STRAßBURG/SCHWALMSTADT. Debatten über das Waldsterben in Europa, über den Brexit, die Wahl der Präsidentin der EZB (Europäischen Zentralbank), Treffen mit der indischen Botschafterin in Deutschland, dazwischen viele kurze und längere Besprechungen mit den Assistenten und anderen Mitgliedern des Europäischen Parlaments. Das sind nur ein kleiner Teil der Aufgaben des nordhessischen MEP (Mitglied des Europäischen Parlaments) Engin Eroglu.
Jeweils für vier Tage ist Straßburg die Zentrale Europas. Insgesamt 10 x im Jahr trifft sich das ganze Parlament in der Europastadt. Und der „Ziegenhainer Junge“ ist mittendrin. Auf Platz Nr. 564 sitzt mit ihm ein echter Schwälmer, dessen Eltern türkische Wurzeln haben. Eroglu ist 1982 in Ziegenhain geboren und seit 22 Jahren politisch ehrenamtlich engagiert. Seit 2017 ist er Landesvorsitzender der Freien Wähler in Hessen und hat bei der Europawahl aus dem Stand heraus über zwei Prozent der Wählerstimmen geholt. „Wir kommen aus der kommunalen Politik und sind einfach näher am Bürger“, erzählte er in einem Gespräch anlässlich unseres Besuchs an seinem Arbeitsplatz. Wir durften ihn für mehrere Tage während der Straßburger Parlamentswoche begleiten und uns einen Eindruck von den umfangreichen Aufgaben eines MEP und des ganzen Europa Apparats machen. Der Anreisetag begann direkt mit einem Zwischenstopp in Frankfurt am Main. Dort traf sich Eroglu mit dem Vorstandsvorsitzenden des Frankfurter Flughafens.
Am Montagabend stand dann eine Debatte im Parlament zum Waldsterben an. Alle Redner hatten maximal zwei Minuten für ihr Statement. Außer den Rednern aus Polen und Finnland bestätigten alle Ländervertreter parteiübergreifend, dass sie die gleichen Probleme mit ihren Wäldern haben. Europa muss handeln! Man war sich einig in diesem Vorsatz. Nur das Wie war leider in der Debatte noch nicht zu erkennen. Interessant war es dann am Dienstagvormittag. Die Wahl der Präsidentin der Europäischen Zentralbank stand an. Hier wurde kontrovers diskutiert. Reibepunkt war, dass sich die einzige Kandidatin für das Amt, Christine Lagarde, nicht nochmal im Parlament vorgestellt hatte und bei der nachfolgenden Wahl auch nicht anwesend war. Auch Eroglu konnte in einem kurzen Statement seinen Beitrag bei der Debatte einbringen. Er hat im Übrigen gegen die Wahl von Lagarde gestimmt.
Videointerview mit Eroglu
Wir hatten am Dienstagmittag die Möglichkeit eines kurzen Interviews mit Engin Eroglu, das an diesem Bericht angehängt ist. Der dritte Tag begann für die Abgeordneten bereits um 7:45 Uhr mit Sitzungen und ab 9 Uhr mit einer erneuten Debatte über den Brexit Großbritanniens. Hier waren auch auf der Zuschauertribüne sehr deutlich die tiefen Differenzen zwischen den Brexit Befürwortern um Nigel Farage und den Brexit Gegnern zu erkennen. Die Stimmung war merklich aufgeheizt. Von Seiten der Brexit Befürworter hatte man das Gefühl, im britischen Unterhaus zu sitzen. Die Sitzungspräsidentin musste mehrmals ermahnend eingreifen und entzog so manchem Parlamentarier das Mikrofon. Große Bedenken zum Brexit, ob Deal oder NoDeal, kamen von Seiten der schottischen, nordirischen und irischen Abgeordneten. Man befürchtet allgemeines Chaos nach einem Brexit.
Assistenten in Brüssel, Straßburg und Schwalmstadt
Für die parlamentarische Arbeit stehen dem MEP zwei wissenschaftliche Mitarbeiter zur Verfügung. Katharina Osthoff und Benjamin Hageloch koordinieren die vielfältigen Aufgaben des Abgeordneten vor Ort in Brüssel und Straßburg. Zukünftig wird ein weiterer Assistent im Wahlkreis des Abgeordneten tätig werden und dort auch für Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern an Eroglu zuständig sein.
Zur Person:
Engin Eroglu (37) ist seit Juli Mitglied des Europäischen Parlaments. Der gebürtige Schwalmstädter ist nach 22 Jahren ehrenamtlicher politischer Tätigkeit erstmals in das höchste europäische Gremium gewählt worden. Eroglu ist Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung, der Delegation im gemischten parlamentarischen Ausschuss EU-Türkei so wie der Delegation in den Ausschüssen für parlamentarische Kooperation EU-Kasachstan, EU-Kirgisistan, EU Usbekistan und EU-Tadschikistan sowie für die Beziehungen zu Turkmenistan und der Mongolei. Er ist Stellvertreter des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Petitionsausschusses. Er gehört im EU Parlament als einer der sieben deutschen Abgeordneten der Fraktion der Renew Europe Group an. Insgesamt hat Deutschland 96 Sitze. Eroglu ist Landesvorsitzender der Freien Wähler Hessen und weiterhin Stadtverordneter in Schwalmstadt. (Gerhard Reidt)