Kultur im Keller
GUDENSBERG. Einmal im Jahr geht es in Gudensberg kulturell ganz offiziell unter die Erde. Zu den Kellerkonzerten öffnen sich zwei der imposanten Gudensberger Gewölbekeller, die in Privatbesitz sind. Der Keller Griese und der Löwensteinkeller.
Dazu kommen als Veranstaltungsorte das Kulturhaus Synagoge und die evangelische Stadtkirche St. Margarethen. Vier Veranstaltungen, Konzerte, Theater, ein wenig Comedy und vor allem kulturell Hochwertiges wird an allen vier Orten geboten. Das Prinzip: Jeder, der eine Karte kauft, besucht nacheinander zwei Veranstaltungen, denn alle vier Künstler treten zweimal auf. Dazwischen gibt es Musik am Alten Markt sowie zwischen Keller Griese und alter Synagoge.
Goethe und seine große Liebe
Im Keller Giese, Hinter der Mauer, musste die Schauspielerin Sabine Wackernagel mit der gemütlichen Enge klarkommen. „Goethes dicke Hälfte – die Lebens- und Liebesgeschichte der Christiane Vulpius“, war das Thema eines großen Monologes. „Ich ging im Walde so für mich hin, und nichts zu suchen, das war mein Sinn. Im Schatten sah ich ein Blümchen stehn, wie Sterne leuchtend, wie Äuglein schön.“ Mit diesen Worten Johann Wolfgang von Goethes begann die Liebe zu Christiane Vulpius und die öffentliche Geschichte um die Frau, die 28 Jahre lang die Lebensgefährtin Goethes sein sollte. Stets beleidigt und wegen ihrer Einfachheit wenig geschätzt von der feinen Weimarer Gesellschaft, war sie doch die große Liebe für den Dichter, Politiker und Wissenschaftler. Sabine Wackernagel ließ das „Frauenzimmer“ selbst zu Wort kommen und zeichnete ein lebendiges Bild von einer lebensfrohen und für Goethe wertvollen Person.
Unverzagte Organe und künstliche Lebensmittel
Allein um die Gesundheit ging es im anderen Keller, dem Löwensteinkeller am „Alten Markt“. Unter dem Thema Organverzagen gab das Kasseler Organtheater wichtige Tipps, um aus der Krankheit nicht nur das Beste aber allgemein zu machen, sondern möglichst auch noch Kapital zu schlagen. Wenn die Organe aus China und die Lebensmittel aus der Fabrik kommen, lässt sich das Leben doch ganz anders planen. Gesünder sterben ist das Ziel. Ironisch, mit viel schwarzem Humor begeisterte das Quartett mit Ute Wienkamp, Dagmar Witzel, Uwe Jakubczyk und Jens Haupt. Die vier können auf über 4.000 Auftritte in 20 Jahren zurückblicken, gut unterstützt durch Mr. Ziehharmonika: Welf Kerner.
„Der Kontrabass“ machte Patrick Süskind vor 35 Jahren bekannt und in der Evangelische Stadtkirche St. Margarethen zeigte Franz Josef Strohmeier mit diesem Werk sein ganzes Können. Der Bassist, der sein Instrument zugleich liebt und hasst und immer eine Frau braucht, die er nicht kriegen kann. Eine lebendige Geschichte um die Sehnsucht nach Liebe und die Probleme damit, sie zu finden, erzählt von einem Musiker ohne solotaugliches Instrument und seiner Liebe zur Sopranistin Sarah, die natürlich unerfüllt bleibt.
Erfüllte Liebe mit Swing
Unerfüllt kann die Liebe von Jan Luley zu seinem Instrument nicht sein. Virtuos beherrscht er das Klavier, wie kaum ein anderer und erzählte dabei im Kulturhaus Synagoge die musikalische Geschichte von New Orleans, dem Schmelztiegel unzähliger Nationen, in dem sich die Kulturen auch musikalisch vermischen. Er vereint Blues, europäische Klassik, afrikanische und karibische Rhythmen und spielt Swing oder Rock’n’Roll mit der gleichen Leichtigkeit. Dazu erzählt er Geschichten, singt und entwickelt durchaus seine eigene Sichtweise auf die Stadt, in der es mehr Pianisten gibt, als in allen anderen Städten zusammen.
In der Pause in der Pause spielten die Big Band Haddamar sowie Andreas “Olli” Olbrich und sorgten dafür, dass es ein rundum hochwertiges Programm gab, dass tatsächlich an Qualität und Abwechslungsreichtum schwer zu überbieten ist. (rs)