BORKEN (HESSEN). „Lebensleistung verdient Respekt. Wer 35 Jahre lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat, muss im Alter mehr haben als die Grundsicherung“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Samstag vor den knapp 130 Delegierten auf dem Parteitag des SPD-Unterbezirks Schwalm-Eder im Bürgerhaus Borken.
„Und die Grundrente wird kommen“, betonte Klingbeil entschlossen. Der Gesetzesentwurf für die neue Grundrente soll bis zur Sommerpause vorliegen.
Auf dem Arbeitsmarkt gebe es aktuell weitere Herausforderungen, die einer anderen Sozialstaatspolitik als bisher bedürften, so der SPD-Generalsekretär weiter. Die wirtschaftlichen Veränderungen, besonders getrieben durch die weiter zunehmende Digitalisierung aller Arbeits- und Lebensbereiche, bedeuteten einen immensen Strukturwandel. „Arbeit verändert sich.“ Damit die Bürgerinnen und Bürger angesichts dieser Entwicklungen nicht verunsichert seien oder sich allein gelassen fühlten, sei es Aufgabe des Staates als Partner zu agieren, Brücken zu bauen, Zusammenhalt und Fortschritt miteinander zu verbinden. Die SPD stehe für einen neuen Sozialstaat, sagte Klingbeil, in dem der Staat für die Menschen da sei und nicht umgekehrt.
„Wir müssen für Europa kämpfen“
Im Hinblick auf die Europawahl verdeutlichte Klingbeil, dass man Europa nicht den Rechtspopulisten überlassen dürfe. „Wir müssen um den Zusammenhalt und den Fortschritt in Europa kämpfen.“
Das betonte auch SPD-Europaabgeordnete und Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl, Martina Werner. Europa sei eine Erfolgsgeschichte, die seit mehr als 70 Jahren für Wohlstand und Frieden sorge. Damit dies so bleibe, brauche es eine innovative Industriepolitik, welche die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort verteidige, verdeutlichte Werner. Ein europäischer Mindestlohn und eine europäische Arbeitslosenversicherung gehörten ebenso dazu, wie eine Reform des europäischen Urheberrechts, das Kreative angemessen entschädigt und gleichzeitig ohne Zensur oder Upload-Filter auskommt. Auch eine Unternehmenssteuer für Firmen wie Google, Amazon oder Facebook wolle Werner vorantreiben.
Die Beschlüsse des Europäischen Parlaments wirkten unmittelbar auf die nordhessische Region, verdeutlichte die Niestetalerin. Deshalb sei die Europawahl am 26. Mai für jeden wichtig, dem Solidarität, Gerechtigkeit und Freiheit wichtig seien und der einen weiteren Rechtsruck im EU-Parlament verhindern wolle. „Ich kämpfe für ein solidarisches und geeintes Europa“, so Werner.
Auszeichnung für Gerd Höfer
So wichtig sozialdemokratisches Engagement auf europäischer Ebene ist, so wichtig ist es insbesondere auch auf Kreisebene. Seit 1972 und somit seit fast 50 Jahren engagiert sich Gerd Höfer im Kreistag. Für dieses außergewöhnliche Engagement wurde der ehemalige Bundestagsabgeordnete im Verteidigungsausschuss am Samstag geehrt und zum Ehrenvorsitzenden des SPD-Unterbezirks Schwalm-Eder ernannt. Die Delegierten honorierten die Auszeichnung mit Standing Ovations. Der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Schwalm-Eder, Dr. Edgar Franke, überreichte dem sichtlich gerührten Höfer die entsprechende Urkunde und betonte in seiner Laudatio den unermüdlichen Einsatz Höfers für sozialpolitische Ideale. Höfer selbst zeigte sich weiterhin motiviert: „Es gibt noch jede Menge zu tun – erst für die Europawahl am 26. Mai und anschließend für die Kommunalwahlen im März 2021.“
Auf dem Parteitag in Borken wurde außerdem Carina Jäger aus Fritzlar mit 111 von 119 Stimmen als neue stellvertretende Unterbezirksvorsitzende gewählt. Sie folgt auf Rosa Hamacher, die aufgrund ihres Umzugs von Gudensberg nach Kassel diese Position nicht mehr bekleiden kann.
