Gudensberg: Sechsstellige Investitionssumme nach 3. Gutachten?
GUDENSBERG. Ob es riecht, stinkt oder gar duftet, liegt einerseits an der Geruchsquelle und andererseits an den Nasen, Erfahrungen und Emotionen derjenigen, die dem Geruch ausgesetzt sind. In Gudensberg stehen seit 2014 zwei Kuhställe in offener Bauweise (Offenställe) auf den Grundstücken alteingesessener Bauernhöfe.
Seit dem Jahr 2015 beschäftigen Beschwerden und Proteste die Stadt Gudensberg und die Bauaufsicht beim Landkreis Schwalm-Eder. Für gestern Abend hatten Rathaus und Kreisverwaltung zu einer Bürger-Information in den Bürgersaal nach Gudensberg eingeladen. Vorgestellt werden sollte ein neues, drittes Gutachten und Lösungsmöglichkeiten.
Wahrnehmung nicht nur subjektiv – neue Technik muss spürbar entlasten
Bürgermeister Frank Börner begrüßte die Gäste und das große Interesse an der jetzt möglichen Lösung. „Die Gerüche“, so der Bürgermeister, bemerkt man auch in der Stadt.“ Die neue Technik bei der Erweiterung der landwirtschaftlichen Betriebe hatte Hoffnung gemacht. Sie haben sich nicht erfüllt, die Wahrnehmung ist nicht nur subjektiv, so fasste Börner die Situation zusammen. Aus Sicht der Stadtverwaltung waren alle Gespräche mit den Landwirten stets konstruktiv. „Es hilft jetzt aber nichts mehr, Fehler zu suchen, sondern für die Zukunft Lösungen suchen“, so lautet die aktuelle Botschaft. Die ländlich üblichen Gerüche gehören dazu, aber sie müssen zumutbar sein.
Der Erste Kreisbeigeordnete Jürgen Kaufmann sprach von einer schwierigen Situation und wagte einen Ausblick in die mögliche Zukunft von Auseinandersetzungen: „Ein Gerichtsverfahren könnte Jahre dauern und womöglich kein Ergebnis liefern, was einen Wert hat“ unterm Strich steht ein wirklicher Konsens: Die Anlieger wollen eine Lösung, die Landwirte wollen investieren, aber nur in eine Technik, die auch ein spürbares Ergebnis liefert. Schließlich kann es rechtlich akzeptable Grenzwerte geben, nach denen es trotzdem stinkt.
Verlängerung von Dach und Futtertisch, automatische Schließung und Vernebelung
Als im Jahr 2011 die Bauanträge für die Erweiterung der Höfe Knaust und Sölzer eingereicht wurden, erfolgte eine Prüfung auch unter dem Aspekt möglicher Immissionen. Auf Grundlage eines Gutachtens vom 31. Mai 2011 wurde eine Baugenehmigung erteilt aber schon bald nach Fertigstellung erfolgten erste Beschwerden. Geruchsprotokolle wurden erstellt. Dass die Belastung vor allem abends und morgens auftrat, deutete auf Kaltluftströme hin. Ein zweites Gutachten verwarf genau aus diesem Grund das erste Gutachten. Jetzt liegt ein Drittes, absicherndes Gutachten zur Umsetzung seit Dezember 2019 vor. Das wurde gestern Abend durch den Gutachter Jens Förster von der IFU GmbH aus Frankenberg/Sachsen vorgestellt.
Die Möglichkeiten zur Beseitigung der Problematik sind:
- Verlängerung des Dachüberstandes, um eine Futtertischverlängerung zu ermöglichen das ist Voraussetzung für die
- Automatische Schließung der Offenställe (Curtains) bei Kaltluftströmen. Dadurch erfolgt eine Anpassung der Temperaturen, die den Luftaustausch positiv beeinflussen beziehungsweise verhindern.
- Schließung der Güllebehälter
- Eingeschränkte Nutzung eines weiteren Güllebehälters
- Installation einer Vernebelungsanlage
Es sind erhebliche Investitionen, für die auch Zuschüsse generiert werden könnten, so Jürgen Kaufmann für die Genehmigungsbehörde, die schließlich die Baugenehmigung – nach bestem Wissen aber nach unzureichenden Auflagen – erteilt hat.
