BEBRA. Kürzlich trafen sich Karin Müller, Vizepräsidentin des Hessischen Landtag, und die lokale Wahlkreis-Abgeordnete Kaya Kinkel (beide Bündnis 90/Die Grünen) mit Thomas Mühlhausen und Patrick Rehn vom Vorstand der Ortsgruppe Bebra der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer.
Bei dem Treffen standen Fragen und Lösungsmöglichkeiten im Bezug auf die Eisenbahn und deren Möglichkeiten in Hessen und darüber hinaus auf der Agenda. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen enthält unter Anderem auch den Prüfauftrag für die Schaffung eines landeseigenen Fahrzeugpool. Für diesen sahen die Gesprächsteilnehmer Bedarf, sieht doch der Deutschland-Takt bis zum Jahr 2030 eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen vor. Für dieses Wachstum braucht es nicht nur eine leistungsfähige Infrastruktur, sondern auch neue Ideen beim Betrieb.
Karin Müller hierzu: „Hier kann ein Fahrzeugpool, bei welchem die Züge durch das Land Hessen angeschafft und dem Betreiber einer Strecke zur Verfügung gestellt werden ein guter Hebel sein. Bislang haben wir die Situation, dass Fahrzeuge unterschiedlicher Unternehmen nicht miteinander kompatibel sind, daher teilweise nacheinander eine bestimmte Strecke befahren und diese daher stark ausgelastet ist. Zudem sind Züge kein Wegwerf-Produkt, sondern durchaus über eine Zeitspanne von 20 und mehr Jahren einsetzbar. Bei den landeseigenen Zügen würden wir dafür Sorge tragen, dass diese technisch miteinander verbunden werden können um so auch mehr Direktverbindungen herstellen zu können und den Personenverkehr attraktiver zu machen.“
Thomas Mühlhausen ergänzt: „Ein Zug könnte beispielsweise mit drei oder vier Starts oder Zielen seine Fahrt beginnen und auf den entsprechenden Unterwegshalten mehrmals geteilt oder um andere Zugteile ergänzt werden. Entsprechend der Fahrgastzahlen könnten die Fahrzeuge auch unterschiedlich groß dimensioniert werden, was letztlich auch die Wirtschaftlichkeit des Eisenbahnverkehr erhöhen würde. Vor dem Hintergrund steigender Fahrgastzahlen erscheint es zudem ratsam darauf zu achten, dass die Fahrzeuge so aufgebaut sind, dass man beispielsweise einen Triebwagen mit vier Waggons auf fünf oder sechs Elemente erweitern kann. Parallel dazu muss man allerdings auch die Bahnsteige im Auge behalten, denn diese müssen so ausgebaut und modernisiert werden, dass diese lang genug sind. Ansonsten kann es passieren, dass bei wachsenden Fahrgastmengen nicht entsprechend auf die Nachfrage reagiert werden kann, weil unterwegs Bahnsteige zu kurz sind und folglich keine längeren Züge mit mehr Sitzplätzen eingesetzt werden können.“
Die Teilnehmer diskutierten in diesem Zusammenhang auch die Rolle der Instandhaltung der hessischen Nahverkehrszüge. Kaya Kinkel: „Statt einer großen zentralen Werkstatt für alle Fahrzeuge ist es sinnvoll diese Aufgaben über das Land zu verteilen, denn in der Rhein-Main-Region sind große zusammenhängende Flächen knapp und teuer. Zudem hat es sich die hessische Landersregierung zum Ziel gemacht bewusst auch die ländlichen Regionen zu stärken. Während man in Frankfurt und Umgebung also beispielsweise sich auf die Wartung im täglichen Betrieb und das Ergänzen von Betriebsstoffen spezialisiert – und somit die Fahrzeuge nur kurze Zeit in der Werkstatt sind – könnten größere Werkstätten an Schnittpunkten mehrerer Linien abseits des Ballungsraum Rhein-Main entstehen. Dort könnten dann zusätzlich zeitaufwendigere Untersuchungen und Werkstattaufenthalte, Schulungmöglichkeiten, Waschanlagen und einiges Mehr entstehen. Auch Umbauten an Fahrzeugen, um bestimmten Bedarfsentwicklungen gerecht zu werden, könnten hier stattfinden. Denn während in den Wintermonaten der ein oder andere sein Auto eher stehen lässt als in der warmen Jahreszeit steigt dann in dieser der Bedarf bei der Mitnahme von Fahrrädern.“
Patrick Rehn hierzu: „Als einer dieser Werkstattknoten könnte auch der Bahnhof Bebra fungieren. Mit dem Deutschland-Takt treffen sich hier in Zukunft mehrere Linien und die Zahl der Züge wird weiter steigen. Gleichzeitig gibt es hier größere Flächen, welche man für ein solches Projekt verwenden könnte.“
Karin Müller abschließend: „Um die Erderwärmung zu reduzieren ist zum einen die Vermeidung von Verkehr und die Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene einer der besten Ansatzpunkte. Die hessische Landesregierung hat es sich auf die Fahnen geschrieben, dass Hessen nicht nur lebenswert, sondern auch in vielen Themen führend bleibt. Eines davon ist die Bahn, welche wir nun wieder stärker in den Fokus unseres Handelns stellen.“ (pm)
Das Bild: Ein Nahverkehrszug der Deutschen Bahn im Bereich Frankfurt am Main, welcher zu einem späteren Zeitpunkt um weitere Doppelstock-Mittelwagen ergänzt werden kann.