BEBRA. Zu einem Rundgang der ganz besonderen Art trafen sich kürzlich Kaya Kinkel (Bündnis 90/Die Grünen) und Karina Fissmann (SPD) – beide Abgeordnete im hessischen Landtag -, Bebras erste Stadträtin Ilse Koch und der Leiter der Stadtentwicklung Bebra Stefan Knoche.
Die Entscheidungsträger aus der Landes- und Lokalpolitik sollten dabei einen Blick „hinter die Kulissen“ werfen können, um nicht nur mehr über die Bahn in und um Bebra, sondern auch den ein oder anderen Hintergrund zu erfahren.
Nach einigen Daten und Zahlen sowie einer Sicherheitseinweisung ging es „raus ans Gleis“, wohin sie von Daniel Stange (Leiter des DB Cargo-Standorts Kassel), Reginald Klimpel (Bahnhofsmanagement Kassel der DB Station & Service AG), Constantin Paar (Bezirksleiter Betrieb Bebra der DB Netz AG) und dem Initiator des Treffens, dem Bebraer Lokführer Patrick Rehn begleitet wurden. Neben einer Mitfahrt auf einer modernen Drehstromlok im Bereich des Bahnhof Bebra, welche beim Bremsen elektrische Energie wieder zurück in die Oberleitung speisen kann, durften die Gäste auch praktische Erfahrungen sammeln. Denn neben dem Umstellen einer Handweiche zählten auch die praktischen Auswirkungen von neuen Bremsen an Güterwagen zur Lärmreduzierung zu den Eindrücken der kurzen Fahrt.
Höhepunkt der Besichtigungsrunde war der Ausblick von der Kanzel des Stellwerk Brf, welcher weit über die Gleisanlagen des Rangierbahnhof Bebra, die Stadt und die teilweise angrenzende Region reichte. Hier erhielten die Teilnehmer des Rundgangs weitere wissenswerte Informationen, wie man sich seitens DB Netz bundesweit und auch regional auf die Zukunft einstellt.
Constantin Paar hierzu: „DB Netz richtet seit einigen Jahren bewusst den Fokus wieder auf regionale Stellwerke, wo wir Aufgaben und Zuständigkeiten bündeln. Ein solches Stellwerk ist auch perspektivisch für Bebra geplant, wo wir dann für rund 130 Kilometer Schienenstrecke über 35 Fahrdienstleiter im Mehrschichtsystem beschäftigen werden. Bebra ist zudem ein wichtiger Standort für die Instandhaltung und Wartung von Gleisen, Signalen und Oberleitungen. In den nächsten fünf Jahren werden in die Sanierung der regionalen Schienenstrecken mehrere Millionen Euro investiert.“
Kaya Kinkel zeigte sich von den Möglichkeiten des Güterverkehrs überzeugt: „Für uns als Grüne ist die Bahn als Verkehrsmittel eines der zentralen Elemente um die Klimaziele erreichen zu können. Die hessische Landesregierung wird sich daher künftig intensiver mit der Frage auseinandersetzen, wie man Verkehre für Menschen und Waren intelligent verlagern kann. Dabei spielen auch Anlagen außerhalb der Ballungsräume eine wichtige Rolle. Zudem muss mehr in den Umschlag zwischen Straße und Schiene investiert werden. Was um die Ecke fährt gehört auf den Lkw, was geradeaus fährt auf die Schiene.“
Ilse Koch als erste Stadträtin signalisiert auch die Bereitschaft der Stadt Bebra sich hier einzubringen: „Bebra ist ohne Eisenbahn nicht vorstellbar. Wir mussten in der Vergangenheit zwar zahlreiche schmerzhafte Einschnitte erleben, haben ihr jedoch nie die Freundschaft gekündigt. Im Bereich des Bahnhofs haben wir uns in der Vergangenheit stark engagiert und stehen gerne bereit künftige Überlegungen und Pläne zu begleiten.“
Stefan Knoche blickt derweil auf das Erbe, was die Stadt Bebra von der Deutschen Bahn übernommen hat: „Mit dem Lokschuppen, dem Kesselhaus und dem zentralen Inselgebäude hat Bebra so etwas wie eine lebenslange Erbanlage, die für ihre Bewohnerinnen und Bewohner identitätsstiftend ist. Wir freuen uns daher auf die baldige Nutzung der genannten Gebäude, welche dem Umfeld einen weiteren Schub nach vorne geben werden.“
Reginald Klimpel pflichtet ihm diesbezüglich bei: „Der Bahnhof Bebra hat sich in den vergangenen knapp zehn Jahren dank guter Zusammenarbeit von DB Station & Service, Land Hessen, Stadt Bebra und Nordhessischem Verkehrsverbund extrem positiv entwickelt und bietet ein mittlerweile gänzlich anderes, freundlicheres Umfeld. Mit Blick auf die Planungen des Deutschland-Takts erwarten wir eine weitere Zunahme der Reisendenzahlen, welche die Station nutzen werden.“
Karina Fissmann sieht dabei allerdings auch die Regierungen in Berlin und Wiesbaden in der Pflicht: „Während sich Bebra gut entwickelt hat brauchen wir jedoch auch an den kleinen Stationen und den Dörfern und Städten abseits der Schienenstrecken gute Verbindungen, um solch zentrale Umsteigepunkte zu erreichen. Für Nord- und Osthessen bedeutet dies auch Bus- und Zugverkehr von früh bis spät, denn in ländlichen Regionen ist das Auto weiterhin meist die erste Wahl. Dies kann und muss sich ändern.“
Daniel Stange: „Die Eisenbahn bietet bei den verschiedenen Unternehmen in und um Bebra rund 400 Menschen weiterhin einen sicheren Arbeitsplatz, denn durch den hohen Altersdurchschnitt bei den Kolleginnen und Kollegen werden wir in den nächsten Jahren in allen Bereichen erheblich in die Berufs- und Funktionsausbildung investieren. Hierzu zählt auch die Strategie von DB Cargo Ausbildungskapazitäten von Frankfurt, wo wir ähnlich wie die Kollegen von DB Netz nur noch schwer Personal gewinnen können, teilweise in die Außenstelle des Qualifizierungszentrums nach Bebra zu verlagern. Nach der Ausbildung in der Region wollen wir die neuen Kolleginnen und Kollegen dann auch hier in und um Bebra beschäftigen, um den Schienenverkehr zukunftssicher zu gestalten. Hierfür brauchen wir jetzt und künftig die Unterstützung aus über- und regionaler Politik.“ (pm)