Marktgebiet ab Freitag 18:00 Uhr für den Verkehr gesperrt
TREYSA. Nach dem Weihnachtsfest findet am Samstag, dem 28. Dezember 2019 der traditionelle Scherzmarkt in Schwalmstadt-Treysa statt. Rund 200 Händler haben sich bereits für den diesjährigen Scherzmarkt angemeldet und eine Zusage erhalten. Weitere Händler werden am Morgen des Markttages erwartet.
Der Krammarkt gehört zu den schon im 16. Jahrhundert urkundlich belegten Märkten in Treysa. Ihm wird von alters her in der Schwalm ein besonderer Stellenwert eingeräumt. Er findet in der Zeit „zwischen den Jahren“ statt. Nach altem Brauch war dies der Zeitraum, in dem das Dienstpersonal die Arbeitsstätte wechseln konnte (= scherzen). Bis in die heutige Zeit übt der Scherzmarkt auf die Bevölkerung stets eine besondere Anziehungskraft aus.
Auf dem Krammarkt bieten die zahlreichen Marktbeschicker Waren des täglichen Bedarfs an. Dazu gehören neben Gardinen und Reinigungsmitteln viele große und kleine Dinge wie Gewürze, Uhren, Wachstücher, Lederwaren, Textilien, Strumpfwaren, Modeschmuck oder auch Messer, Pfannen und Holzmalerei.
Bei hoffentlich gutem Krammarkt-Wetter sind alle Besucherinnen und Besucher zum Bummel durch die Treysaer Altstadt herzlich eingeladen. Hier bietet sich die Gelegenheit Freunde und Bekannte zu treffen und ein paar ganz besondere Schnäppchen zu machen. Natürlich kommt die Versorgung mit Essen und Trinken nicht zu kurz.
Das Marktgebiet umfasst: Marktplatz, Burggasse, Mainzer Gasse, Zwalmstraße, Am Angel, Herbstgasse, Wagnergasse und Steingasse. In diesem Jahr wird auch wieder die Zwalmstraße unterhalb des Kreisels Burggasse in Richtung Schwalm-Stadion in den Marktbereich mit einbezogen.
Anlässlich des Scherzmarktes gibt es im Innenstadtbereich Verkehrsbeschränkungen. Damit der Aufbau der Marktstände erfolgen kann, ist das Marktgebiet ab Freitag 18:00 Uhr für den Verkehr gesperrt. Die Zufahrt zum Marktgebiet ist grundsätzlich nicht gestattet.
Wir bitten alle Verkehrsteilnehmer um Beachtung der angeordneten Verkehrsbeschränkungen und weisen ausdrücklich darauf hin, dass ansonsten neben gebührenpflichtigen Verwarnungen Fahrzeuge, die sich widerrechtlich im abgesperrten Bereich aufhalten, abgeschleppt werden müssen.
Ebenso werden für den Marktbereich weitere Verkehrssperren aufgestellt.
Parkplätze stehen auf dem Parkplatz Haaße-Hügel zur Verfügung.
Im Interesse aller Besucherinnen und Besucher bittet die Stadt Schwalmstadt um Verständnis für die angeordneten Verkehrsbeschränkungen. (pm)
Hintergrundgeschichte des Scherzmarktes:
‘‘S C H E R Z M A R K T‘‘ In Treysa – Von O.I. Hans Schade
In einem alten Güterverzeichnis der Lullus-Abtei Hersfeld aus dem Jahre 786 wird Treysa als Marktflecken unter dem Wortstamm ‘‘Treise – Trees‘‘ erstmals erwähnt. Das Gebiet dieses kirchlichen Klostergutes umfasst das Gelände zwischen Marktplatz, Burggasse, Heidengasse und Mainzergasse. Das der Abtei gehörende Gut wurde im Jahre 1062 an den Grafen Gosmar von Ziegenhain abgetreten.
Bei der geringen Absatzmöglichkeit in den damals verkehrsarmen Zeiten spielten die Märkte früher eine größere Rolle als heute. Ursprünglich stellte jeder nur für seinen Bedarf das her (Felle, Bogen, Pfeile usw.) was er für seinen täglichen Gebrauch benötigte. Die Perfektion machte ihn zu einem Partner mit der Auswirkung, seine gefertigten Erzeugnisse auf dem Marktflecken zu Tausch anzubieten. Diese ‘‘Markttage‘‘ waren Höhepunkte in den dem damals durch Jagd und Landwirtschaft geprägten Leben. Sie bedurften der Genehmigung des jeweiligen Landesherrn und waren allseits eine begehrte Auszeichnung. Damit wurde sie eine ‘‘Stätte der Begegnung‘‘, woraus sich der Begriff ‘‘Stadt‘‘ mit seinen Rechten sicher herleiten dürfte. Für Treysa war das Jahr 1249 mit diesen Stadtrechten verbunden, wobei nachweisbar das erste Siegel aus dem Jahre 1270 stammt. Der Graf von Ziegenhain war nicht nur Marktherr sondern auch Münzherr (1253).
