MT muss sich dem Meister beugen
KASSEL. Zum Saisonauftakt den amtierenden Meister zu Gast, die Halle rappelvoll und das ausgemachte Ziel, die SG Flensburg-Handewitt erstmals nach 14 gemeinsamen Jahren in der Handball-Bundesliga vor heimischem Publikum zu schlagen.
Mehr Motivation ging eigentlich nicht für die MT Melsungen, und dennoch entführten die Norddeutschen abermals die Punkte aus der ausverkauften Rothenbach-Halle in Kassel. Das 19:24 (11:13) bedeutet für die Nordhessen das vierte verlorene Saison-Auftaktmatch in Folge, Flensburg dagegen macht da weiter, wo es mit dem Meistertitel aufgehört hatte: im Spitzenfeld der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga. Für Melsungen waren Kai Häfner und Tobias Reichmann mit je 6 Toren die erfolgreichsten Schützen. Bei der SG traf Göran Sögard fünfmal ins Netz.
Die MT startete mit Anwurf, die SG in Person von Johannes Golla mit dem ersten Ausrufezeichen: toller Block gegen Kai Häfner. Der damit eingeleitete Angriff scheiterte dann jedoch gleich doppelt an Johan Sjöstrand. Erst parierte er gegen Magnus Jöndal aus dem Feld, dann gleich von der Siebenmeterlinie. Das erste Tor gehörte dennoch den Norddeutschen. Göran Sögard traf, was Michael Allendorf mit dem ersten Treffer der neuen Spielzeit für die MT zum Ausgleich beantwortete (4.). Es war eine verbissene, aber von Beginn an packende Partie. Anfangs mit ganz leichten Vorteilen für den Meister, dann urplötzlich von den Gastgebern bestimmt.
Weil Julius Kühn (Hartung-Foto) eindrucksvoll demonstrierte, was seine Durchschlagskraft für seine Mannschaft bedeutet. Zwei fulminante Würfe zum 3:2, das Tobias Reichmann gegen die kurzzeitig verunsicherte Flensburger Deckung auf 4:2 ausbaute (8.). Was jedoch nicht lange hielt: Golla sorgte für den 5:5-Ausgleich (13.). Auch dass mit Magnus Röd der, nach Holger Glandorfs Ausfall und neben Youngster Niels Versteijnen, einzige Linkshänder kurzzeitig mit blutender Lippe rausmusste, brachte die SG nicht ins Schwimmen. Sein Backup, Rechtshänder Michael Jurecki, traf zum 6:6, Röd selbst direkt nach seiner Rückkehr aufs Feld zum 6:7 (18.). Mit der Folge, dass er noch einmal rausmusste, weil die Wunde dabei wieder aufgeplatzt war.
Die erste Strafe kassierte Lasse Svan, der sich Michael Allendorf regelwidrig in den Weg stellte. Den fälligen Siebenmeter verwandelte Tobias Reichmann (20.). Doch trotz Unterzahl traf Göran Sögard und legte direkt nach Vervollständigung sogar noch einen Tempogegenstoß nach – 7:9 (23.). Jetzt war es an den Hausherren, das wieder auszubügeln. Was nur eingeschränkt durch drei verwandelte Reichmann-Siebenmeter gelang. Dazwischen erzielte Kai Häfner immerhin seinen ersten Treffer im rot-weißen Dress – mehr war nicht drin gegen ganz stark verteidigende Flensburger, die den herausgearbeiteten Zwei-Tore-Vorteil mit in die Pause nahmen.
Nach Wiederbeginn bedeuteten Sögards fünfter Erfolg und Gollas Tempogegenstoß nach Abspielfehler Kühns zunächst einmal das erstmalige Absetzen der Gäste auf vier Differenz (32.). Weitere drei Minuten verstrichen, ehe Kai Häfner erstmals nach dem Seitenwechsel für die MT traf und Tobias Reichmann per Tempogegenstoß gleich noch einmal einlochte. Unmittelbar gefolgt von Johannes Gollas drittem Tor an alter Wirkungsstätte zum 13:16 und Heiko Grimms Auszeit (36.).
Zwar kam mit Roman Sidorowicz neuer Schwung in den Angriff. Es folgte jedoch auch sofort der erste Ballverlust durch den Schweizer, dessen Wurfversuch in der Deckung hängen blieb und von Magnus Jöndal zum 14:18 zurückgetragen wurde. Dass Benjamin Buric nur kurz darauf erst Tobias Reichmanns Siebenmeter hielt und auch den Nachwurf reaktionsschnell parierte, passte ins Bild dieser Minuten. Dennoch blieb es beim alten Abstand, weil die MT dem Meister in der Deckung um nichts nachstand. Klasse, wie Domagoj Pavlovic nach Ballverlust vorn den zum Gegenstoß gestarteten Golla stellte und klärte, wenn auch nicht mir Rückgewinn des Leders. Das landete auch nach Felix Danners Foulspiel an Göran Sögard und den Siebenmeter von Hampus Wanne nicht im Netz, weil Nebojsa Simic glänzend parierte (44.).