Sorgen der Anlieger – Hoffnungen der Landwirte
Die Anlieger haben ihre Sorgen und Auswirkungen der Belastung artikuliert. Zudem gilt in Gudensberg: Niemand spitzt die Konfrontation zu. Aber es möchte auch niemand mehr im Keller schlafen und wieder Wäsche raushängen können, ohne dass sie Gerüche annimmt.
Schließlich hatten die Landwirte das Wort. Martin Knaust entschuldigte sich zunächst dafür, dass der Eindruck entstanden sei, die Landwirte würden die Anlieger nicht ernst nehmen. Wir hätten uns früher melden sollen, räumt er ein. „Auch wir nehmen das im Schlafzimmer wahr“, erklärt er. Die Kaltluftströme vom Odenberg nähmen offenbar gerade in den Abendstunden zu. „Hätten wir die Lösung gewusst, hätten wir sie umgesetzt!“ Man habe die Ställe nicht gebaut, um jemanden zu ärgern, sich dabei auf ein erstes Gutachten verlassen und bereits 40.000 Euro investiert, die wenig gebracht hätten. Der Hof Knaus sei aber bereit, weitere Maßnahmen umzusetzen, wie die Erweiterung des Futtertisches und des Dachüberstandes und eine Wasservernebelungsanlage, um die Temperatur der Umgebungsluft durch feinen Wassernebel zu senken. Das Wasser bindet beim Absinken auch die Gerüche und die Tiere fühlen sich wohler. Das Substratlager wird überdacht, um Güllegerüche einzufangen. Dafür wird eine sechsstellige Summe investiert, die sich nur über einen Kredit finanzieren lässt. Die erste Firma kommt schon am Freitag, aber vor einer Umsetzung muss erst der Behälter leer sein.
Knaust hofft, dass dies für alle der beste Weg ist. Einen garantieren wird kaum jemand. Das Gleiche gilt für Jörg Sölzer. Er wird ähnliche Baumaßnahmen wie sein Nachbar umsetzen. „Wir versuchen das Beste zu machen. Die Elektrische Anlage für die Curtains und die Vernebelungsanlage veranschlagt er mit einer fünfstelligen Summe für seinen Betrieb.
Noch viele Fragen und Zeitbedarf
Die Bürger stellen Fragen. Liegt es am Wind? Ist die Ursache die Biogasanlage? „Abends passiert dort immer was“, sagt ein Anlieger. Beim dritten Gutachten ist die Biogasanlage berücksichtigt, wird jetzt abgesichert und kann nicht mehr belasten. Sorge vor Legionellen wird formuliert. In den letzten zwei Jahren sei es mit dem Geruch schlimmer geworden, Mieter wollen nicht mehr einziehen, der Wert der Grundstücke sei gemindert. Frank Börner stellte fest, „Es riecht auch im Rathaus und an der Märchenbühne“.
Ein Bürger fasst zusammen: „Eine gute Darstellung, schade, dass es so lange gedauert hat!“ Jürgen Kaufmann erneuerte die Historie, nach der sich alle auf das alte Gutachten verlassen haben. Prozesse etwas zu ändern, dauern einfach. Man habe die Zeit jetzt genutzt, um auch verifizierbare Lösungen zu finden. Aber es werde Ostern und im Sommer noch riechen…
Die Kommunikation soll besser werden
Bürgermeister Frank Börner erklärte auf Nachfrage, dass die Stadt bereit wäre ein Grundstück zwischen Betrieb und Wohngebiet zu kaufen, um dort aufzuforsten. Der Eigentümer wolle aber nicht verkaufen. Der Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes, Dr. Bernd Wenck, bekräftigte: In Kenntnis des neuen Gutachtens hätten die Landwirte so gebaut. Es sei schon viel versucht worden, aber an der Kommunikation habe es gefehlt.
Frank Börner machte einen Vorschlag, um die Kommunikation nachhaltig zu verbessern: „ein Fest am Ende wäre gut…“ (rs)
1 Kommentar
Ich hatte auch mal vor in Gudensberg zu bauen oder ein Haus zu kaufen , aber ich habe es gelassen es stinkt in Gudensberg.!!!!
Schon wenn man über die Autobahn fährt ist es oft unmöglich.
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