Bei dem Feilschen und Handeln kam es leicht zu Betrügerei und Gewalttätigkeiten. Wer den Marktfrieden störte, hatte vom Marktgericht eine empfindliche Strafe zu gewärtigen. Das Sinnbild dieser Marktgerichtsbarkeit und der städtischen Rechte überhaupt war in der Regel der ‘‘Roland‘‘. In unserer Stadt war später der ‘‘Johannes-Mann‘‘ auf dem Brunnen am ‘‘Marktplatz‘‘ dieses Symbol. Nach der Überlieferung sollen in diesen Zeiten regelmäßig etwa vier Märkte stattgefunden haben und nach Produkten (Lebensmittel, handwerkliche Gebrauchsgegenstände und Bekleidung) geordnet gewesen sein. Die Schuhmacher hatten um 1530 schon das Recht, allein und ohne auswärtige Konkurrenz, ihre Waren auf dem Markt feilzubieten. Bedingt durch Unzuträglichkeiten sah sich die Stadt gezwungen, im Jahre 1544 eine Platzordnung für einen Wochenmarkt abzuhalten, wurde abgelehnt. Das Ergebnis war eine Erhöhung der Zahl der Jahrmärkte bis zu acht um 16. und 17. Jahrhundert. Anlass war sicher auch der gestiegene Bedarf an Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Wir wissen auch, dass ich zu dieser Zeit vor dem Rathaus mehrere feste Stände als ständige öffentliche Verkaufsstellen für Bäcker und Fleischer (Brot- und Fleischhütten) befanden, die im 30-jährigen Krieg ein Raub der Flammen wurde. Für die weitere Entwicklung der Stadt waren die sesshaften Betriebe (Zünfte) in den Jahren um 1560 von entscheidender Bedeutung. Es waren dies, die Hansegreben (Gilde der Großkaufleute), Bäcker, Lohgerber, Schuhmacher, Schneider, Schmiede und Metzger. Die Rechte der Zünfte, ihre speziellen Markttage zu Besuchern, blieben bis Anfang des 18. Jahrhunderts unangetastet.
Das Marktgeld (Standgeld) floss in die Stadtkasse. Ein Teil davon erhielt der Bürgermeister, Stadtschreiber und andere ‘‘Bediente‘‘ als Gelegenheitseinkünfte, Akzidenzien genannt.
Angebot und Nachfrage bestimmten die Anzahl der Markttage. Ausgenommen hiervon blieb jedoch der seit dem 16. Jahrhundert bestehende Scherzmarkt. Er wurde jeweils am 28. Dezember zwischen Weihnachten und Neujahr abgehalten. Es durften hier alle Gegenstände des täglichen Gebrauchs angeboten werden. Der Hintergrund dafür war die ‘‘Verdingung‘‘ von Mägden und Knechten. Der Markt, an dem Neuverpflichtung des Dienstpersonals mit einem ‘‘Handgeld‘‘ vor sich ging, enthielt auch eine Menge von Zugaben an den vorhandenen Verkaufsständen, wie z.B. Schuhe und Textilien. Ein höherer Anreiz zum Abschluss der Arbeitsverträge bestand auch drin, die Unterkunft des Personals mit den notwendigen Gegenständen auszustatten. Hof- und Gutsherren wurden auch dann schnell mit dem ‘‘Gesinde‘‘ einig, wenn zusätzlich Beträge für einen Manchesteranzug oder Stiefel gezahlt wurden. Der Handel fand abends in den umliegenden Gaststätten in ausgelassener Stimmung und bei Tanz seinen Abschluss. Bänkelsänger und Komiker rundeten das Bild dieser allgemeinen Volksbelustigung ab. Viel Volk strömte auf dem Scherzmarkt zusammen und es kam zu Betrügerei und abends unter Alkoholeinfluss zu Schlägereien.
Mitte des 19. Jahrhunderts begann die Industrialisierung und es trat auch in unserem Raum eine Änderung des Arbeitslebens ein. Viele Beschäftigte in der Landwirtschaft zogen in das Industrierevier an Rhein und Ruhr. Das im Schwälmer Land verbliebende Gesinde nahm den Stellenwechsel am Scherzmarkt immer weniger vor. In dieser Zeit sank auch die Einwohnerzahl von Treysa durch Abwanderung auf 2.300 Personen und die Jahrmärkte selbst verloren immer mehr an Bedeutung, lediglich der Scherzmarkt konnte sich halten, wenn auch in gewandelter Form. Guts- und Hofherren schlossen seinerzeit die Arbeitsverträge schon auf mehrere Jahre ab. Die Entlohnung wurde ein nicht jährlicher sondern monatlich gesicherter Bestandteil. Darüber hinaus gab es für die in der Landwirtschaft Beschäftigten ‘‘Depotate‘‘ (1 Schwein, Milch, Eier, Getreide usw.).
