Kurosch Abbasi, Sören Flimm und Dirk Lindemann Big Band live
SCHWALMSTADT-TREYSA. Der Bogen war weitgespannt gestern Abend in der Festhalle in Schwalmstadt-Treysa. Von ABBA bis Queen, von Elisabeths Dialog mit dem Tod bis zu Rebecca, die aus dem Jenseits zu wirken scheint. Eingeladen hatten Kurosch Abbasi und Sören Flimm als Veranstalter und die Dirk Lindemann Big Band als tragende musikalische Säule.
Schwalmstadt ist durchaus musicalverwöhnt. Irgendetwas findet jedes Jahr statt. Neu ist in der Tat das Konzept einer Gala mit live Musik. Und wer könnte das in der Schwalm besser als die Musiker um Dirk Lindemann?
Gemeinsame Freundschaft, gemeinsame Musical-Produktion
Sie haben sich bei den Musicalproduktionen in Marburg kennengelernt, der Gießener Abbasi und der Schwalmstädter Flimm, und daraus ist eine enge Freundschaft und eine gemeinsame Firma entstanden, die Musicalaufführungen organisiert. Wie gestern Abend in der Treysaer Festhalle. Im Sommer hatte die Show schon an der Totenkirche als Alternative für Karin Georges Musicals stattfinden sollen, musste aber wegen Krankheit verschoben und wegen der Jahreszeit in die Halle verlegt werden. Die Festhalle war mit rund 500 Besuchern, die eine eindrucksvolle Show in Erinnerung behalten werden, ausverkauft. Es gab kein großes Ensemble, aber fünf schöne Stimmen und acht Musiker, die auch bei schwierigen Titeln perfekt harmonierten, als würden sie jeden Abend zusammen auf der Bühne stehen.
Kaiserin Sissi und Bischof Bonifatius
Mit einer Kaiserin begann die Show, mit einer Königin ging sie zu Ende. Dazwischen lagen rund drei abwechslungsreiche Stunden. Elisabeth gehörte der Auftakt. Im musikalischen Zwiegespräch von „Sissi“ mit dem Tod („Wenn ich Tanzen will“) zeigten Kurosch Abbasi und Anna Prokop ihr ganzes Können und in der Hymne „Ich gehör nur mir“ glänzte Ina Yasmin Kraus. Mit dabei außerdem Sörens Bruder André Flimm, der mit Titeln aus Bonifatius seine Stimme wirkungsvoll erhob, und natürlich Sören Flimm.
Schwungvoll ging die Reise durch die verschiedensten Musicals weiter. Ein Abba-Medley mit den beiden Sängerinnen, ein Sprung in das ganz junge Musical „Fast Normal“ (Next To Normal) und Rebecca waren die nächsten Stationen.
Die unstillbare Gier…
Totale Finsternis kam nach der Pause. Das Titellied aus Tanz der Vampire war der Auftakt zu einem echten Feuerwerk nach dem Break. Kraftvoll und wuchtig, mit Druck und pointiert kam der Sound, mal sanft und leise, mal satt und laut. In der „Unstillbaren Gier“ durfte Abbasi orakeln, was die Menschheit in diesem Jahrtausend antreiben wird. Wie wahr, wie wahr…
Höhepunkt waren dann die Sequenzen aus dem Udo-Lindenberg-Musical. Dabei hat Abbasi zwei Jahre lang im Theater am Potsdamer Platz in Berlin den Udo gespielt. Mehr Udo geht also nicht. Natürlich durfte die „hoffnungsvolle Beziehungs-Apokalypse“ nicht fehlen. Egal was passiert: „Hinterm Horizont geht’s weiter!“
Von Udo direkt zu Udo und nahtlos zu Queen
Apropos Udo: Wunderbar, dass es inzwischen auch ein Udo Jürgens Musical gibt. Das ist das musikalische Spezialgebiet von Dirk Lindemann. Ein umfangreiches Jürgens Special machte sich folgerichtig im zweiten Abschnitt breit. Lautes Mitsingen und Mitklatschen gehörte dazu: Mit 66 Jahren, … vielen Dank für die Blumen… Das Publikum war aus dem Häuschen. „Schöne Grüße aus der Hölle oder aus New York…“, ganz Udo Jürgens also.
Der Schnitt danach war hart. Rhythmische Trommeln hinter Plexiglas und ein klirrendes Gitarren-Riff: „We will Rock You“. Das Queen-Musical als Höhe- und Schlusspunkt. Mit einer quasi-Rhapsody (Kitsch/Elisabeth) hatte der Abend begonnen, mit der Bohemian Rhapsody ging er zu Ende. Wer sich an dieses vielstimmige Werk traut, live spielt und singt, muss sich auf sein „Können verlassen können“. Der letzte schlüssige Beweis, dass 13 Vollblut Sänger und Musiker auf der Bühne standen. Und für Sören Flimm, der nicht nur sang, sondern als Nils Hofmann als doppelter Udo Lindenberg die Bühne betrat, auch die Gitarre von ihm übernahm und als Dirk Lindemann das Original Udo-Jürgens-Piano spielte, schließlich das Keyboard bediente, war es der schönste Konzertabend ever. Für viele Besucher sicherlich auch… (Rainer Sander)