SCHWALMSTADT. Zum Gedenken an das Novemberpogrom finden in Schwalmstadt auch in diesem Jahr wieder verschiedene Veranstaltungen statt. Das Novemberpogrom 1938 markierte den für alle sichtbaren Übergang von der Diskriminierung und Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung hin zu ihrer systematischen Verfolgung, die mit den Deportationen in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslagern und im millionenfachen Massenmord endete.
In Treysa kam es am 8. November 1938 zu ersten antijüdischen Ausschreitungen, die am Vormittag des 9. November von aufgehetzten Schülern der Stadtschule gewalttätig fortgesetzt wurden. Im Mai 1939 gab der damalige Ziegenhainer Bürgermeister Simon bekannt, dass die Stadt Ziegenhain „judenfrei“ sei. Die letzten in Treysa lebenden Jüdinnen und Juden wurden 1942 in die Lager deportiert.
„Stolpersteinverlegungen“ am 7. und 9. November
In Kooperation der Stadt Schwalmstadt mit Gedenkstätte und Museum Trutzhain und dem Schwalmgymnasium Treysa werden im Rahmen der diesjährigen Pogrom-Gedenkveranstaltungen werden am 7. und 9. November weitere 15 Stolpersteine verlegt, die an das Schicksal jüdischer Mitbewohnerinnen und Mitbewohner aus Treysa und Ziegenhain erinnern. Der Stolpersteinprojekt-Initiator und Künstler Gunter Demnig beziehungsweise seine Frau Katja Demnig sowie einige Angehörige von damaligen Opfern werden an den Stolpersteinverlegungen teilnehmen.
Schülerinnen und Schüler zweier Klassen des Schwalmgymnasiums haben gemeinsam mit ihren Lehrerinnen Astrid Meschede und Alexandra Hellmig die Verlegung der Stolpersteine mit großem Engagement vorbereitet. Sie warben Spenden für die Stolpersteine ein, forschten zu Lebensgeschichten und fanden Angehörige der Familien Weinberg und Kaufmann, die die Verlegung der Stolpersteine in Treysa und Ziegenhain begleiten werden.
Am Donnerstag, 7.11. beginnt die Stolpersteinverlegung zum Gedenken an Familie Stern um 10.30 Uhr in Treysa in der Wagnergasse 5. Anschließend werden in Ziegenhain Stolpersteine zum Gedenken an die Geschwister Rothschild (Wiederholdstraße 11) und die Familie Kaufmann (Kasseler Straße 23) verlegt. Eine Angehörige der Familie Kaufmann wird an der Verlegung teilnehmen.
Für die Fahrt von Treysa nach Ziegenhain und zurück steht ein kostenloser Bus zur Verfügung.
Die Verlegung weiterer Stolpersteine findet am Samstag, 9.11. um 14.00 Uhr in Treysa in der Steingasse vor Haus Nr. 1 statt. Zu der Verlegung von Stolpersteinen zum Gedenken an die Familie Weinberg werden deren Familienangehörige aus den Niederlanden anreisen.
Im Anschluss an die Stolpersteinverlegung am 9.11. besteht die Möglichkeit einer Führung auf dem jüdischen Friedhof Treysa unter Leitung von Bernd Lindenthal.
Ausstellung „Kindertransporte“
Vom 4. bis 14. November 2019 ist die Ausstellung „Kindertransporte zur Rettung jüdischer Kinder“ im Saal des Ziegenhainer Rathauses, Wiederholdstraße 24, zu den allgemeinen Öffnungszeiten (Montag – Freitag 08:00 – 12:00 Uhr / Montag u. Dienstag 14:00 – 15:30 Uhr / Donnerstag 14:00 – 17:30 Uhr) des Rathauses zu sehen.
Das Evangelischen Forum Schwalm-Eder hat in einer Partnerschaft mit der Steinwaldschule Neukirchen, der Melanchthonschule aus Willingshausen-Steinatal und dem Schwalmgymnasium Treysa diese Gedenkausstellung realisiert und initiiert. Sie wurde wissenschaftlich begleitet von dem Pädagogen Jürgen Junker. Auf 12 Ausstellungstafeln wird an das Schicksal der „Kindertransportkinder“ erinnert. Nach den Novemberpogromen 1938 konnten etwa 20.000 jüdische Kinder aus Deutschland, Österreich, Tschechien und Polen gerettet werden, indem sie mit sogenannten Kindertransporten ins Ausland gebracht wurden. Unter ihnen waren auch Kinder aus Treysa und Neukirchen. Für Schulklassen, die an einer Führung mit Erläuterungen interessiert sind, bietet Pfarrer Glitzenhirn vom ev. Forum Schwalm-Eder nach Absprache (0176-10 39 96 76) Termine an. (pm)