Die Kriegs- und Nachkriegszeiten nahmen auswärts wohnende Kinder und Enkelkinder von Bauern und Landwirtschaften zu Anlass, ihre angestammte Heimat aus Gründen der Ernährung aufzusuchen, besonders um die Jahreswende mit dem Besuch des Schermarktes. Der Scherzmarkt wurde somit mehr und mehr ein Fest des Wiedersehens, Gedankenaustausches und Feierns. Im Wandel der Zeit war auch Ende 1920 die gesetzliche Arbeitsvermittlung (Arbeitsamt) für landwirtschaftliche Arbeit eingetreten. Jeder Arbeitnehmer hatte wohl oder übel seine feste Anstellung und einen längeren Arbeitsvertrag. Trotzdem blieb der Scherzmarkt ein Mittelpunkt der Begegnung, insbesondere für die ‘‘Treeser‘‘. Auch die Bevölkerung der Umgebung, die Zeit, Muse und Geld hatte, suchte den Markt ebenso gerne auf, um sich mit den günstigen Artikeln des täglichen Lebens einzudecken und an dem Frohsinn aller Besucher teilzuhaben. Für Erwachsene und Kinder war dieser Markt ein Tag des Wiedersehens mit Freunden und Bekannten. Angehörige aller sozialen Schichten trafen sich an diesem Tag und es wurden Freundschaften geschlossen. Das Vergnügen für die Jugend endete oft in einer Eheschließung.
Trotz Ankündigung fand 1944 kein Scherzmarkt mehr statt. Das Nachkriegsjahr 1945 stand ebenfalls unter dem Zeichen des Elends und der Not. Der Magistrat Treysa beschloss in 1946 wieder den traditionellen Scherzmarkt einzuführen und auch abzuhalten. Nur 11 Verkaufstische aus dem einheimischen Gewerbe mit Eigenerzeugnissen machten den Anfang. Töpferei,- Strick,- Kurzwaren und Weidenkörbe bildeten das Angebot. Die Standplätze auf dem Marktplatz erhöhten sich in 1947 mit den gleichen Angeboten auf fünfzehn. Im Jahre 1948 musste der Scherzmarkt wegen der Maul- und Klauenseuche abgesagt werden.
Nach der neuen Währung (DM) bestand in den Kreisen der Bevölkerung jedoch ein erheblicher Bedarf an Lebensmitteln und daher beschloss der Magistrat am 09.08.1948 auf Grund der Gewerbeordnung eine Marktordnung für einen Wochenmarkt in Treysa zu erlassen. Der Markt für Produkte der Naturerzeugung (Kartoffeln, Salat, Gemüse, Obst und Blumen) fand wöchentlich freitags statt und konnte von Jedermann beschickt werden. Er fand zeitweilig auf dem Marktplatz und dem Kirchenplatz statt. Bis zu 35 Verkäufer boten ihre Waren an. Die Nachfrage wurde geringer und der Markt Ende 1954 eingestellt.
1949 wurde der Scherzmarkt mit 32 Ständen des ambulanten Gewerbes erstmals zu einem Höhepunkt. Es beteiligten sich nicht nur Gewerbetreibende aus Treysa sondern auch ‘‘fliegende Händler‘‘ aus Hamburg, Gießen, Solingen usw.
In 1961 erhöhte sich die Anzahl der Verkaufsstände auf 56. Der angebotene Warenkreis nahm von Jahr zu Jahr immer mehr zu und im Jahre 1957 war ein Rekord an 103 Ständen aufzuweisen. Angefangen bei Süß- und Backwaren, Gewürzen, Gardinenstoffen, Bekleidung aller Art und Haushaltsgegenstände bis zu besonderen Neuheit war alles zu erhalten.
Frohsinn und Tanz in den Abendstunden rundeten das Tagesgeschehen ab. Der Scherzmarkt wurde immer mehr zu einem freudigen Ereignis für die Bevölkerung aus dem gesamten Kreisgebiet. Die Anzahl der Standplätze erhöhte sich in 1975 auf 151 und waren oft bis zu 15 Meter breit. Das Warensortiment war noch reichhaltiger geworden. Trinkhallen und Würstchenbuden sorgten für das leibliche Wohl. Die Kinder hatten ihren Spaß am Ponyreiten. Die Marktfläche musste in die Hundsgasse, Heidengasse mit Burggasse bis in den Schwarzen Weg erweitert werden. Der Besucherstrom war so stark, dass er sich nur in einem langsamen Schritttempo fortbewegen konnte.
Der Kampf der Händler um die besten Standplätze ist alljährlich ein Bestandteil des Scherzmarktes. Auch vor Zahlung des Standgeldes kommt es häufig zu Streitigkeiten zwischen Marktmeister und Händler.
Der traditionelle Scherzmarkt prägt nun einmal das Leben der Stadt zwischen den Jahren und wird auch in Zukunft erhalten bleiben.