GÖPPINGEN | MELSUNGEN. Mit einer starken Vorstellung in den ersten 30 Spielminuten, gekrönt von der Sieben-Tore-Führung zur Halbzeitpause (18:11), legte die wiederum dezimierte MT Melsungen den Grundstein zum späteren 30:27 Auswärtssieg über Tabellennachbar Frisch Auf Göppingen in der DKB Handball-Bundesliga.
>Beste Torschützen vor 4.800 Zuschauern in der EWS Arena waren Tobias Reichmann (10/5) für die MT und Marco Rentschler (8/7) für Göppingen. Damit sind die Nordhessen punktgleich mit dem Fünftplatzierten Füchse Berlin und zudem mental gerüstet für den Hit am Donnerstag in der bereits ausverkauften Kasseler Rothenbach-Halle gegen den THW Kiel.
Im Aufeinandertreffen der beiden Tabellennachbarn dauerte es zunächst einige Minuten, bis die Feldspieler Betriebstemperatur erreicht hatten. Sowohl auf Seiten von Gastgeber Frisch Göppingen, mit zwei Punkten ärgster Verfolger vom Sechstplatzierten MT Melsungen, wie auch bei den Nordhessen, waren einzig die Torhüter von Beginn an hellwach. Nebojsa Simic (MT) und Daniel Rebmann (Frisch Auf) wehrten die ersten Würfe von Nemanja Zelenovic und Marcel Schiller, beziehungsweise von Yves Kunkel und Lasse Mikkelsen ab. Erst nach 04:33 absolvierten Minuten brachte Göppingens Halblinker Ivan Sliskovic den Knoten zum Platzen und lochte zum ersten Tor des Tages ein. Und das auch noch mit viel Glück, denn Simic rutschte der Ball knapp durch die Beine. Die Antwort gab kurz darauf der mit nach vorne geeilte Melsunger Abwehrspezialist Philipp Müller.
Den ersten Siebenmeter des Tages holte Felix Danner heraus, der zuvor von Michael Müller mustergültig bedient worden war. Den Strafwurf verwandelte Tobias Reichmann sicher und markierte damit den Auftakt zu einem makellosen 4:0-Lauf. Nach knapp 10 Minuten hatte die MT das Spiel durch das 5:1 eindeutig auf ihre Seite gezogen und sich zur bestimmenden Mannschaft aufgeschwungen. Zum einen, weil die Defensive um die Innenverteidiger Michael Müller, Felix Danner, Philipp Müller und Lasse Mikkelsen gute Arbeit verrichtete, zum anderen weil dahinter mit Nebojsa Simic ein echter Rückhalt agierte. Der MT-Keeper vereitelte zum Beispiel einen von Marcel Schiller geworfener Siebenmeter. Die kurz zuvor vom Frisch Auf Trainer Hartmut Mayerhoffer genommene Auszeit war damit ohne die von den Gastgebern erhoffte Wirkung geblieben.
Nach knapp 11 Minuten war es Nemanja Zelenovic, der von halbrechts den zweiten Treffer für die Grünweißen zum 5:2 erzielte. Danach geriet die MT aufgrund einer Zeitstrafe gegen Michael Müller in Unterzahl. Wobei nach der TV-Zeitlupe selbst der neutrale SKY-Kommentator diese Entscheidung als absolut ungerechtfertigt einstufte. Wie auch immer, die Überzahl nutzte Göppingens Sliskovic per Kempa-Trick, um auf 3:5 zu verkürzen. Vollzählig ging es dann beim 4:6 weiter. Kurz darauf brachte Marco Rentschler den Altmeister auf 5:6 heran.
Die MT aber ließ sich sebst angesichts des schwindenden Vorsprungs nicht aus der Ruhe bringen. Roman Sidorowicz, ohnehin im permanenten Positionswechsel mit Lasse Mikkelsen gefährlicher Unruheherd vor der Hintermannschaft der Hausherren, markierte mit einem sehenswerten Unterarmwurf das 6:9. Es folgte eine Klasseparade von Simic gegen Zelenovic und dann trat wieder Sidorowicz auf den Plan und hämmerte das Spielgerät – diesmal per Sprungwurf – zum 6:10 (18.) in des Gegners Maschen.
