Vollmond-Spaziergang durch den Heilkräutergarten in Bad Emstal
BAD EMSTAL. Tollkirsche, Eibe, Herbstzeitlose, Eisenhut? Klingt schon einmal giftig! Aber Brennnessel, Rizinus und Petersilie? In der vergangenen Vollmondnacht führte Gärtnermeisterin Karen Link etwa 20 Teilnehmer an einem Spaziergang durch den „Giftschrank der Natur“.
Bei aller Magie und Mystik: am Ende unterscheidet die richtige Anwendung, ob etwas zur heilsamen Medizin wird oder bei falscher Dosierung – im besten Fall – „nur“ die Sinne benebelt oder sogar Schaden anrichtet. Magisch ausgeleuchtet und vernebelt präsentierte sich der Heilkräutergarten im Kurpark von Bad Emstal am Freitagabend. Aufregend und inspirierend waren die zahlreichen Beschreibungen und Geschichten der Gärtnermeisterin, die als Kräuterhexe spannend erklärte, was für welche Leiden oder Gebrechen gut ist und was gefährlich wird.
Reichtum wenn Haare wachsen und Würmer sterben?
Natürlich gab es auch die zauberhaften und mörderischen Erzählungen. Die Wurzel des Salomonssiegels, mit dem König Salomon angeblich Felsen gesprengt haben soll, steht in dem Ruf, sogar Türen öffnen zu können und Bilsenkraut regt Nervenendungen an, sodass die Hexen es gerne in ihren Salben verwendeten, weil man zum Beispiel das Gefühl vermitteln konnte, dass Haarwurzeln wachsen. Dem Wurmfarn, der nur in der Johannisnacht blüht, sagte man sogar nach, für Reichtum sorgen zu können, wenn man den Samen besitzt. Verzehrt man ihn, so könne man sogar die Sprache der Tiere verstehen. Tatsächlich hilft er gegen Bandwürmer, weil er sie lähmt. Nimmt man zu viel davon, lähmt er allerdings auch die Atemwege und kann zum Tode führen. Dann nützen auch Reichtümer und die Sprache der Tiere nichts mehr…
Wer kennt nicht Belladonna? Besser bekannt als Tollkirsche wirkt sie entweder muskelentspannend oder muskellähmend. In der Homöopathie wird sie gerne eingesetzt, pur sollte man sie tunlichst meiden! Die Eibe findet man in vielen Gärten. Sie soll den Weg zum Hades säumen und tatsächlich ist ihre Wirkung nicht ohne! Ungiftig ist lediglich die Frucht ohne den Kern. Die Kerne und die Blätter sollte man nicht verzehren, die pazifische Eibe soll allerdings sogar gegen Brustkrebs wirken.
Pure Natur oder synthetische Medizin?
Die Weidenrinde enthält Salicylsäure, den Wirkstoff des Aspirin. Saft aus der Rinde funktioniert also tatsächlich gegen Kopfschmerzen, sorgt aber gleichzeitig für Magenschmerzen. Also erscheint es in diesem Falle klüger zu sein, so Frau Link, die Tabletten statt der Weidenrinde einzusetzen. Rätselraten herrschte unter den Teilnehmern, warum Petersilie gefährlich sein kann. In großen Mengen verzehrt, kann das Kraut Wehen auslösen und wurde deshalb in der Vergangenheit zum Abtreiben eingesetzt.
Durchaus spannend sind Pflanzen wie der Teebaum, dessen Öl heute – wie früher die Alraune – gegen fast alles eingesetzt werden kann, Schöllkraut, dessen Saft einerseits gegen Warzen hilft, andererseits aber auch Krebs auslösen kann oder Eisenhut, von dem 0,05 Milligramm pro Kilo Körpergewicht tödlich sind, das aber andererseits auch in Migräne-Mitteln Einsatz findet. Er gilt einerseits als Meister aller Gifte und ist zugleich Heilmittel. Ähnliches gilt für Rizinus. Das gewonnene Öl ist bekannt als hervorragendes Abführmittel, die Samen der kräftig roten Pflanze sind Lieferant für eines der gefährlichsten Nervengifte überhaupt: das Rizin. Es wird mit Terroranschlägen und politischen Morden – wie der bekannte Regenschirm-Mord – in Verbindung gebracht.
Köstliches aus dem Feuertopf
Im Anschluss an den geführten Spaziergang gab es – ganz ohne Nebenwirkungen – Köstliches aus dem Feuertopf. Dabei konnten die Teilnehmer feststellen: Frische Kräuter sind zugleich Magie für den Gaumen! (rs)