Enkelinnen der früheren jüdischen Familien Stern und Bacharach besuchen Romrod und Kestrich
ROMROD | KESTRICH. Es war ein langer und gefühlsbeladener Weg, der am Dienstag die aus Südafrika angereisten Schwestern Elaine Rabin und Lindsey Krawitz mit ihren Familienangehörigen bis nach Romrod und Kestrich führte.
Davor schon hatten die Töchter von Margot Stern aus Romrod und Helmut Bacharach aus Kestrich, die nach dem 2. Weltkrieg in Südafrika heirateten, u.a. das ehemalige deutsche Konzentrationslager Auschwitz in Polen, den Sterbeort ihrer Großeltern Klara und Adolf Stern aus Romrod aufgesucht. Danach waren sie nach Karlsruhe gereist, die Stadt, in die ihre Großeltern mit ihrer Mutter Margot aufgrund der erlittenen Drangsal und Verfolgung in Romrod im Jahre 1936 verzogen waren.
Elaine Rabin, ihr Ehemann Harvey, ihre Tochter Sarah Blumberg mit Ehemann Raphael und Enkelkind Jona sowie Lindsay Krawitz mit ihrer Tochter Jacqui, die an diesem Tag von Straßburg aus anreisten, wurden gegen 12.30 Uhr von Horst Blaschko und seiner Dr. Beate Hopfenmüller sowie der Romröder Bürgermeisterin Dr. Birgit Richtberg in der ehemaligen Synagoge von Romrod herzlich begrüßt. Es war dies ein sehr emotionaler Moment, weil es nach einem Jahre zurückliegenden Kontakt nun doch noch zu einem Besuch in Romrod kam. Bereits vor ca. 10 Jahren hatte Blaschko, der heutige Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins Romrod in Zusammenarbeit mit einer gebürtigen Romröderin und damaligen engen Bekannten, Frau Sabine Seyb aus Berlin, auf der Suche nach der in Romrod aufgewachsenen Margot Stern kurzzeitigen Kontakt zu deren Töchtern Elaine und Lindsey in Südafrika. Nach dem Tod von Margot Stern im Jahre 2014 waren es dann deren Töchter, die mit Seyb und Blaschko wieder Kontakt aufnahmen, um Informationen und Unterstützung bei der Nachverfolgung des Lebens- und Leidensweges ihrer Eltern und für ein würdiges Gedenken an diese zu erhalten.
Bei dem jetzigen Besuch in Romrod zeigten sich die Gäste von der restaurierten Synagoge, insbesondere dem Betsaal mit der Frauenempore und der Thora-Nische sehr beeindruckt. Berührt sahen sich die Töchter die im Flur des ehemaligen Schultrakts ausgestellten Fotos an, auf denen auch ihre Mutter Margot Stern abgebildet war. In dem ausführlichen Gespräch zur Geschichte der letzten jüdischen Familien und des Lebensweges von Margot Stern wurde gefragt, warum die Familien von Romrod weggezogen sind und was ihnen damals widerfuhr. Blaschko erläuterte, daß in Romrod nach 1933 noch die Familien Fischer, Lorsch und Stern lebten. Auch wenn es kaum mehr Zeitzeugen gibt, konnten durch Gespräche und Nachforschungen in den letzten Jahren Ereignisse und Vorkommnisse im damaligen Romrod benannt werden, insbesondere die Bedrohungen an Leib und Leben durch Überfälle und alltägliche Einschüchterungen, denen die jüdischen Familien ausgesetzt waren. So starb z.B. Berta Fischer, die Ehefrau des früheren jüdischen Einwohners Leopold Fischer im Jahre 1936 nach einem Überfall örtlicher Nazis auf das Haus der Familie in der Alsfelder Straße. Schon vorher wurden Mitglieder der jüdischen Gemeinde gezwungen, wichtige Gegenstände aus der Synagoge öffentlich zu verbrennen. Es waren diese Vorkommnisse und die alltägliche Drangsal, welche die Familien bewogen, fortzugehen. So auch die Familie der Mutter von Elaine Rabin und Lindsey Krawitz, Klara und Adolf Stern mit der Tochter Margot, die jedoch in Deutschland verblieben und nach Karlsruhe zogen. Während Margot Stern nach der sog. Reichskristallnacht, dem Novemberpogrom im Jahre 1938 mit einem der ersten Kindertransporte nach England entkommen konnte, wurde das zurückgebliebene Ehepaar Stern im Jahre 1940 mit ca. 6500 badischen Juden nach Gurs in Südwestfrankreich und 1942 von dort in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet. Erst sehr spät, so berichteten die beiden Schwestern, wurden diese Ereignisse in der Familie besprochen, weil ihre Eltern wie viele andere überlebende Opfer auch ihren Kindern ein Aufwachsen ohne Leid ermöglichen wollten.
