ALSFELD. Im Rahmen eines Besuchs an der Alsfelder Max-Eyth-Schule (MES) konnten sich die Vertreter der Vogelsberger SPD über die gute Arbeit der Vogelsberger Berufsschulen informieren. Schulleiter Friedhelm Walther machte dabei auf die Besonderheiten und Herausforderungen MES aufmerksam.
Unter deren Dach aktuell rund 1.550 Schülerinnen und Schüler von mehr als 130 Lehrerinnen und Lehrern in 11 verschiedenen Schulformen und 11 Berufsfeldern unterrichtet werden. Seit einigen Jahren ist die MES selbstständige berufliche Schule und verfügt damit über erweiterte Handlungs- und Gestaltungsspielräume, die sie bisher für die Unterrichts- und Schulentwicklung nutzen konnte.
Die einzige Europaschule im Vogelsbergkreis hat sich dabei in vielen Fällen weit über das normale Maß hinaus engagiert. Von Kooperationen mit den verschiedensten Firmen und Institutionen der Region bis hin zu Projekten „Gesundheitsfördernde Schule“, vieles geht weit über den reinen Unterricht hinaus.
„Während der Vogelsbergkreis als Schulträger dafür sorgt, dass auch die Berufsschulen bestmöglich ausgestattet werden, kollidieren Entscheidungen der Landesregierung mit den Interessen der Beruflichen Schulen im ländlichen Raum. Es klappt nicht, wenn Regelungen, in die im Ballungsraum funktionieren mögen, einfach 1:1 auf den ländlichen Raum übertragen werden, ohne dessen Besonderheiten Rechnung zu tragen“, erklärte der Vorsitzende der Vogelsberger SPD, Patrick Krug, anlässlich des Besuchs. So stellten die vom Land Hessen gesetzten Rahmenbedingungen die Berufsschulen auf dem Land vor besondere Herausforderungen, wie Schulleiter Walther an einigen Beispielen deutlich machte.
Eines der Probleme sei die Mindestgröße von 15 Schülerinnen und Schülern für eine Berufsschulklasse. Sei diese Zahl nicht erreicht, könne das entsprechende Berufsfeld oft nicht mehr angeboten werden und die Auszubildenden müssten außerhalb des Vogelsbergkreis gelegene Berufsschulen besuchen. Beispielhaft nannte Walther hier den Bereich des Bäckerhandwerks. „Um sowohl Bäcker als auch Bäckereifachverkäufer weiterhin in Alsfeld unterrichten zu können, hat unsere Schule ein erfolgreiches Curriculum für eine gemeinsame Beschulung erarbeitet, was gut funktioniert hat“, erläuterte der Schulleiter. Leider habe die Auszubildendenzahlen nicht stabilisiert werden können und das Konzept der gemeinsamen Beschulung sei von der Kultusverwaltung nicht unterstützt worden. Die Fachklasse sei an die Berufsschule in Fulda verlagert worden. Aufgrund der starren Mindestklassengröße könnten bereits 7 Ausbildungsberufe nicht mehr im Vogelsbergkreis unterrichtet werden. Zudem bestehe die Gefahr, dass weitere Ausbildungsberufe hinzukommen könnten und dadurch die Schülerzahl kreisweit um rund 350 sinken könne. Hier arbeite man in regionalen Gruppen an Lösungen, um die vorhandenen stabilen Bereiche zu sichern. Klar sei, dass definitiv nicht alle Angebote weiterhin vorgehalten werden können, so Walther.
„Viele Auszubildende haben aufgrund ihres Alters zu Beginn der Ausbildung oftmals noch keinen Führerschein und können damit nicht einfach eine weiter entfernte Berufsschule besuchen. Berufe, die nicht mehr im Vogelsberg unterrichtet werden, können dann nicht erlernt werden, obwohl Interesse vorhanden ist. Das führt dazu, dass Ausbildungsplätze bei uns nicht mehr besetzt werden können, wie wir beispielsweise im Bäckerhandwerk sehen. Es braucht dringend ein Umdenken in der Hessischen Kulturbürokratie, damit der Fachkräftemangel nicht noch weiter verstärkt und Handwerk und Industrie im Vogelsberg und damit der Wirtschaftsstandort nachhaltig geschwächt werden“, machte der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Matthias Weitzel, deutlich.
Auch der aktuelle Funktionsstellenerlass stellt die MES vor neue Schwierigkeiten. Nach diesem werden die Stellen berechnet, die einer Schule für die Wahrnehmung von Leitungsaufgaben vom Land zugewiesen würden. „Als berufliche Schule mit einem hohen Anteil von Berufsschülern an der Gesamtschülerzahl sind wir hiervon besonders gravierend betroffen“, erläutert Friedhelm Walther. So werde ein Auszubildender, der die Berufsfachschule besuche, bei der Berechnung der Funktionsstellen lediglich mit einem Faktor 0,4 berechnet. Dies habe rechnerisch eine um 420 Schüler „niedrigere“ Schülerzahl zur Folge, so dass von den bisher 7 Funktionsstellen 3 wegfallen würden und schlimmstenfalls nicht mehr alle bisher angebotenen Schulformen fortbestehen könnten. „Welche Auswirkungen das auf die Arbeit an der Schule hat und wie dies organisiert werden soll, ist nicht abzusehen“, so Walther, stellvertretend für das gesamte Schulleitungsteam.
„Am Beispiel der Max-Eyth-Schule wird deutlich, dass die schwarz-grüne Landesregierung mit ihrem sturen Festhalten an Mindestgrößen und der Ignoranz gegenüber den Besonderheiten und Herausforderungen von Berufsschulen, gerade auch im ländlichen Raum, die tolle und engagierte Arbeit einer ganzen Schulgemeinde gefährdet. Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, warum ein Berufsschüler für eine Schule in den Berechnungen des Ministeriums nicht einmal halb so viel Arbeit machen soll wie ein Schüler, der ein Gymnasium besucht“, drückte Krug sein Unverständnis aus.
Abschließend bedankten sich Krug und Weitzel bei dem engagierten Team der Max-Eyth-Schule für dessen Arbeit, die die Schule in den letzten Jahren immer weiter vorangebracht habe. „Wir hoffen, dass sich in Wiesbaden die Einsicht durchsetzt, dass hier qualitativ hochwertige und wohnortnahe Bildungsangebote gemacht werden, die nicht durch unüberlegte Regelungen gefährdet werden dürfen. Unsere Unterstützung haben Sie.“ (pm)