Eine Ausstellung im Stadtmuseum Kassel
KASSEL. Bilder der Fotografin Regina Schmeken zeigt die Ausstellung „Blutiger Boden. Die Tatorte des NSU“ im Stadtmuseum Kassel in der Zeit vom 12. Juni bis zum 8. September 2019.
Die Eröffnung findet am Dienstag, 11. Juni, um 18 Uhr im Bürgersaal des Kasseler Rathauses durch Oberbürgermeister Christian Geselle, Kulturdezernentin Susanne Völker, den Vorsitzenden des Ausländerbeirats Kamil Saygin sowie den Kurator der Ausstellung Dr. Gorch Pieken vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr statt.
Als Regina Schmeken im Frühjahr 2013 damit begann, die Tatorte des NSU zu fotografieren, wurde ihr das Ausmaß dieser Verbrechen des rechten Terrors inmitten deutscher Städte erst bewusst. Es entstand ein Zyklus großformatiger Schwarz-Weiß-Fotografien. Regina Schmekens Bilder führen zu den Tatorten und zeigen doch die verstörende Normalität der Schauplätze von Hass und Gewalt inmitten deutscher Städte. „Das Beklemmendste an diesen Fotografien ist, dass auf ihnen weder die Mörder noch die Mordopfer zu sehen sind. An Schmekens Aufnahmen wirkt gerade das Unauffällige, Banale und Gewöhnliche unheimlich“, kommentierte der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger.
In dem Ausstellungsprojekt geht es um das Gedenken an die Ermordeten sowie um die Auseinandersetzung mit Orten, die auf den ersten Blick keinerlei Spuren einer Gewalttat aufweisen. Zwischen 2013 und 2016 besuchte die Künstlerin mehrmals die zwölf Tatorte in Deutschland. Die Ausstellung versucht das Ungeheuerliche der Taten zu reflektieren und macht deutlich: Die Attentate waren nicht allein Angriffe auf unsere Mitbürger, es waren Angriffe auf universelle Menschenrechte und damit auf unsere gesamte Gesellschaft.
Der Ausstellungstitel bezieht sich auf diese Orte, aber auch auf die Propagandaformel „Blut und Boden“ der Nationalsozialisten und damit auf deren Überzeugung, dass sich ein „gesunder Staat“ auf der Einheit von Volk und Boden gründe. Die Verbrecher des NSU beriefen sich auf diese Ideologie und hielten sich für berechtigt, Menschen zu töten. Fast alle Opfer waren türkischer Herkunft. Sie wurden auf dem Boden liegend in ihrem Blut gefunden, brutal hingerichtet.
Feridun Zaimoglu nennt die Geschichte des NSU im ausstellungsbegleitenden Katalog „die Geschichte der großen Beschädigung“. Und weiter sagt er: „Es fehlt auf jedem Bild der entscheidende Mensch: der hingerichtete Mann, die hingerichtete Frau. Die Fotografin hat diese grauenhafte Leere eingefangen. Dafür gebührt ihr mein Dank.“
Annette Ramelsberger schreibt: „Die Reise an die Tatorte war eine Reise in ein Land von Schmerz und Tränen, von Gleichgültigkeit und klammheimlicher Freude über das, was geschehen ist. Als der NSU nach zehn Morden, zwei Sprengstoffattentaten und 15 Raubüberfällen aufflog, waren sich alle gewiss: So eine Terrorserie könne sich in Deutschland nicht wiederholen. Wer den NSU-Prozess verfolgt, der weiß: Dafür gibt es keine Garantie.“
Der Prozess gegen das überlebende Mitglied des NSU begann am 6. Mai 2013 im Oberlandesgericht München und endete am 11. Juli 2018 mit der Verurteilung der Hauptbeschuldigten zu lebenslanger Haft wegen Mittäterschaft und Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung NSU sowie schwerer Brandstiftung. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt.
Eine Ausstellung des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr, Dresden – kuratiert von Dr. Gorch Pieken
Das Stadtmuseum in Kassel zeigt die Ausstellung „Blutiger Boden. Die Tatorte des NSU“ als vierte Institution, nach dem Militärhistorischen Museum in Dresden, dem Martin-Gropius-Bau in Berlin und der Rathausgalerie in München. Kassel ist nach München außerdem die zweite von den Taten des NSU betroffene Stadt. 2006 wurde Halit Yozgat ermordet, 21 Jahre alt. Die nächsten Stationen sind das Dokumentationszentrum auf dem ehemaligen Nürnberger Reichsparteitagsgelände und das Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund.
Renommierte deutsche Fotografin der Gegenwart
Schmeken gehört zu den renommiertesten deutschen Fotografinnen der Gegenwart. Sie fotografiert seit Mitte der siebziger Jahre. Seit 1980 werden ihre Fotografien ausgestellt. Sie erhielt nationale und internationale Auszeichnungen, unter anderem den Dr.-Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie sowie den „Prix de la Critique“ der Rencontres Internationales de la Photographie in Arles.