Hintergrundinformationen
So soll die Grundrente funktionieren
Mit der Grundrente will die SPD Geringverdiener vor Altersarmut schützen, die jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Dafür soll die Rente um einen steuerfinanzierten Zuschlag für Versicherte erhöht werden, die mindestens 35 Jahre „Grundrentenzeiten“ vorweisen können. Das sind Pflichtbeitragszeiten aus Beschäftigung, Kindererziehung und Pflegetätigkeit. Der Zuschlag soll maximal 448 Euro im Monat betragen. Auf diesen Höchstbetrag hat Anspruch, wer stets nur auf Mindestlohnbasis gearbeitet hat.
Eine Friseurin beispielsweise, die 40 Jahre auf dem Niveau des Mindestlohns voll gearbeitet hat, kommt derzeit auf eine monatliche Rente von 512,48 Euro. Mit der Grundrente käme sie künftig auf eine Monatsrente von 960,90 Euro.
Die Grundrente soll ohne Bedürftigkeitsprüfung ermittelt werden. Denn es geht um die Betrachtung jeder einzelnen Person und deren Leben. Davon werden 3 bis 4 Millionen Menschen profitieren können, ein großer Anteil davon sind Frauen. Die Sozialdemokraten erkennen die Lebensleistung von heutigen und künftigen Rentnerinnen und Rentnern an. Deswegen sollen die Regelungen auch für alle gelten.
Jedoch wird die Höherwertung nicht in allen Fällen raus aus der Grundsicherung führen. Darum soll die Grundrente mit Verbesserungen beim Wohngeld und der Einführung eines Freibetrags in der Grundsicherung in Höhe von etwa 125 Euro flankiert werden.
Bereits im Koalitionsvertrag ist festgehalten: Wer ein Erwerbsleben lang gearbeitet hat, der soll auch von seinen Altersbezügen leben können.
Gerd Höfer
Höfer studierte Sport, Physik und Deutsch auf Lehramt für Grund-, Haupt- und Realschulen an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Nach dem ersten Staatsexamen 1969 war er zunächst bis 1970 an der Volksschule in Schrecksbach und anschließend bis zum Eintritt in den Ruhestand im Jahre 2008 an der Schule in Neukirchen, der heutigen Integrierten Gesamtschule „Steinwaldschule“, tätig. Von 1994 bis 2009 war er Mitglied des Deutschen Bundestags.
Von 1972 bis 1974 gehörte er dem Kreistag Ziegenhain an, seit der Gebietsreform 1974 ist er Mitglied im Kreistag des Schwalm-Eder-Kreises. In dieser Zeit hat er in zahlreichen Gremien mitgearbeitet. So war er von 1984 bis 1993 Mitglied des Ältestenrates und von 1984 bis 1985 Mitglied des Haupt- und Finanzausschusses. Von 1982 bis 1993 war er Vorsitzender der SPD-Fraktion.
2016 erhielt Höfer bereits das Verdienstkreuz am Bande für sein sozialpolitisches Engagement. (pm)
3 Kommentare
Die SPD ist von der Realität sehr weit entfernt. Die machen sich bei jeder Gelegenheit größer und vor allen Dingen besser und kompetenter als sie sind. Wacht auf Genossen, ihr seit nur noch eine Randerscheinung ohne eigenes Profil !!!
in welchem jahr soll dann die oder der kanzler wieder von der spd gestellt werden ???
bei der nächsten wahl kann die spd froh sein wenn sie 12% bekommt.
Das die Grundrente nach SPD Vorstellungen kommt ist sicher, wenn nach der nächsten Wahl der/die Bundeskanzler/in von der SPD gestellt wird. Herr Klingbeil sollte erstmal die Europawahlen und die Wahl in Bremen abwarten.
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