Spende für Phase F – Junge Pflege – in Baunatal
BAUNATAL. Wer nach dem Begriff „jung“ googelt, trifft auf viele spannende Wortkombinationen: „jung & schön“, „jung & innovativ“, „jung & engagiert“… Wer jung ist strotzt vor Kraft, hat viel Zukunft vor sich und alles selbst in der Hand!
„Jung & interessiert“ reflektiert Wissensdurst, „jung & naiv“ ist politische Symbolik, „jung & vernetzt“ steht für Miteinander, „jung & alt“ für Denken ohne Generationsgrenzen. Nur wer genauer hinschaut, findet auch Verbindungen wie „jung & freudlos“, den Blog eines psychiatrischen Instituts. Dass es auch junge Menschen gibt, die durch schwere Schicksalsschläge, wie (Auto-) Unfälle, schwere Krankheiten – wie Schlaganfälle, neurologischen Erkrankungen – wie Multiple Sklerose – oder wegen anderer Ursachen pflegebedürftig werden, ist im gesellschaftlichen Bewusstsein wenig präsent.
Wenn Handicaps und Hilfen akzeptiert werden müssen
Als bundesweit erste Wohnpflege-Einrichtung der sogenannten „Phase F“, für „Junge Pflegebedürftige“ zwischen 18 und 65 Jahren, kümmert sich das Gertrudenstift in Baunatal-Großenritte um Menschen, bei denen die rehabilitativen Möglichkeiten erschöpft sind. Menschen, die mit einem Handicap leben und akzeptieren müssen, dass die eigenen Möglichkeiten nicht mehr reichen und sie auf Unterstützung im Alltag angewiesen sind.
Die spezielle und bundesweit immer noch einmalige Einrichtung sorgt, wie Geschäftsführer Friedrich Trapp erklärt, dafür, dass die Alltagsnormalität dennoch weitgehend erhalten bleibt. Die Bewohner der Einrichtung dürfen und sollen musischen oder kreativen Hobbies nachgehen können, auch mal ausschlafen, nicht nach Plan gepflegt werden, sondern unterstützend, ganz so wie es ihrer Lebensphilosophie entspricht. Hier wird Musik gemacht, darf man seinen eigenen Zeitplan haben und selbstverständlich auch Interessen nachgehen.
Mulitprofessionelles Team
Die leitenden Mitarbeiterinnen Sabine Wenger (Wohnbereichsleitung) und Sonja Sinning setzen mit einem Team aus Pflegefachkräften, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Sozialarbeitern und Psychotherapeuten eine bedürfnisorientierte Pflege bei bedarfsgerechter Versorgung um. Die jungen Bewohner wollen nicht wie Patienten behandelt werden, wünschen sich das „Du“ im Umgangston und ein möglichst persönliches Verhältnis. Dass oft Kompromisse nötig sind, gilt nicht nur im Leben außerhalb einer Einrichtung, sondern auch hier.
Schwierig ist es, wenn unzureichende Finanzierung diese Kompromisse verursacht, die eigentlich Einschnitte sind. Wer plötzlich pflegebedürftig wird und noch gar keinen Rentenspruch erarbeitet hat, muss in der Regel mit einem Barbetrag von wenig mehr als 100 Euro auskommen, den Rest zieht der Kostenträger als Beteiligung an den Pflegekosten ein. Für einen Raucher schwer, Kompromisse hinzunehmen. Ein Konzertbesuch wird ganz schwierig. Dass mit dem Verlust der Beweglichkeit auch der Verlust des sozialen Status verbunden ist, müssen Menschen also häufig akzeptieren.
Wenn Hilfen nicht ausreichend finanziert werden
Dass aber auch Hilfsmittel wie Hebelifter und Aufstehhilfen nur unzureichend finanziert werden, weil die Investivkosten im Leistungsentgelt für den Betreiber einer Einrichtung gedeckelt werden, behindert Menschen, die in der Phase F-Einrichtung leben zusätzlich. Und für die Mitarbeiter ist Pflege ohne adäquate Hilfen zeitaufwändig und schwerer. Angesichts des Pflegenotstandes keine schöne Situation.
„Hier sind alle Stellen“ besetzt, freut sich Friedrich Trapp, bei der Übergabe einer Spende der Share Value Stiftung über 6.000 Euro für das Wohnpflegeheim. Dass Pflege in Deutschland gut finanziert ist, will Trapp gar nicht in Zweifel ziehen, aber eine verbleibende Lücke schließt das Haus mit der Unterstützung der Stiftung. Zwei Lifter konnten mit dem Geld angeschafft werden und Oberkirchenrat i.R. Walter Weispfenning konnte sich für die Stiftung davon überzeugen, dass die Mittel gut eingesetzt werden. Daniel Werner (34) – Bewohner im Wohnpflegeheim – zeigte, wie sehr diese Hilfen seinen Alltag erleichtern. Mehr Informationen über die Einrichtung gibt es HIER. (rs)
1 Kommentar
Richtigstellung: Ich, S. Wenger bin Wohnbereichsleitung und keine Einrichtungsleitung.
Kommentare wurden geschlossen.