Wirtschaftstag 2019 – VR Bank HessenLand
ALSFELD/FRANKFURT. Angesichts sehr niedriger Inflationsraten sind Zinserhöhungen in der Eurozone zunächst nicht zu erwarten. Das prognostizierte François Villeroy de Galhau, Gouverneur der französischen Notenbank, beim Wirtschaftstag 2019 der Volksbanken Raiffeisenbanken in Frankfurt.
Auch die VR Bank HessenLand war mit rund 40 Vertretern aus Wirtschaft und Politik in der vollbesetzten Jahrhunderthalle vertreten.
Strukturelle Wirtschaftsfaktoren ursächlich für Zinsflaute
„Im Hinblick auf die Konjunkturabkühlung – die allen voran auch Deutschland betrifft – werden und müssen diese kurzfristigen niedrigen Zinsen anhalten“, bekräftige François Villeroy de Galhau. Mit Blick auf Kritik von Sparerinnen und Sparern sowie Bankenvertretern urteilte er, man müsse Niedrigzinsen „nicht mögen“. Das niedrige Zinsniveau sei jedoch primär auf „strukturelle Wirtschaftsfaktoren“ zurückzuführen und nicht auf die Geldpolitik. Abhilfe schaffen könnten „Investitionen und Zukunftsausgaben, einschließlich für Bildung und Ausbildung, die Energiewende und selbstverständlich die neuen Technologien, um das langfristige Wirtschaftswachstum zu fördern“, erklärte Villeroy de Galhau. Hinsichtlich staatlicher Ausgabenpolitik betonte er gleichzeitig: „Meines Erachtens dürfen wir weder eine ‚Transferunion‘ einführen, die nur einigen Ländern zugutekommt, noch Eurobonds, die eine Vergmeischaftung der Schulden zur Folge haben.“
Pragmatische Lösungen zur EU-Einlagensicherung
Was die aktuelle Diskussion um eine mögliche Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in der EU betrifft, sprach sich Villeroy de Galhau für eine „pragmatische Lösung“ aus. Allgemein sei die Debatte über die europäische Bankenunion „zu sehr auf dieses eine Element“, die EU-Einlagensicherung, fokussiert. Wichtiger seien aus seiner Sicht vereinheitlichte Insolvenzverfahren für europäische Banken. Ferner sollten Hürden für die Entstehung von grenzüberschreitenden europäischen Bankengruppen ausgeräumt werden.
Hoher Grad der Automatisierung in der Automobilindustrie
2035 werden rund 10 Prozent aller Autos vollständig autonom fahren. Das prognostizierte Klaus Rosenfeld, Vorstandsvorsitzender des Automobil- und Industriezulieferers Schaeffler, beim Wirtschaftstag 2019 der Volksbanken Raiffeisenbanken am Donnerstag in Frankfurt. Weitere 30 Prozent der Autos würden in 16 Jahren voraussichtlich einen hohen Grad der Automatisierung – aber keine komplette Autonomität – aufweisen. Was die Antriebstechnologien betrifft, erwartet Rosenfeld nicht, dass Elektroantriebe in näherer Zukunft den Verbrennungsmotor komplett ersetzen werden. Laut Prognosen von Schaeffler werden reine E-Autos 2030 rund 30 Prozent aller Fahrzeuge ausmachen. Weitere 30 Prozent der Autos würden ausschließlich mit Verbrennungsmotoren fahren. Bei den übrigen 40 Prozent werde es sich voraussichtlich um Hybridfahrzeuge handeln, so Rosenfeld. Schaeffler beliefere Hersteller aller Antriebstechnologien, unterstrich der Vorstandsvorsitzende. Auch für den US-amerikanischen Elektroauto-Pionier Tesla sei Schaeffler ein „kleiner“, aber wichtiger Komponentenlieferant, berichtete Rosenfeld, ohne weitere Details zu nennen. Vor wenigen Tagen hatte Tesla bekannt gegeben, dass das Unternehmen – als seinen ersten Produktionsstandort in Europa – eine Fabrik in Brandenburg bauen will. Bei Schaeffler selbst sorgte die US-Investmentfirma BDT Capital Partners zur Wochenmitte für Schlagzeilen, da bekannt wurde, dass sie 6,25 Prozent der Unternehmensaktien erworben hatte. BDT habe jedoch nur Vorzugs- und keine Stimmrechtsaktien erworben, da letztere weiterhin komplett in den Händen der Familie Schaeffler lägen, so Rosenfeld. Der Investor beurteile das Unternehmen also offenbar sehr positiv. Rosenfeld wertete dies als „Beleg dafür, dass die Gruppe auf dem richtigen Weg ist.“
Die Unternehmer beurteilten den diesjährigen Wirtschaftstag als ausgesprochen interessante Veranstaltung mit herausragenden Referenten, eindrucksvollen Redebeiträgen und konstruktiven Diskussionen. (pm)