Kultur und Geschichtsverein Bad Emstal baut Gutshof um
BAD EMSTAL. Eigentlich begann alles mit der Reformation. Als Landgraf Philipp I. den Entschluss fasste, Martin Luther zu unterstützen und Hessen als eine der ersten Grafschaften protestantisch wurde, kamen viele Klöster in staatlichen Besitz.
Weniges wurde „privatisiert“, wie das Stift zu Kaufungen, welches die Althessische Ritterschaft in Besitz nehmen durfte, um einen Ausgleich zu erhalten für die unverheirateten Töchter, die sie nicht mehr ins Kloster schicken konnten. Die beiden Klöster in Haina und Merxhausen hingegen wurden als Teil eines sozialpolitischen Projektes von Landgraf Philipp I., staatliche Krankenanstalten, zunächst für die arme Landbevölkerung. Noch in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts war Haina dann eine geschlossene Anstalt für geisteskranke Männer und Merxhausen für solche Frauen.
Bis zum Beginn der Psychiatriereform in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, war Psychiatrie ausschließlich Kliniken vorbehalten. Wohnheime, betreutes Wohnen und Tagesstätten zur Integration in die Gesellschaft entwickelten sich erst im Zuge weitreichender und schwieriger Reformen zu einer sozialen Psychiatrie. Das psychisch kranke und suchtkranke Menschen heute ganz selbstverständlich unter uns wohnen, ist seit 30 Jahren Normalität und manches aus der Geschichte der Psychiatrie klingt inzwischen merkwürdig fremd und wie aus einer anderen Welt. In der Gegenwart, so Joachim Hübner, Vorsitzender des Vereins, steht der Mensch mit seinen Anliegen im Mittelpunkt, nicht mehr die Einrichtung mit ihrer Ausrichtung.
Sieben Zeiträume – sieben Frauenschicksale
Der Kultur- und Geschichtsverein Bad Emstal e.V. gestaltet mit staatlicher und privater Unterstützung ein neues Museum und eine neue Ausstellung in den alten Museumsräumen im Gutsgebäude Merxhausen auf, in dem die Geschichte des ehemaligen Klosters – mit allen seinen Nutzungsphasen – dargestellt wird. In sieben Räumen, die offen miteinander verbunden sind, werden sieben Zeitabschnitte dargestellt, zu jedem Zeitraum ein Schicksal geschildert und die Zusammenhänge aus der Epoche erklärt. In Vitrinen finden sich Exponate aus der entsprechenden Phase. Die Darstellung erfolgt in einer Nutzung des gesamten Raumes, von den Wänden über Stellflächen, bis zu den Fenstern, die mit bedruckten Stoffbahnen zugehängt werden.
Im Mittelpunkt stehen Frauenschicksale aus acht Jahrhunderten. Augustiner-Nonnen, Hospitalitinnen, deren Betreuerinnen, geisteskranke Frauen, Opfer der NS-Euthanasie-Morde und letztlich Frauen, die die Psychiatrie-Reformen erlebt haben. Unterstützt wird die Umsetzung von den Marburger Historikern Kirsten Hauer und Ferdinand Krause, sowie Fachplanungsbüros. 309.000 Euro investiert der Verein, zusammen mit den 2.000 geleisteten Ehrenamtsstunden etwa 10 Prozent aus eigenen Mitteln. EU, Land Hessen, Der Hessische Museumsverband, der Landkreis Kassel, die Gemeinde Bad Emstal und die Kasseler Sparkasse sorgten für die Finanzierung. 13.500 Euro kamen über Einzel-Spenden zusammen.
309.000 Euro werden investiert
Wolfram Ebert von der Kasseler Sparkasse war am gestrigen Mittwoch davon beeindruckt, mit welcher Professionalität der Verein sein Museumsprojekt umsetzt: „Das ist genau das, was wir fördern wollen. Mit 20.000 Euro ist das Geldinstitut dabei. Bürgermeister Stefan Frankfurth bezeichnete die Realisierung als Glücksfall für die Gemeinde Bad Emstal, auch unter touristischen Aspekten. Das Museum realisiert einige Alleinstellungsmerkmale und der Bürgermeister ahnt bereits, dass die geplanten Öffnungszeiten an den Wochenenden, bei denen sich 18 Museumsmitglieder für die Betreuung Zeiträume beteiligen, nicht reichen könnten, wenn Bildungsinstitutionen, Frauenprojekte bundesweit und andere Besuchergruppen anreisen. Am 18. September wird das Museum eröffnet. Mehr Informationen gibt es unter www.geschichtsverein-bademstal.de. (rs)