Bei einem Spaziergang durch die Romröder Ortsmitte wurde auch die Stelle besucht, an der früher das Haus der Groß- und Urgroßeltern stand. Dieses wurde im Jahre 1935 von Adolf Stern an den Romröder Heinrich Bing verkauft. Im Jahre 1958 wurde das alte Haus dann durch einen Neubau ersetzt. Zum Abschluß überreichte Bürgermeisterin Richtberg den Gästen Geschenke der Stadt. Danach ging es weiter nach Kestrich, dem Geburtsort des Vaters Helmut Bacharach.
In der ehemaligen Synagoge von Kestrich empfing der frühere Bürgermeister Ernst-Uwe Offhaus, Vorsitzender des Vereins Historisches Feldatal gemeinsam mit Joachim Legatis vom Förderverein zur Geschichte des Judentums im Vogelsberg die Gäste aus Südafrika. Ein wichtiges Anliegen der Besucherinnen war die Überreichung zweier Gedenktafeln, die ihren Platz in der Synagoge finden sollen. Es sind dies eine Plakette zum Gedenken an Sally Bacharach, einen Onkel ihres Vaters Helmut Bacharach, und eine in Rahmen gefaßte Lobrede anläßlich der 1935 stattgefundenen Beerdigung des damaligen Vorstehers der jüdischen Gemeinde von Kestrich, Abraham Bacharach. Während Helmut Bacharach im Jahre 1935 mit 13 Jahren gemeinsam mit seinen Eltern Siegmund und Emmy Bacharach Kestrich verließ und nach Südafrika ging, blieb der 1903 geborene ledige Sally Bacharach in Kestrich. Er wurde im Jahre 1942 gemeinsam mit dem Ehepaar Kapenberg als letzter jüdischer Bewohner Kestrichs wahrscheinlich ins Vernichtungslager Ausschwitz deportiert. Neben der Besichtigung der ehemaligen Synagoge von Kestrich war es den Besucherinnen aus Südafrika sehr wichtig, die Gräber der Familie auf dem jüdischen Friedhof in Kestrich zu besuchen. Dort wurden am Grab von Abraham Bacharach entsprechend der jüdischen Sitte kleine Steine als Zeichen des Gedenkens auf den Grabstein gelegt. Ebenso wurde zum Gedenken das Elternhaus des Vaters an der Straße nach Windhausen aufgesucht.
Es war für alle Beteiligten, insbesondere auch für die Nachkommen der beiden Familien Stern und Bacharach ein emotional sehr bewegender Tag. Er endete mit der Hoffnung, die 1935 in der Grabrede bei der Beerdigung von Abraham Bacharach durch den Hauptlehrer Fritz Kaiser aus Duisburg mit folgenden Worten zum Ausdruck gebracht wurde: „Du warst Frieden, dein Haus war Frieden und alles um dich herum war Frieden. Mögen sich all die Gedanken an den Frieden, nach dem sich die ganze Menschheit sehnt und von dem du ganz erfüllt warst, auf unsere Gemeinschaft übertragen. Und möge er auch die Herzen aller Menschen erreichen“.
15 Kommentare
Hakenkrallen auf Oberleitungen, Brandanschläge gegen Sicherheitsanlagen der Bahn, Anzünden von Fahrzeugen der Polizei, Molotowcocktails gegen Polizisten, gewaltsame Demos mit Steinwürfen sind alles rechte Gewalt ?
Ich habe in Bremen erlebt wie man aus einer Demonstration heraus in der Mütter mit Kindern und Schwangere als „Deckung“ dienten, einen VW-Bus der Bundeswehr angezündet hat und dann versuchte den Wehrpflichtigen am Ausstieg zu hindern. DAS, so kann man heute noch nachlesen, war keine rechte Gewalt. Die Demonstranten waren extra aus Hannover angereist.
