Bunte Vielfalt beim Fernsehen-Karneval aus Nordhessen
BAUNATAL. Einmal im Jahr wird Nordhessen zur Karnevalshochburg. Noch vor den Prunk- und Galasitzungen der nordhessischen Karnevalsvereine aus Volkmarsen, Elfershausen, Kassel, Borken oder Baunatal – um nur wenige der 25 Mitglieder der Interessensgemeinschaft Karneval Nordhessen zu nennen – zeichnet der hessische Rundfunk jedes Jahr eine Sendung auf.
Schauplatz ist alljährlich die Baunataler Stadthalle und Partner des Hessenfernsehens ist die Großenritter Carnevals Gemeinschaft GCG. Dabei sollen vor allem die nordhessischen Karnevalisten eine Rolle spielen. In den letzten Jahren hat das immer ganz gut funktioniert. Am vergangenen Sonntag hat der hessische Rundfunk erstmals einen richtigen Stargast an die Bauna gelockt.
Ein bisschen Spaß muss sein – ein wenig Ernst aber auch
Sitzungspräsident Dietrich Geißer durfte bis zum Beginn der Aufzeichnung nichts verraten. Aber nach den Einweisungen durch Rundfunk und Präsident über Raketen, Countdown-Zählen und fernsehgerechte Begeisterung, kam mit Roberto Blanco (noch) ein bisschen (mehr) Spaß in die Gala der kurhessischen Narrenschar. Der kam zünftig mit Narrenkappe auf die Bühne und hat charmant mit dem Ersten Stadtrat Daniel Jung kokettiert: „Gibt es noch einen Bauplatz in Baunatal?“ Roberto Blanco tat sonst das, was er am besten kann. Als Stimmungskanone hatte er Publikum und Akteure schnell im Griff und sorgte für den sicher erhofften Motivationsschub bei allen Beteiligten. Danach galt es erst recht, alles zu geben!
Das fällt vor allem den Tanzgarden aus Baunatal und Kassel nicht schwer, die nicht nur nordhessische Titel bei den Meisterschaften im karnevalistischen Tanzsport erringen. Vor allem die GCG zählt bundesweit zu den erfolgreichsten Vereinen in dieser – außerhalb der Session – wenig beachteten Sportart. Dass es sich hierbei um Hochleistungssport handelt, wenn mehrere Dutzend junger Damen – und vereinzelte Herren – synchron und artistisch über die Bühne wirbeln, wird schnell klar und in dieser Disziplin hat Nordhessen ganz einfach die Nase vorn! Im Süden des Landes und auch in weiten Teilen des Rheinlandes gibt es kaum vergleichbares.
Deutsche Meister aus Nordhessen
Die Stadtgarde mit ihrem aktuellen Schautanz zum mittelamerikanischen Día de Muertos, dem Tag der Toten hat einen wunderbaren Weg gefunden ein ernstes und oft tabuisiertes Thema – ohne den Hauch von Unsensibilität – in der gesamten mexikanischen Fröhlichkeit und dem notwendigen Respekt künstlerisch aufzuarbeiten. Eine Glanzleistung in vielerlei Hinsicht. Schade, dass die Truppe nur im Marsch Tanz deutscher Meister ist. Aber mit dieser Art künstlerischen und artistischen Ausdrucks setzt sie neue und führende Akzente im Karneval, der sich wieder stärker gesellschaftlichen Themen annähert.
Der Fullefischer in der Bütt
Dafür steht in Kassel vor allem der Fullefischer, alias Markus Leitschuh. Er zollt auf humorvolle Weise Greta Thunberg Respekt: „Im Kern da hat die Greta recht.“ Immer wieder schön ist der rhetorische Wettstreit zwischen Kassel und Baunatal. „die Stadt ist überflüssig… Das hat sie gemeinsam mit Frankfurt und Offenbach.“ Hocherfreut ist der nordhessische Chronist über das neue Bühnenbild des hessischen Rundfunks: „Der Herkules bringt goldenen Glanz ins triste Baunatal.“
Zu Deutschland und dem vielen Wehklagen fragt er, „Kennt jemand ein besseres Zuhause?“ Karnevalistischen heiter wünscht er sich mehr Anstand und mehr guten Ton. Die SPD braucht jetzt Liebe, weiß er und in Nordhessen führt auch in der närrischen Zeit an Walter Lübcke kein Weg vorbei. „Feige wurde er erschossen, weil er eine Meinung hat! Hier ist kein Platz, weder für Ausländer- noch Judenhass!“, auch solche Bekenntnisse passen in den modernen Karneval.
Karnevalstanz ist keine weibliche Domäne mehr
Mit dem Solistenmedley präsentierte die Karnevalsgesellschaft TSC Herkules Kassel ihre austrainierten Tänzerinnen und Tänzer mit einem Feuerwerk statistischer Highlights und auch Malte Bürgermeister, des Tanzens wegen von Marburg nach Kassel gezogen, bewies, dass Funkenmariechen keine weibliche Domäne mehr ist…
Caro Best aus Korbach ließ bei Che Sera den Saal kochen. „Hyperbel“ Isabel Arnold kommt jedes Jahr aus Dänemark in die alte nordhessische Heimat. Damit hat sie eine ähnlich weite Anreise, wie der Wahl-Schweizer Roberto Blanco und der echt-Schweizer Peter Löhmann. Pizzabäcker Ciro Visione ist unter die Restaurant-Tester gegangen. Tobias Knacke singt von 99 Runkelrüben in der Wetterau, von Nena und Udo Lindenberg. „Die Runkelroiweroppmaschin roppt die Roiwe raus…“
Am 8. Februar auf Sendung
Die Rhöner Sauwänzt sind seit 20 Jahren aus der osthessischen Fastnacht nicht wegzudenken und passen auch in die nordhessische Karnevalslandschaft. Eine ganz andere Präsentation gab es dank „Pfarrer Fulder“ (Steffen Jobst), der liturgisch die Höhen und Tiefen des Karnevals ausglich. „Die AfD hat versprochen, dass die Flüchtlinge uns die Frauen und die Arbeit wegnehmen.“ Keiner hält mehr Wort… Nach dem Schautanz im Stil der 20er Jahre von den „Zackiche Zichiener Giesel“, stellte der Eidgenosse Peter Löhmann die Frage, ob die Handtücher von Malle bald auch dem Friedhof die Plätze reservieren?
Am 8. Februar um 20:15 Uhr geht das Programm im dritten Fernsehkanal auf Sendung! (rs)