LANGGÖNS. Die Logistikbranche boomt, dementsprechend groß ist die Nachfrage nach Fachkräften. Mit welchen Strategien arbeiten die Unternehmen und wie begegnen sie den Anforderungen der zunehmend digitalen Arbeitswelt? Dr. Bettina Wolf, Geschäftsführerin Operativ der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit, besucht das mittelhessische Speditionsunternehmen Bork.
Die Zahl der Lastwagen, die sich auf dem Gelände des Speditions- und Logistikunternehmens Bork aneinanderreiht, ist beeindruckend, auch wenn die meisten Fahrzeuge der Flotte unterwegs sind. Die Farben weiß und rot dominieren. Der Firmensitz im Landkreis Gießen, so ist es auch auf der Homepage des Unternehmens zu lesen, liegt genau im Zentrum Deutschlands und Europas und bietet somit gute Voraussetzungen für den Logistik- und Güterverkehr.
Transport- und Logistikunternehmen sorgen dafür, dass von Wirtschaft, Handel und Konsumenten benötigte Waren flächendeckend verfügbar sind. Die Branche ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Ebenfalls gewachsen sind die Herausforderungen: eine zunehmende Verkehrsdichte, Dauerbaustellen, eine enge Termintaktung, die Reduzierung des CO2 Ausstoßes. Voraussetzung ist, technisch auf dem neuesten Stand zu sein und die benötigten Fachkräfte, vor allem Berufskraftfahrer und -fahrerinnen zu finden.
„Stellenangebote für Berufe in der Lagerwirtschaft sowie für Berufskraftfahrer sind unter den Top-Ten der Arbeitsstellen, die bei den hessischen Arbeitsagenturen gemeldet sind“, bestätigt Dr. Bettina Wolf, Geschäftsführerin Operativ der RD Hessen, bei ihrem Besuch. „Viele Betriebe haben Schwierigkeiten, vakante Stellen zügig mit den entsprechenden Fachkräften zu besetzen. Hier sind innovative Lösungen gefragt. Dazu zählt, Mitarbeiter dauerhaft an das Unternehmen zu binden, Berufseinstiege durch Weiterbildungen und Qualifizierungen zu ermöglichen und vor allem bereit zu sein, junge Fachkräfte selbst auszubilden.“
Auch das Logistikunternehmen Bork hat viele Stellen im Angebot, die es zu besetzen gilt. Gesucht werden besonders Kraftfahrer/innen, außerdem Hochregal-Staplerfahrer/innen und KFZ-Mechatroniker/ Mechaniker/innen. Um für Jobsuchende attraktiv zu sein, lässt sich das Familienunternehmen einiges einfallen: „Wir bieten jungen Menschen unter anderem die Ausbildung als Berufskraftfahrer/in unserem Betrieb an“, erzählt Wolfgang Bork, Geschäftsführer der Spedition Bork GmbH & Co. KG. „Außerdem unterhalten wir voll ausgestattete Werkswohnungen im nahegelegenen Butzbach mit guter Verkehrsanbindung an die nahegelegenen Städte. Auch Kindergarten und Schulen sind schnell zu erreichen. Wir haben hier bewusst viel Geld investiert und sind das Risiko eingegangen. Themen wie Sicherheit und Nachhaltigkeit beschäftigen uns sehr. Damit wir unsere Aufträge präzise und auf hohem Niveau ausführen können, sind wir auf zuverlässige, gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter angewiesen.“
Für die Branche eher ungewöhnlich ist, dass Bork einen unternehmenseigenen Fuhrpark betreibt und nicht mit Subunternehmen arbeitet. Das erhöht zwar das unternehmerische Risiko, schafft aber eine größere Flexibilität. Insgesamt stehen dem mittelhessischen Unternehmen mit Sitz in Langgöns-Niederkleen mehr als 270 moderne Zugmaschinen mit aktueller Euro 6 Abgasnorm und 520 Sattelauflieger zur Verfügung. Kühlauflieger ermöglichen es, auch temperaturempfindliche Güter zu transportieren. Wirtschaftlichkeit und die Reduzierung von Schadstoffen erfordern, dass die Flotte immer auf dem modernsten Stand gehalten wird. Rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mittlerweile bei der im Jahr 1951 gegründeten Spedition beschäftigt.