Im Angriff der Nordhessen war Mitte der zweiten Hälfte völlig der Wurm drin. Oder anders: wenn es wirklich mal ein Ball durch die vielarmige SG-Abwehr schaffte, war Benjamin Buric auf dem Posten. Glatte zehn Minuten waren seit dem letzten Feldtor der MT verstrichen, als Finn Lemke vom Kreis zum 16:20 traf (48.). Da saß Simon Hald gerade eine Strafe ab. Bei Gleichstand auf dem Parkett blieb es dabei: Melsungen mühte sich, fand nur selten eine Lücke, dafür aber umso öfter ihren Meister in Buric. Der lief zu ganz großer Form auf und vernagelte seinen Kasten regelrecht.
Fast zwangsläufig wuchs der Rückstand an. Als Heiko Grimm sechseinhalb Minuten vor dem Ende seine letzte Auszeit nahm, war beim Stand von 17:24 eigentlich schon nichts Zählbares mehr drin. Dass Pavlovic über die Latte zielte und Yves Kunkels Versuch an eben dieser landete, machte das Dilemma deutlich: man musste in die Extreme gehen, um überhaupt eine Chance zu haben, am Flensburger Schlussmann vorbeizukommen. Das schaffte immerhin Kai Häfner zum 18:24 (57.), nachdem sich auch die Gäste zunehmend schwerer taten gegen Melsungens wirklich nicht schlechte Abwehr. Es fehlte eindeutig im Vorwärtsgang, sodass am Ende, nicht zuletzt durch die Glanztat von Buric beim Gegenstoß von Finn Lemke eine Minute vor Ultimo, auch nur noch eine kleine Resultatskosmetik durch Michael Allendorf praktisch mit der Schlusssirene möglich war.
Stimmen zum Spiel
Heiko Grimm: Glückwunsch an Maik und die SG zum verdienten Sieg. Wir sind sehr enttäuscht heute. Dabei hatten wir uns für das Spiel so viel vorgenommen. Aber nicht nur das Ergebnis ist enttäuschend, sondern auch die Leistung. Wir haben auf dem Papier so viel Qualität, aber davon hat man auf dem Feld nicht so viel gesehen. Wenn wir kaum einen offensiven Zweikampf gewinnen und uns immer wieder festlaufen, ist das zu wenig. Da müssen wir viel aufarbeiten. Aber auch defensiv bin ich nicht zufrieden. Wenn wir gefühlt in der 50. Minute die erste Zeitstrafe kassieren, dann hat offensichtlich die Emotionalität gefehlt. Nun geht es aber am Donnerstag schon weiter und da stehen wir unter Druck. Aber wir wollen beim BHC unbedingt gewinnen und wenn wir das schaffen, haben wir schonmal zwei Punkte mehr auf dem Konto als letzte Saison zum gleichen Zeitpunkt.
Maik Machulla: Wir sind stolz und zufrieden mit den zwei Punkten hier gegen Melsungen. Wir sind mit viel Respekt angereist und haben uns dem entsprechend sehr gut vorbereitet. Ich muss meiner Mannschaft hoch anrechnen, dass sie gleich gut gegengehalten und auch konzentriert weitergespielt hat, als Melsungen gedrückt hat und auch in Führung gehen konnte. Nun war es immer eine Frage, wie wir in die Saison kommen ohne unsere zwei prominenten Abgänge. Aber mit den beiden Spielen am vergangenen Mittwoch und heute können wir auch da sehr zufrieden sein. Und deshalb fahren wir jetzt mit einem sehr guten Gefühl nach Hause.
Axel Geerken: Glückwunsch an Maik und die SG auch von mir. Natürlich sind wir nicht begeistert. Aber es war schon toll, das erste Heimspiel der Saison gleich ausverkauft zu haben. Wir müssen auch das Gute aus dem Spiel sehen. Zum Beispiel, dass Julius Kühn nach seiner langen Leidenszeit gut ins Spiel gefunden hat und dreimal treffen konnte. Auch wenn Heiko jetzt vieles negativ sieht, müssen wir die Mannschaft wieder aufbauen. Dann sind wir auch zuversichtlich, dass die Heimspiele in Zukunft besser laufen werden.
Die beiden nächsten Spiele:
Do., 29.08.19, 19:00 Uhr, Bergischer HC – MT Melsungen
Mi., 04.09.19, 19:00 Uhr, MT Melsungen – TBV Lemgo Lippe