Freie Wähler berufen sich auf falsche Zahlen
SCHWALMSTADT. Die Pressemitteilung der Freien Wähler Schwalmstadt vom gestrigen Dienstag hat im Rathaus offenbar für Aufsehen gesorgt. Die Freien Wähler hatten in einer Mitteilung an die Presse von gestiegenen Schulden der Stadt Schwalmstadt in Höhe von über 157 Mio. Euro „gesprochen“ und sich auf Zahlen des Hessischen Landesrechnungshofs berufen.
Die Schlussfolgerung der Freien Wähler war, dass die Pro-Kopf-Verschuldung Schwalmstadts bei über 8.500 Euro liegen müsse. Dem Rechnungshof und den Freien Wähler widerspricht der parteilose Bürgermeister Stefan Pinhard in einem offenen Brief, den wir ungekürzt angehängt haben.
Sehr geehrter Herr Kölle, sehr geehrter Herr Horn,
vielen Dank, dass Sie mich und alle nh24-Leser durch Ihre Pressemitteilung darüber informiert haben, dass im Kommunalmonitor des Landesrechnungshofes die Stadt Schwalmstadt mit einer Gesamtverschuldung von insgesamt 157 Millionen Euro geführt wird. Richtigzustellen ist, dass der Gesamtschuldenstand der Stadt Schwalmstadt zum Stichtag 31.12.2018 nicht 157 Millionen, sondern rd. 64,73 Millionen weniger, nämlich rd. 92,27 Millionen beträgt. Im Haushaltsjahr 2019 hat sich der Schuldenstand noch mal verringert und beträgt zum 31.12.2019 88,624 Millionen.
Wir klären gerade mit dem Landesrechnungshof ab, wie es dazu gekommen ist, dass diese riesige und auch falsche Zahl zur Veröffentlichung kommen konnte. Unseres Erachtens kann diese für den fachkundigen Betrachter auf den ersten Blick falsche Zahl von 157 Millionen Euro nur durch Rechen- und Übertragungsfehler beim Landesrechnungshof oder beim Statistischen Landesamt zustande kommen.
Ungeachtet der Klärung dieser Frage habe ich für Sie noch einmal die tatsächlichen Schuldenstände der Stadt jeweils zum Stichtag 31. Dezember aufgeführt und auch noch einmal zur besseren Übersicht als Diagramm dargestellt:
Bei diesen Zahlen handelt es sich nicht um geheime Zahlen, sondern um öffentliche Zahlen. Sie ergeben sich aus den jährlichen geprüften Jahresabschlüssen sowie den Haushalten bzw. den jeweiligen Nachträgen zum Haushalt und wurden jeweils durch die zuständige Aufsichtsbehörde, nämlich den Landrat des Schwalm-Eder-Kreises, genehmigt.
In Anbetracht der Tatsache, dass diese Haushalte und Jahresabschlüsse allen städtischen Gremien, den Fraktionen sowie jedem einzelnen Stadtverordneten vorliegen und jeweils in öffentlichen Sitzungen eingebracht, beraten und beschlossen wurden, verwundert es mich sehr, dass die vom Landesrechnungshof Hessen zum Stichtag 31.12.2019 veröffentlichte Gesamtschuldenhöhe der Stadt Schwalmstadt von 157 Millionen von Ihnen, die Sie bereits seit 2011 und 2016 der Stadtverordnetenversammlung angehören, ungeprüft so in eine Pressemitteilung aufgenommen und in den Medien kommuniziert werden konnte.
Wie sie den vorstehenden Zahlen entnehmen können, konnte der Gesamtschuldenstand der Stadt in den vergangenen Jahren kontinuierlich verringert werden.
In Ihrer Pressemitteilung weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass jetzt alle Ausgaben der Stadt auf den Prüfstand gestellt werden müssen und fachliche Hilfe vom Land Hessen einzuholen ist. Weiterhin fordern Sie, dass unnötige und unsinnige Ausgaben im Haushalt aufgespürt und eingestellt werden.
Ein Blick auf die Entwicklung des Schuldenstandes in den vergangenen Jahren zeigt meines Erachtens, dass die Stadt Schwalmstadt einen guten Weg eingeschlagen hat, den wirklich enormen Schuldenstand langsam aber stetig zu vermindern.
Die Aussage, dass alle Ausgaben auf den Prüfstand gestellt werden müssen und dass unnötige und unsinnige Ausgaben vermieden werden müssen, kann ich voll unterschreiben und Ihnen versichern, dass wir seit Jahren so handeln bzw. wirtschaften. Gerade unter diesem Aspekt muss aber der Antrag Ihrer Fraktion bezüglich der Durchführung einer Landesgartenschau in Schwalmstadt aufgrund der Tatsache, dass veranstaltende Kommunen in den letzten Jahren hohe Defizite bei dieser Großveranstaltung eingefahren haben, sehr kritisch hinterfragt werden.
Mein heutiges Schreiben habe ich als Kopie auch der Presse zur Verfügung gestellt.
Sobald in der Angelegenheit eine Erklärung des Landesrechnungshofes bezüglich des Zustandekommens des falschen Schuldenbetrages vorliegt, werde ich eine gesonderte Pressemitteilung veröffentlichen.
Pinhard
Bürgermeister (wal)