Ob Linke = Randbereich Kommunismus der auf dieser Welt genauso viel Opfer verursachte, 0der Rechte. Ich bin gegen jegliche Gewalt. Auch die, die aus unserer Mitte kommt und sich für mich an Versagen der Politik und Machtmissbrauch, Korruption und rigides Handeln gegenüber dem eigenen Bürger darstellt. Der, der das Versagen auch der Justiz ausbaden muss, ist der Polizist der gleichzeitig wie die Soldaten der Bundeswehr dem Täter auch noch Schutz gewähren muss.
Sorry – Gewalt geht gar nicht.
Justizversagen z. B. mehr als 6 Jahre bringt es das Verwaltungsgericht in Kassel nicht fertig, einem Bürgerbegehren einen Termin einzuräumen. Verwaltungsversagen: Schwarzbauten in einem Überflutungsgebiet geduldet, Verstöße gegen Naturschutz nicht geahndet fragen sie mal die Kreisverwaltung in Homberg. Mauern statt Hecken wie im Bebauungsplan fragen sie mal den Bürgermeister von Homberg.
Ihre Kommentare und Aliasse werden immer wirrer.
Mich schaudert es, wenn ich Grünen Wähler sehe. Ein Artillerieangriff lässt mich nur halb soviel schaudern!
Andere Bundesländer andere Sitten.
https://juergenkasek.wordpress.com/2019/05/31/ich-klage-an/?fbclid=IwAR1jT4BHf8Q9x5baEZNQW-hfyp7kLxpNTxvnPHL_uxsGtBR_skTRSLteU_c
Wie war nochmal die Steigerung, auch ja richtig Deutsch, Deutscher, Mustafa.
Man sieht an de Reaktion einiger Leser, durch gesenkte Daumen, dass es nicht verstanden wird, was in den Jahren der Nazi-Diktatur geschehen ist. Wie leicht es wieder geschehen kann wir vor allem in Ostdeutschland aber auch in bestimmten Regionen bei uns deutlich.
Genau. Wer mit Merkels Einwanderungspolitik nicht einverstanden ist und deshalb AfD wählt, der ist auch für den Holocaust.
Das wollten Sie doch sagen, oder? Wundern Sie sich nicht, wenn unsere Gesellschaft durch solche dummen Reden immer weiter gespalten wird und die einfachsten Alltagsprobleme nicht mehr geregelt bekommt.
Mimimi….
Bei den Themen Flüchtlingspolitik und Klimawandel geht es den meisten eh nur den eigenen Wohlstand. Alles für mich aber nichts für andere. Im Sommer 2015 stand Deutschland am Abgrund, sind wir einen Schritt weiter?
Den Holocaust haben Sie ins Spiel gebracht, davon ist nicht die Rede gewesen und macht auch keinen Sinn, den Zusammenhang zu sehen. Aber wenn sich schon die Erregung der deutschen Bürger an einem Kommentar von Mustafa oder der Kandidatur eines FW Politikers so negativ durchschlägt, dann macht das vielen Bürgern Angst. Das sind Deutsche mit türkischer Abstammung die länger hier leben als einige die selbige kritisieren. Viele, wie ich, wollen nur so weiterleben wie bisher, ohne, dass man täglich von irgendwelchen Schmierereien und Hetzte hören muss. Wenn man, wie Sie sagen, die AfD nur wegen der Flüchtlingspolitik wählt, dann kann ich Ihnen das nicht abnehmen. Klar, das interessiert Sie nicht. Mich schon, denn wenn ich mich für etwas entscheide, stehe ich auch zu etwas. Und bei dem was die AfD von sich gibt, ist vieles nicht vereinbar mit unserer freien und demokratischen Grundordnung. Wenn Sie jeden Tag Zeitungen lesen, wird vieles von dem was man liest für die Betroffenen ein Schockerlebnis. Wem das gefällt, er soll sich daran weiden, ich will das aber nicht haben. Ich habe täglich mit Flüchtlingen zu tun, aber die machen mit keine Angst, Angst machen diejenigen, die angeblich vor Fremden Angst haben.
Diese „gesenkten Daumen“ sind einfach mehrmals zu vergeben. Ein Traum für jeden rechten Troll mit mehreren Aliassen.
Tatsächlich könnte man diese mehrfache Stimmenabgabe recht einfach verhindern aber das scheint nicht gewollt zu sein.
Der Gedanke wie schrecklich es gewesen sein muss, lässt einem schaudern. Ein kleiner Ort in dem jeder jeden kannte und vertraute. So war es in jedem Ort in Deutschland und die heutigen Rechten sind die Nachfahren aller Unbelehrbaren.
Das ist wie immer nur meine Meinung und keine Belehrung.
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