Gemeindevertreter sind lieber Marktflecken und für „Discount-Grundstücke“
FRIELENDORF. 26 (von 31) Gemeindevertreter in Frielendorf befassten sich am Montagabend mit Themen wie Marktflecken, Lebensmittelmarkt, Bauleitplanung, Grundstückspreisen und der Feuerwehr.
Nicht häufig kommen Gäste in die Gemeindevertretung und selten dürfen sie etwas sagen. Anders die Feuerwehr. Gemeindebrandinspektor Christian Nill berichtete im Gemeindeparlament turnusgemäß über die Arbeit der Feuerwehren in der Gemeinde. Die Einsatzabteilungen sind mit 277 Feuerwehrfrauen und -männern seit 2016 konstant und zählen zu den stärksten Feuerwehren im Kreis. Die Nachwuchssorgen sind gering: Die Jugendfeuerwehr ist mit 111 Mitgliedern (76 Jungen, 35 Mädchen) die größte im Altkreis Ziegenhain. 42 Kinder sind außerdem aktiv in der Kinderfeuerwehr. Drei von sieben Musikzügen im Schwalm-Eder-Kreis sind immer noch in Frielendorf daheim.
Das Jahr 2018 war geprägt von Wetter in jeder Form, so Nill. Manchmal gab es zwei Einsätze an einem Tag sowie lange, schwere Einsätze bei den Sturmtiefs Friederike und Burglind, die Frielendorf mehr als beschäftigt haben. Aber auch die Hitze sorgte dafür, dass die Feuerwehren Bremsen an einem THW-Lkw in Schwalmstadt kühlen mussten. Zu Beginn des Jahres Beginn irritierte eine Brandserie mit Feuer in Mülltonnen oder Altkleidercontainer den Kernort, die plötzlich zu Ende ging, ohne dass ein Täter gefasst wurde.
Kurioses und Anstrengendes
Der Kurioseste Einsatz war ein Lkw, der Brandgut verloren hatte und schon in Ziegenhain gelöscht wurde, später in Frielendorf „Rutschiges“ verlor. Am Silbersee brannte es in einem Wäldchen, was Tausende Liter Wasser erforderte, damit kein wochenlanger Schwelbrand durch Kohle entsteht. Der längste Einsatz fand nicht in Frielendorf, sondern bei der Gasexplosion in Wallenstein mit insgesamt 500 Einsatzkräften statt. Insgesamt gab es 73 Einsätze, davon 28 technische Hilfeleistungen, neun Fehlalarme, gerne durch Brandmeldeanlagen, aber auch 14 Brandsicherheitsdienste, wie am Himmelfahrtsmarkt, beim Silberseetriathlon und anderen Veranstaltungen.
Geübt wurde in der Klosterkirche, auf dem Silbersee-Eis (eine Rettung) und in einem Kurs mit Motorkettensägen. Ein neuer Einsatzleitwagen erleichtert die Koordinierung und in Leuderode löscht jetzt ein Tragkraftspritzenwagen mit 900 Litern Wasser an Bord. Die neue Alarmierung der nächstgelegenen Wehren – über kommunale Grenzen hinweg – hat sich bewährt. Die Feuerwehr ist damit schneller geworden. Die Fusion der Feuerwehren in Leimsfeld und Schönborn ist wegweisend, aber keine Blaupause, wie Nill betont. Die Zukunftsplanung wird zukünftig gesteuert durch einen Bedarfs- und Entwicklungsplan, ohne den es keine Zuschüsse mehr gibt und den die Gemeindevertretung demnächst verabschieden muss. Dort wird das Fusionsthema vermutlich erneut aufgegriffen: „Das geht nur, wenn beide das von sich aus wollen“, weiß Nill.
Weiterhin solide, sparsam und interkommunal
Die auflagenfreie Genehmigung des Haushalts 2019 durch das Regierungspräsidium Kassel erfreute die Volksvertreter der Silberseegemeinde. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, sagte Bürgermeister Thorsten Vaupel. Die Haushaltsplanung sei nicht ohne Risiken. Hohe Abschreibungen von 18,2 Prozent – bedingt durch frühere, hohe Investitionen (zum Beispiel Kanal und Wasser) – belasten, vor allem, weil Konjunkturdellen absehbar sind. Es gelte jetzt, mit einer halben Million Überschuss die Rücklagen zu erhöhen, so der Bürgermeister. Alle Investitionen können aktuell übrigens ohne Kredite finanziert werden.
Trotzdem mussten außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen gemäß § 100 HGO genehmigt werden. Höchste Position war die Erneuerung des Regenwasserkanals in der Frankfurter Straße in Verna mit 25.000 Euro.