Hintergrund:
Informationen zu den begleitenden Veranstaltungen unter stadtmuseum-kassel.info
Katalog zur Ausstellung: Regina Schmeken: Blutiger Boden. Die Tatorte des NSU. Hrsg. Militärhistorisches Museum der Bundeswehr, Dresden. Texte von Hans Magnus Enzensberger, Barbara John, Gorch Pieken, Katja Protte, Annette Ramelsberger und Feridun Zaimoglu.
Hatje Cantz Verlag, Berlin 2016
Buchhandelsausgabe (ab 1.6.): 15 Euro, ISBN 978-3-7757-4158-3
sowie bei der Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe, BD. 10124 (pm)
Das Bild:
Kassel, 16.12.2015, Halit Yozgat, Betreiber eines Internetcafés, wurde am 6. April 2006 vom NSU durch zwei Kopfschüsse in diesem Geschäft in der Holländischen Straße getötet;
https://www.hatjecantz.de/regina-schmeken-6833-0.html?article_id=6833&clang=0
©Foto: Regina Schmeken | nh
10 Kommentare
Wo steht das geschrieben? Die Verbreitung solcher fake News ist gewollt. Hier wird darüber geredet und keiner verbietet ihnen das. Oder meinen sie, man darf darüber schreiben aber nicht reden?
Info an HubertKevin: das ist eine Belehrung
Und nächstes Jahr gibt es dann vielleicht eine Ausstellung zu den Tatorten, wo Mia, Susanna und die anderen Mädchen ermordet wurden. Das waren nämlich Taten mit ähnlicher Wirkung. Aber dafür würde man vermutlich keinen Raum bekommen.
Auge um Auge steht schon in der bibel
Ja, die Folgen waren die selben. Das Motiv in den drei genannten Fällen aber ein völlig anderes. Da besteht schon ein kleiner Unterschied. Soweit mir bekannt ist, waren alle drei Mädchen mit den Tätern zuvor befreundet bzw. haben auch den Kontakt zu ihnen gesucht. Das macht die Tat zwar nicht weniger grausam, bleibt streng genommen eine Beziehung Star.. Aber das Motiv ist, was sie von den NSU – Morden unterscheidet und was mit der Ausstellung dargestellt werden soll. Das und die Tatsache, dass man jahrelang die Augen davor verschlossen hat.
Ihrer Forderung nach, müsste es also auch Ausstellungen über Kindermord/Missbrauch und häusliche Gewalt, die nicht selten auch mit Mord enden, geben.
Zur Info für HubertKevin: Das soll jetzt weder Belehrung, Rechtfertigung oder Schönreden sein, HubertKevin. Also sparen siemsichmihren Beitrag. Auch den als NichtEowyn
Soll heissen: Beziehungstat
Darüber darf man nicht sprechen. Nach Meinung der Bundesregierung, des Bundespräsidenten, der Grünen, der Kirchen, der Kultusbehörden usw. wäre es Hass und Hetze, die Leute mit so etwas zu konfrontieren.
Wo steht das geschrieben? Die Verbreitung solcher fake News ist gewollt. Hier wird darüber geredet und keiner verbietet ihnen das. Oder meinen sie, man darf darüber schreiben aber nicht reden?
Info an HubertKevin: das ist eine Belehrung
Es ist schon seltsam, sonst sind die Leute immer so kritisch und prüfen alles nach, bevor sie sich äußern. Dann kommen sie mit fake News daher, die so offensichtlich die Herkunft deutlich machen, dass man an der Vernunft des Einzelnen zweifeln muss. Wir leben in einem Land, der freien Meinungsäußerung. Das die Meinungsäußerung auch Grenzen hat, die jeder Erwachsene kennen muss, weil er sich sonst schon gegen diese Äußerungen gewehrt hätte. Niemand von den Institutionen, die Sie benannt haben würde verbieten über Themen zu reden, solange man niemanden beleidigt. Es ist leider nicht selten, dass sich Mädchen in das Wesen von „Tausend und eine Nacht“ verknallen und sich dann eine Beziehung entwickelt. Ich habe selber eine Tochter und würde solche Beziehungen, wenn möglich unterbinden, weil ich nicht weiß, wie meine Tochter damit umgehen würde, wenn die Beziehung in die Binsen gehen könnte.
Wie wäre es denn mal mit einer Ausstellung zum Thema Blutiger Boden auf der linken Seite ?
Anm. d. Redaktion:
https://www.dhm.de/ausstellungen/archiv/2014/raf.html
Sie interessieren sich ja nun nicht wirklich für die Wahrheit. Es gibt doch jede Menge Ausstellungen über die Rots Armee Fraktion. Auch über andere politische Taten von Linken gibt es Ausstellungsräume. Allerdings müssen ganze Hallen gemietet werden, um rechte Gewalt der letzen vier Jahre zu zeigen. Man könnte meinen, dass rechte Gewalt für die Kommentatoren kein Problem ist, sondern nur linke Gewalttaten, die nachweislich in weitaus geringerer Anzahl ermittelt wurden. .
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