„Wir haben immer viel Wert auf unsere technische Ausstattung gelegt“, betont Geschäftsleiter Steffen Bork. „Das Berufsbild des Berufskraftfahrers hat sich gewandelt und erfährt oft nicht mehr die Wertschätzung in der Gesellschaft, die es haben sollte. Es ist ein spannender Beruf, der viele Kenntnisse erfordert und in dem man viel leisten muss. Solche Fachkräfte für uns zu gewinnen oder auszubilden ist unser permanentes Thema.“
Fuhrparkleiter Kurt Metz bestätigt: „Berufskraftfahrer müssen wegen der Vielseitigkeit des Berufes gut ausgebildet sein. Dafür führen wir regelmäßig Schulungen und Qualitätskontrollen durch. Neben Sicherheitsunterweisungen und praktischen Trainings bieten wir für anderssprachige Mitarbeiter auch Sprachkurse und Übersetzungshilfen. Ohne Mitarbeiter aus anderen EU-Ländern ist die Versorgungssicherheit in Deutschland nicht mehr zu gewährleisten. Auch interessierte Frauen können verstärkt für den Berufsfahrverkehr eingebunden werden.“
Mit Unterstützung der Agentur für Arbeit Gießen sollen nun etwa 40 vakante Berufskraftfahrer-Stellen besetzt werden. Dafür werden bei der Bewerbersuche nicht nur der Raum Gießen, sondern übergreifend auch Wetzlar, die Wetterau und Marburg berücksichtigt. Damit die Arbeitsvermittler sich ein genaues Bild von den Anforderungen an die neuen Fachkräfte machen können, wurde eine berufskundliche Schulung durch das Logistikunternehmen durchgeführt.
„Wir möchten so gezielt wie möglich bei der Suche nach geeigneten Fachkräften unterstützen“, betont Arbeitsmarktexpertin Bettina Wolf. „Wir müssen den Radius größer ziehen, um die Lücke zu schließen. Dazu gehört auch, dass wir Kräfte und Kompetenzen bündeln und gemeinsam mit den Jobcentern agieren. So erhalten interessierte Menschen, die gerne eine Arbeit aufnehmen möchten, in beiden Rechtskreisen eine Chance und können von der Nachfrage der Unternehmen und einem aufnahmefähigen Arbeitsmarkt profitieren. Fehlen einzelne Kompetenzen, können diese in Form von Qualifizierungen nachgeholt werden, die über die Agentur für Arbeit finanziert werden.“
Hintergrundinformationen
Von rund 2.630.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Hessen waren 188.600 Menschen für den Wirtschaftszweig „Verkehr und Lagerei“ tätig (Juni 2019). Das waren 1.900 Beschäftigte mehr als im Vorjahr und entspricht einem Wachstum um ein Prozent.
Im August 2019 waren für den Berufsbereich Verkehr- und Logistik (außer Fahrzeugführung) insgesamt rund 5.600 Stellen bei den hessischen Agenturen für Arbeit gemeldet. Hinzu kamen 3.250 Stellen für Führer von Fahrzeug- und Transportgeräten.
Von Arbeitslosigkeit waren im Bereich Verkehr und Logistik etwa 15.550 Menschen betroffen, der größte Anteil darunter aus dem Helferbereich (12.685). Bei Führern von Fahrzeug- und Transportgeräten gab es etwa 5.960 arbeitslos gemeldete Personen.
Für den Beruf Berufskraftfahrer/in (Güterverkehr/ Lkw) waren im August 2019 in Hessen 1.173 Arbeitsstellen gemeldet. Gleichzeitig waren 1.000 Menschen arbeitslos. Im Landkreis Gießen waren es 55 Stellenmeldungen und 33 arbeitslose Menschen.
Das Bild von links: Gregor Werum (Kaufmännische Leitung), Rüdiger Konrad (Fahrer), Kurt Metz (Fuhrparkleitung), Steffen Bork (Geschäftsleitung), Dr. Bettina Wolf (Geschäftsführerin Operativ Regionaldirektion Hessen), Wolfgang Bork (Geschäftsführer).
2 Kommentare
Bezahlen sie guten Lohn und sie bekommen gute Arbeiter, alle die Klagen sollten bei sich anfangen es nun mal so das manch Firmen schlech Arbeiter bekommen und das hat seinen Grund..
Wenn man in der Branche so zahlen würde, das man sein Haus finanzieren kann und vernünftig Leben kann, dann bekommt man auch Arbeiter. Ich suche auch in diesem Gewerbe einen neuen Job aber leider ist niemand in der Lage mein derzeitiges Gehalt nur ansatzweise zu bezahlen.
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