Keine Frage, die MT hatte das Spiel voll unter ihrer Kontrolle, ließ die Schwaben in der Folge nur noch dreimal bis auf drei Tore herankommen (7;10, 18.; 8:11, 20.; 9:12, 22. Min.). Das Team von Heiko Grimm zog daraufhin die Zügel weiter an, blieb hinten wie vorne hochkonzentriert bei der Sache. Der Lohn: Ein beeindruckender 5:0-Lauf zum 9:17 (28.). Maßgeblich daran beteiligt: Simic, Reichmann, Sidorowicz und Mikkelsen. Der kleine, dann folgende Schlagabtausch, nur unterbrochen von Melsungens Timeout, führte zu der auch in dieser Höhe für die Nordhessen gerechten 11:18 Halbzeitführung.
Es war klar, dass dies die Hausherren nicht auf sich sitzen lassen wollten. Das wurde schon mit Wiederanpfiff deutlich, als nämlich Göppingen den zu Dreh- und Angelpunkten avancierten Roman Sidorowicz und Lasse Mikkelsen jeweils einen Abwehrspieler “auf die Füße stellte”. Und tatsächlich, diese 4:2-Formation bereitet den Melsungern zunehmend Schwierigkeiten, den sorgsam geknüpften Faden aus Halbzeit eins wieder aufzunehmen.
Das machte sich zunächst aber nicht an der Torbilanz bemerkbar. Denn Mikkelsen (per Schlagwurf), Kunkel (von Linksaußen) und Reichmann (von der Strafwurflinie) behielten jeweils die Nerven und hielten die Grünweißen zumindest bis zum 16:22 (38.) auf Distanz.
Doch Göppingen kam auf, rackerte mehr in der Abwehr und ging auch in der Offensive forscher und zwingender zu Werke. Nicht zuletzt angetrieben von Neu-Nationspieler Sebastian Heymann, der von Halblinks aus mehr und mehr Druck machte. Nach 41 gespielten Minuten waren die Schwaben beim 19:22 erstmalig seit langem wieder in Schlagdistanz. Das schien sie weiter zu beflügeln. Über 21:23 (44.), 22:24 (45.) und 23:24 (47.) gelang es ihnen tatsächlich in der 48. Minute, alles wieder auf Anfang zu stellen. Beim 24:24 stand die Halle Kopf, es schien, als bahne sich eine Wende in dieser Partie an.
Wie konnte das passieren? Auffällig war in dieser Phase: Die Souveränität der MT bröckelte mit jedem selbst zu verantwortenden Fehler. Zwei vergebene Großchancen gegen Frisch Auf Keeper Prost, ein vertändelter Ball in Überzahl, ein Stürmerfoul, ein Fehlpass. Diese “mentalen Ausrutscher” nutzte Göppingen jeweils zu Gegentreffern und erzwang somit 10 Minuten vor Schluss nicht unverdient mit dem 25:25 noch ein weiteres Mal den Gleichstand.
Das Happy End jedoch durfte die MT Melsungen feiern. Entscheidend dafür waren die Paraden in wichtigen Momenten von dem sich zur Höchstform steigernden Johan Sjöstrand und die Übernahme von Verantwortung beim Abschließen von Angriffen durch die an diesem Tage auffälligsten Rotweißen, Mikkelsen, Reichmann und Sidorowicz. Und letztlich war das 30:27 für die Nordhessen – den gesamten Spielverlauf betrachtend – auch vollends verdient.
Heiko Grimm zum Spiel: In der ersten Halbzeit waren wir sehr fokussiert, haben einschließlich Nebojsa Simic als großem Rückhalt sowohl gut verteidigt als auch diszipliniert und sehr geduldig im Angriff gespielt. Es war fast klar, dass es schwer werden würde, diesen deutlich Vorsprung in der zweiten Halbzeit zu verteidigen. Der Druck wird bekanntlich höher und der Gegner probiert auch ungewöhnliche Maßnahmen aus, um nochmal heran zu kommen. Insofern hatte die zweite Halbzeit dann nichts mehr mit Taktik zu tun, sondern hier kam es auf individuelle Fähigkeiten an. Und die haben wir eben auf unserer Seite gezeigt. Ich bin hochzufrieden – nicht nur mit dem Ergebnis, sondern auch mit der mentalen Stärke unserer Mannschaft. Jetzt hat sie sich am Montag eine aktive Regenerationspause verdient. So werden wir bis zum Donnerstag ganz sicher auch wieder über die notwendige Energie verfügen, um den Favoriten aus Kiel zu empfangen. (pm)
Das nächste Spiel:
Do., 28.02.2019, 19:00 Uhr: MT Melsungen – THW Kiel, Rothenbach-Halle Kassel (ausverkauft)