise schafften es, diese durch schnelle Ballpassagen zu erzwingen Da war auch der inzwischen für Nebojsa Simic ins Tor gekommene Johan Sjöstrand meist machtlos.
So war gut zehn Minuten vor dem Ende – Linksaußen Hampus Wanne hatte gerade auf 26:19 erhöht – praktisch eine Vorentscheidung gefallen. Klar, die MT mühte sich, den Abstand wieder zu reduzieren, fand aber nicht mehr zu dem guten Rhythmus aus Halbzeit eins zurück. Jeder eigene Treffer wurde mit einem Gegentreffer quittiert. Da auf beiden Seiten jeweils noch vier Tore gelangen, ging der Schlagabtausch in der Schlussphase remis aus. Was aber am letztlich verdienten Flensburger Sieg nicht mehr rüttelte.
MT-Stimmen zum Spiel:
Wir haben eine sehr gute erste Halbzeit gespielt. Mit der Abwehr war ich sehr zufrieden. Wir konnten Gegenstöße anbringen und auch der Positionsangriff klappte gut. Die zweite Hälfte haben wir nicht gut begonnen, die Abwehr war nicht mehr stabil genug und wir haben auch vorne zu viele Fehler gemacht und uns Fehlwürfe geleistet. Da haben wir aus klaren Chancen keine Tore mehr gemacht. Dennoch habe ich einige Dinge gesehen – wie zum Beispiel die 5:1-Abwehr – bei denen wir Fortschritte gemacht haben und auf einem guten Weg sind. Wir müssen jetzt einen Schritt nach dem anderen machen, was angesichts der hohen Belastung nicht einfach ist. Auch ich selber muss etwas Geduld haben.
Gudmundur Gudmundsson
Wir haben über weite Strecken gut gespielt, Unser Ziel war es, und das ist auch Gudmis Philosophie, den Gegner mit einer entsprechenden Deckung zu verunsichern. Leider kamen wir in der zweiten Halbzeit manchmal den berühmten Schritt zu spät. In der Tabelle sind wir jetzt gefühlt im Nirgendwo. Aber wir sind in drei Wettbewerben vertreten, haben einen neuen Trainer, der neuen Schwung hineinbringt. Ich persönlich freue mich auf die nächsten Wochen.
Julius Kühn