MENGSBERG. Das Bioenergiedorf Mengsberg ist Gewinner des 5. Wettbewerbs Bioenergie-Kommunen. Mit der Prämierung würdigt das Bundeslandwirtschaftsministerium das Engagement der Mengsberger Bürger für Energiewende und Klimaschutz.
Bioenergie-Kommunen und -Dörfer sind Pioniere der Energiewende – das beweisen die Gewinner des Bundeswettbewerbs Bioenergie-Kommunen 2019 einmal mehr: Mengsberg in Hessen (840 Einwohner), Asche in Niedersachsen (gut 300 Einwohner)und Fuchstal in Bayern (1.700 Einwohner) erproben die fortgeschrittene Energiewende im Alltag.
Unter anderem erzeugen sie Strom und Wärme bedarfsgerecht mit flexibilisierten Biogasanlagen und kombinieren diese mit Holz-, Solar- und Windenergie und Elektromobilität. In Zukunft sollen Strom- und Wärmeüberschüsse auch gespeichert und zum Heizen genutzt werden. All dies initiieren die Bürger und Gemeinden vor Ort und setzen es gemeinsam mit regionalen Unternehmen um.
„Mit dem Wettbewerb Bioenergie-Kommunen zeichnet unser Bundesministerium bereits zum fünften Mal Pioniere der Energiewende aus, engagierte Kommunen, die sich für den Klimaschutz und erneuerbare Energien einsetzen“, sagte Uwe Feiler, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundeslandwirtschaftsministerin, diese Woche auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin während der öffentlichen Prämierung der Preisträger (je 10.000 Euro Preisgeld).
Rein rechnerisch erzeugen viele der rund 200 Bioenergiedörfer in Deutschland schon heute mehr als 100 Prozent ihres Strom- und Wärmebedarfs aus regionaler Bioenergie und weiteren erneuerbaren Quellen. In der Praxis gibt es aufgrund des unregelmäßigen Aufkommens jedoch Phasen der Unter- und Überversorgung. Ansätze, die Energie bedarfsgerechter und effizienter zu erzeugen und zu nutzen, sind Sektorenkopplung, Flexibilisierung und Speicherung. Alle diese Ansätze erproben die Gewinner-Kommunen schon heute oder in naher Zukunft. Andere Bioenergiedörfer dürften deshalb mit Interesse nach Fuchstal, Asche und Mengsberg blicken. „Klimaschutz und Energiewende sind ohne Bioenergie und ohne das Engagement der Bürger vor Ort nicht denkbar. Bioenergie leistet nach wie vor den größten Beitrag zur Bereitstellung von erneuerbaren Energien in Deutschland“, erklärte Feiler.
Größte Solarthermieanlage in Genossenschaftshand in Mengsberg
Das hessische Mengsberg hat die deutschlandweit größte Solarthermieanlage in Genossenschaftshand realisiert, die im Sommer und anteilig auch im Winter Wärme bereitstellt. Unterstützt wird sie durch Speicher und einen Hackschnitzelkessel, der auch das sogenannte Käferholz verwertet. Dieses Holz fällt derzeit bedingt durch die trockenen Sommer, Stürme und Schädlingsbefall in großen Mengen an. Bioenergiedörfer können diesen Rohstoff für die Erzeugung erneuerbarer Wärme sinnvoll verwerten.
Mengsberg hat 840 Einwohner und ist ein Stadtteil von Neustadt im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf. Bürgerinnen und Bürger haben sich in der Bioenergiegenossenschaft Mengsberg eG organisiert, um die Wärmeversorgung auf nachhaltig verfügbare erneuerbare Energiequellen umzustellen. Ein großes FreiflächenSolarthermiefeld (2.000 kW) mit 300 m³ Pufferspeicher übernimmt die Wärmeversorgung im Sommer und einen Teil der Grundlast in Übergangszeiten Ein Holzhackschnitzel-Heizwerk (1.100 kW) deckt die Grund- und Hauptlast in den übrigen Zeiten. Für die Spitzenlast im Winter steht ein Bio-Flüssiggaskessel (1.600 kW) bereit.
Neben 4 Bürgerwindkraftanlagen (12.000 kW) werden zahlreiche Photovoltaik-Dachanlagen mit gesamt 1.250 kW elektrischer Leistung zur Bereitstellung von erneuerbarem Strom betrieben. Mengsberg deckt seinen Jahreswärmeenergiebedarf zu 80 % aus Erneuerbaren Energien.
Holzenergie liefert dabei rd. 81 % der erneuerbaren Wärme. Die Wärmeversorgung im Sommer sowie ein Teil der Grundlast in der Übergangszeit und im Winter wird durch das große Solarthermiefeld mit Solarspeicher abgedeckt. Solarthermie trägt insgesamt ca. 17 % bei (99 % im Sommer). Der Anteil Bio-Flüssiggas beträgt ca. 2 %. Die genutzten Holzhackschnitzel kommen als Durchforstungsholz und Kronenholz direkt aus den regionalen Wäldern (Interessentenwald Mengsberg, Stadtwald Neustadt) sowie aus dem nahegelegenen Sägewerk. Die erneuerbare Stromerzeugung aus Windkraft und PV liegt beim 22-fachen des Strombedarfs in Mengsberg. Windkraft und PV-Strom soll künftig – im Sinne von Systemintegration und Sektorenkopplung – über Batteriespeicher, Wärmeerzeugung und E-Tankstellen genutzt werden.
Mit der Bioenergiegenossenschaft Mengsberg eG und der Bürgerwindenergieanlage Mengsberg eG engagieren sich die Bürgerinnen und Bürger finanziell und tatkräftig für Energiewende und Klimaschutz. Ihre Pläne für die Nutzung erneuerbarer Energien haben die Bürgerenergiegenossenschaften mit der Viessmann Deutschland GmbH als Generalunternehmer für Heizwerk und Nahwärmenetz sowie mit ENERCON für den Windpark umgesetzt. Ermöglicht wurden die Vorhaben mit Projektfinanzierungen regionaler Volksbanken und Sparkassen sowie einer Bürgschaft der Stadt Neustadt (Hessen). (pm|beg)