ALSFELD/LEIPZIG. Der Landesverband Hessen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat nach eigenen Angaben beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Klage gegen den Ausbau der A49 im Teilabschnitt VKE 40 eingereicht.
Der Verband begründet dies mit der Gefährdung bedeutender Trinkwasserschutzgebiete durch den Straßenbau. Zuvor hatte die Naturschutzorganisation beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen beantragt, die Planfeststellung zum Ausbau der A49 aufzuheben. Dieser Antrag wurde Anfang Oktober jedoch abgelehnt.
Gegen diese Entscheidung geht der BUND nun gerichtlich vor. „Der Planfeststellungsbeschluss ist rechtswidrig. Er verstößt gegen die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und gegen die Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Das Bundesverwaltungsgericht hat uns dazu jüngst entsprechende Vorgaben gemacht.1 Bis zur Klärung sollten alle Baumaßnahmen, insbesondere die geplanten Rodungen, gestoppt werden“, fordert Jörg Nitsch, Landesvorsitzender des BUND Hessen.
Der BUND weist mit seiner Klage einerseits auf die Rechtsverstöße des Planfeststellungsbeschlusses hin und andererseits auf die mit dem Autobahnausbau verbundene Rodung eines intakten und über 250 Jahre alten Mischwaldes im Dannenröder Forst. Des Weiteren ist das europäische Naturschutzgebiet „5120-303 Herrenwald östlich Stadtallendorf“ betroffen und wertvolle Acker- und Wiesenflächen sollen zerstört werden. Der BUND kritisiert zudem die zu erwartende Verkehrsbelastung: „Die nötige, grundsätzliche Wende in der Verkehrspolitik ist längst überfällig. Mit dem Weiterbau der A49 von Neuental bis Gemünden wird eine hochbelastete nord-südeuropäische Transitroute entstehen. Betroffen sind neben der Natur insbesondere die Wohn- und Erholungsgebiete der Region – und damit der Mensch. In den letzten Jahren hat uns allen die menschengemachte Klimaveränderung drastisch vor Augen geführt, dass ein Weiter so in der Verkehrspolitik keine Option ist“, so Nitsch. Denn mit dem Straßenbau wird auch der Verkehr zunehmen. Klimarelevante Wald- und Freiflächen werden zubetoniert. Zukunftsfähige Verkehrspolitik heißt deshalb: die A49 nicht weiter zu bauen und stattdessen den Anwohner*innen und der Industrie durch kluge Lenkungsmaßnahmen und Alternativen wie den Schienenverkehr zu helfen.
Hintergrund:
Nach aktuellem Planungsstand können weder das Ministerium noch die für die Bauplanung beauftragte Autobahngesellschaft DEGES den Schutz von Oberflächengewässern und den des Grundwassers gewährleisten. Besonders betroffen ist hierbei das Gleental mit seinem überregional bedeutsamen Trinkwasserschutzgebiet. Darauf hatte erst kürzlich der Zweckverband Mittelhessische Wasserwerke (ZMW) kritisch hingewiesen. Der ZMW betreibt in unmittelbarer Nähe der geplanten Trasse eine Reihe von Brunnen, die rund eine halbe Million Menschen mit Trinkwasser versorgen, und die derzeit erweitert bzw. ausgebaut werden. Vor allem durch die tiefe Gründung von Brückenbauwerken werde es Verunreinigungen des Grundwassers geben, so der ZMW.
Gemeinsam mit anderen Natur- und Umweltschutzorganisationen aus der Region kämpft der BUND seit knapp 40 Jahren gegen dieses Projekt. Trotz Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Projekts, werden mit der derzeitigen Planung ganz erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft in Kauf genommen.
Umso mehr begrüßt der BUND, dass der Widerstand gegen den Weiterbau der A49 zunehmend auch im politischen Raum vernehmbar wird. Zu nennen sind hier erstens eine von den Fraktionen „Die LINKE“ und „Bündnis 90/Die Grünen“ im Kreistag des Vogelsbergkreises eingereichte Resolution gegen den Weiterbau der A49. Zweitens hat der Landesparteitag der LINKEN in Hessen einem Initiativantrag zugestimmt, der den Weiterbau der A49 strikt ablehnt. Drittens läuft seit wenigen Tagen eine parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Martin Häusling (Bündnis 90/Die Grünen) im Europaparlament2. Auch die Entscheidung der DEGES, die für Herbst 2019 angekündigten Rodungen in den schützenswerten Wäldern zunächst um ein Jahr zu verschieben, sieht der BUND als positives Signal, dass die Verantwortlichen in Wiesbaden und in Berlin die Zeit nutzen, um sich von einem veralteten Verkehrskonzept zu verabschieden.
1: BVerwG, Urteil vom 27. November 2018, 9 A 8.17, Rn. 22 a.E., juris; BVerwG, Hinweisbeschluss vom 25. April 2018, 9 A 16.16, Rn. 51, juris
2: http://www.europarl.europa.eu/doceo/document/E-9-2019-003178_EN.html