KKdLT feiert in der Festhalle
TREYSA. Wenn jemand in der Schwalm Traditionen pflegt, dann immer richtig und mit Leidenschaft! Auch wenn Nordhessen beim Aufzählen deutscher Karnevalshochburgen nicht ganz weit oben steht, muss sich Karneval im Treysa nicht verstecken.
„Das hat durchaus rheinisches Niveau“, sagt jemand, der es aufgrund seiner Herkunft wissen muss: Schwalmstadts neuer Stadtmanager, Achim Nehrenberg. Selbst wenn man nicht bekennender Karnevalsfan ist, reißt das hochwertige und professionell arrangierte Programm einfach mit! Das funktioniert auch bei Bürgermeister Stefan Pinhard:
Keine Stimmungskanone – aber alles andere als humorlos
„Als Stimmungskanone und für große Worte bin ich nicht bekannt“, jedenfalls nicht, „geht es um lange Reden ohne Sinn“, so persiflierte das Stadtoberhaupt seine zahlreichen Kritiker: „Nicht saufen oder viel versprechen, wozu kann man mich gebrauchen? Weil es so ist, habt ihr mich zum Bürgermeister gewählt!“ Jetzt hat er trotzdem den Schlüssel an Prinzessin Sina I aus der Lüneburger Heide und Prinz Christian II vom Grenzebachtal übergeben und damit offiziell Pause bis Aschermittwoch.
Im Karneval in Trees kommen Frohsinn, ausgelassenes Feiern und beißende Kritik an der Politik zusammen, so wie es Tradition in der Fastnacht ist! Das Jahr resümiert im größten Schwalmstädter Stadtteil stets der Johannismann, seit einigen Jahren verkörpert von Doktor Bernd Adam. Der Stadtapotheker von Schwalmstadt hat nicht nur die richtigen Mittel, sondern stets auch die passenden Worte. Die Oberstadt hat er vom Brunnen aus im Blick und staunt, wenn andere, wie Fraktionschef Markus Theis, wenigstens gute Ratschläge haben. Aber die Randalierer kümmert das einen Sch…: „Wenn‘s wieder mal losgeht, dann komm hoch und bringt die Warriers mit“, empfiehlt der Johannismann.
Freie Sicht bis Griechenland
Statt Bankenneubau gibt‘s in Treysa freie Sicht bis Griechenland und statt Bahnsteige zu erhöhen, empfiehlt der Johannesmann das Tieferlegen der Züge durch Schwalm-Speed. Beides verstehen nur die Treeser, aber so individuell ist der Karneval in Treysa, der sich auch nicht in ein Karnevalsschema irgendwelcher Verbände einordnen will. Aber wenn beim lauten „ui, ui, ui, ei, ei, ei“ mal die falsche Tonart erklingt, dann ist auch der Musiker Adam charmant mit einem dezenten: „Na ja…“ ganz wachsam!
Zwischen Trees Alleweil und Harthberg Helau, Einzugsmarsch und Auszugsmarsch, sorgt der ehemalige Spuealer Gründungs-Bassist gerne auch für neue Töne: mit den „Jecken vom Rückstaubecken“ und Matthias Geb an Stimmband und „Versmaß-Band“, ging es um den Diesel-Skandal. „Mein Wagen fährt Diesel“ passt auf „An Tagen wie diesen“ und „Du zapfst da Diesel, das macht man nicht“, passt auf die härtesten Rammstein Töne (Du Hast), die mit den Brüdern Staab (Merlin und Levi) sowie Karl-Heinz Aringer authentisch die Festhalle mit neuen Tönen erbeben ließen!
Sicherheit und Ärzemangel
Wow! Da klatschten selbst die Senioren im Saal mit und trotzdem wurde geschunkelt und am Ende auch Walzer getanzt. Am besten tanzten allerdings die Garden ihre Märsche und Schautanztruppen, wie die Egadis und die Kolibris. Beide brannten ein Feuerwerk aus brillanter Choreografie in schillernden Kostümen ab! Das sucht seinesgleichen in der Region, genauso wie die Büttenredner Udo Lohr (Security im Bundestag) und Kajo Freischem. Der eine kümmert sich um die große Politik („Wenn Merkel die Mutter aller Probleme ist, ist Seehofer der Vater jeder Migräne“), der andere um die unbehandelten Altersleiden der Schwalm („Wenn Du so alt bist, wie Papst Franziskus, dann bete auch für den Meniskus“).
Mit Bedauern hat der ehemalige Schulmeister das Ausscheiden von Zahnarzt Konrad Jacobsen aus Praxis („der Paganini der Bohrmaschine, Hüter meiner Stiftsruine“) – und aus dem aktiven Karneval – zur Kenntnis genommen. Mit der Sitzung am kommenden Samstag nimmt Freischem selbst Abschied von der Bütt. Jenseits der 70 darf man sich zurückziehen: „Im Alter kriegst Du nicht nur Rente, auf der Haut auch noch Pigmente!“
Die Gazellen wirbeln
Und das Highlight? Die Gazellen! DAS Männerballett, diesmal sogar mit Gründungsmitgliedern aus den Anfängen auf der Bühne. Aus einer Wette sind sie einmal entstanden, um zu zeigen, „dass Männer das auch können…“ Es war eine stimmungsvolle Veranstaltung, die am Samstag wiederholt wird. Dafür, dass die Nachfrage an Eintrittskarten auch zukünftig für mehr als zwei Sitzungen reichen wird, sorgt die Qualität der Darbietungen des „Karnevals Komitees der Liedertafel Treysa“ (KKdLT) auch in der Session 2018/2019. (rs)