Fachtag Fachkräfte in Felsberg
FELSBERG. Zu einem Fachtag zum Thema Fachkräftemangel hatten die Jugendwerkstatt Felsberg mit ihrem Projekt „ALF (Ausbildung im ländlichen Raum fördern)“ und die Wirtschaftsförderung des Schwalm-Eder-Kreises mit Unterstützung von OloV Schwalm-Eder nach Felsberg eingeladen.
Unter dem Titel „Auftragsbücher voll – Arbeitsplätze leer?“ kamen am Freitag vergangener Woche etwa 50 Teilnehmende aus Verwaltung, Kammern, Unternehmen und Bildungseinrichtungen in der Jugendwerkstatt zusammen und diskutierten Erfolg versprechende Strategien zur Sicherung des zukünftigen Fachkräftebedarfs in der Region. In einer Gesprächsrunde stellten Vertreterinnen und Vertreter aus fünf Unternehmen oder Branchen ihre individuellen Lösungsansätze vor.
Ein möglicher Fachkräftemangel wird von vielen Unternehmen inzwischen als eines der größten Risiken für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung eingestuft. Dr. Christa Larsen stellte in ihrem Impulsvortrag aktuelle Prognosen des IWAK (Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur, Zentrum der Goethe-Universität Frankfurt am Main) vor, denen zufolge auch im Schwalm-Eder-Kreis bis 2024 eine Arbeitskräftelücke von etwa 7.500 Beschäftigten, überwiegend Fachkräften, entstehen könnte. Neben konkreten Beispielen für unterschiedliche Branchen zeigte die Referentin auch auf, wie die Prognosen sich in Abhängigkeit von aktuellen Entwicklungen z. B. in der Automobilindustrie oder durch die Digitalisierung noch verändern können.
Die Geschäftsführerin des IWAK betonte jedoch vor allem, dass die prognostizierte Entwicklung nicht unabwendbar sei: Durch gezielte Maßnahmen aller Akteure in der Region könne der Fachkräftebedarf hoffentlich auch in Zukunft gedeckt werden. Die klassische Berufsausbildung ist dabei aus Sicht des IWAK nur ein Baustein: Es gelte darüber hinaus, die Abwanderung aus dem Landkreis zu verhindern, für ein Studium oder aus anderen Gründen Abgewanderte, aber auch Pendler zurückzugewinnen oder Ältere und Teilzeitkräfte länger zu beschäftigen. „Die Attraktivität des Standorts und einzelner Arbeitgeber sind nicht voneinander zu trennen“, machte Dr. Larsen zusammenfassend deutlich.
Konkrete Beispiele aus der Region steuerten in der anschließenden Gesprächsrunde Friseurmeisterin Ivette Amato (Friseursalon Ivette Amato), Jan-Henrik Bartmann (Karrierenetzwerk „Network Waldeck-Frankenberg“), Stephan Eichberger (Metallbau Anders), Nina Hoffmann (Wikus) und Dorothea Pampuch (Pflegelehrerin) bei. Alle bemühen sich in besonderer Weise um die Gewinnung von Auszubildenden und Fachkräften. Frau Amato z. B. ermöglicht ihren Auszubildenden den mehrwöchigen Besuch externer Fortbildungen, Wikus kooperiert im Projekt „Plus 5“ mit der Burgsitzschule Spangenberg, um jedes Jahr bis zu fünf Jugendlichen mit schwächeren Schulleistungen die Aufnahme einer Ausbildung im Unternehmen zu ermöglichen, Network Waldeck-Frankenberg bringt junge Talente mit heimischen Unternehmen in Kontakt und fördert den Einsatz innovativer Methoden und Metallbau Anders macht auch mit der Ausbildung von geflüchteten Menschen und Älteren gute Erfahrungen. Die Pflegebranche steht durch die neu geordnete Ausbildung vor tiefgreifenden Veränderungen, über die Frau Pampuch informierte.
Zwischendurch gaben drei Auszubildende bzw. Ausbildungsplatzsuchende sehr persönliche Einblicke in ihre jeweilige Situation und ihren Werdegang.
Das Publikum fragte interessiert nach und diskutierte engagiert mit. So ergaben sich im Plenum, aber auch in kleineren Gesprächsrunden bereits ganz konkrete Ansätze für neue Projekte. Beispielsweise wollen zwei der teilnehmenden Unternehmen und die Veranstalter die in Felsberg formulierte Idee einer digitalen Matching-Plattform zur besseren Koordinierung der Vermittlung und Einstellung von Auszubildenden aktiv und zeitnah weiterverfolgen.
Die Veranstalter zogen eine insgesamt positive Bilanz der ersten gemeinsamen Veranstaltung, der möglichst bald weitere folgen sollen: „Unser Ziel war, Lösungsansätze zu erarbeiten oder Prozesse zu initiieren, die dem Fachkräftemangel entgegenwirken sollen“, erläuterte Michael Wilhelm, Geschäftsführer der Jugendwerkstatt Felsberg. Dafür sei mit dieser Veranstaltung eine Grundlage gelegt, auf der sich gemeinsam weiterarbeiten lasse. „Die zukünftigen Herausforderungen lassen sich nur in Kooperation bewältigen“, ergänzt Gabriele Stützer für die Wirtschaftsförderung und freut sich darüber, wie viele potenzielle Kooperationspartner in Felsberg zusammengekommen sind. Wilhelm und Stützer sind sich einig: „Die Veranstaltung hat einmal mehr gezeigt, dass die gute Netzwerkarbeit ein echter Standortvorteil im Schwalm-Eder-Kreis ist. Auf dieser Basis arbeiten wir nun gezielt weiter. Das Konzept für eine regionale Matching-Plattform ist dabei nur der erste Schritt.“ (pm)