Nachdem die Öffentlich-rechtliche Vereinbarung zur Interkommunalen Zusammenarbeit mehrerer Kommunen im Bereich Finanzen (Gemeindekasse) zunächst nur zwischen der Kreisstadt Homberg (Efze) und der Gemeinde Frielendorf geschlossen wurde, stimmten die Gemeindevertreter jetzt einstimmig dafür, mit Schwarzenborn ein Triumvirat zu bilden. Ein Quartett mit Knüllwald wäre ein schönes Ziel und spart allen Geld.
Nicht zurück ins, aber wie im Mittelalter: „Marktflecken“
Frielendorf, so Bürgermeister Vaupel, ist in einer Sandwichposition zwischen der Reformationsstadt Homberg und der Konfirmationsstadt Schwalmstadt und fühlt sich da unwohl? Das Beste im Sandwich findet sich aber in der Mitte zwischen den Toastbrotscheiben. Frielendorf hatte im Mittelalter einst vier Märkte im Jahr und durfte sich damals schon Marktflecken nennen. Jetzt, angesichts des anstehenden 325. historischen Himmelfahrtsmarkt-Geburtstages im Jahr 2019 (Privilegienverleihung aus dem Jahr 1694), stimmte das Gemeindeparlament einstimmig dafür, dass die Gemeinde beim Land Hessen die Zusatzbezeichnung Marktflecken beantragt.
Apropos Markt: Die Verlagerung des Edeka-Marktes nimmt nur langsam Formen an, jetzt – auch weil das Möbelhaus Hämel eine Veränderung seines Gebäudebestandes plant -, wurden einstimmig die Altflächen in den Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplanes mit aufgenommen. Zurzeit wird ein Einzelhandelsgutachten erstellt, ohne das die Bauleitplanung nicht möglich ist.
Die Gemeindevertreter entschieden außerdem im Bebauungsplan „Die unteren Wehlinge“ einstimmig unter anderem über die Verlegung von Telekommunikationslinien und von Grenzen sowie über die Einziehung eines Feldweges in Großropperhausen.
Grundstücke für 23,55 statt 35,58 Euro: Besser billig als Ladenhüter?
Die SPD-Fraktion beantrage die Herabsetzung des Grundstückskaufpreises für das Baugebiet „Lücksenwiesen“ im Ortsteil Leimsfeld um 30 Prozent, um jungen Familien das Bauen zu erleichtern. Da war prompt das Sandwich wieder: Aktivitäten in den Nachbarstädten Homberg und Schwalmstadt, so Fraktionsvorsitzender Gerhard Pflug, sollten Frielendorf aufhorchen lassen. Der Haupt- und Finanzausschuss (HaFi) beantragte dazu einstimmig, weitere Grundstücke und Flächen mit ähnlicher Problematik zu identifizieren. Da noch kein Grundstück für 35,58 Euro pro Quadratmeter verkauft ist, würde auch niemand bei zukünftig 23,55 Euro benachteiligt, so die SPD.
FWG sieht das kritisch. Man hätte wissen müssen, dass im Sumpf keiner baut und es sei falsch, jetzt Grund und Boden zu verschleudern. Auf keinen Fall dürfen andere, ähnliche Grundstücke schlechter gestellt werden. Die Grundstücke, so Martin Döhrer, seien viel zu groß und daher nicht marktfähig. Heute würden kleinere Grundstücke gesucht. Gerhard Pflug erwiderte, dass die Flächen wegen der Topografie und des Zuschnitts nicht kleiner möglich sind. Vielleicht war auch nur die Werbung schlecht, stellten die Freien Wähler noch fest und wollten nicht einheitlich stimmen. Karsten Meiser erläuterte für die CDU, dass es sinnvoll sei, 15 Jahre lang nicht verkaufte Grundstücke billiger zu verkaufen. Am Ende stimmten doch 23 Abgeordnete bei 2 Enthaltungen dem SPD-Antrag zu.
IKEK und andere Maßnahmen
Bürgermeister Thorsten Vaupel informierte über den Stand und den Fortgang von Bau- und Infrastrukturmaßnahmen. Der Förderantrag für eine Verbindung zur Hauptstraße ist eingegangen. Zur Umgestaltung des Marktplatzes werden Gespräche geplant. Die Spieskappeler warten noch immer auf den Abriss der alten Gaststätte, einem Schandfleck im Ort. Das alte Gefrierhaus in Leimsfeld darf hingegen abgerissen werden. Im Gewerbegebiet am Hollenbach wird eine neue Straße durch die Firma Gringel gebaut.
Kompass für die Sicherheit – keine Fragen mehr…
Die Gemeinde plant eine Teilnahme am Sicherheitskonzept KOMPASS der Polizei, um einen Präventionsrat bilden zu können und ein individuelles Sicherheitskonzept zu erstellen. Auch das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung soll dabei ermittelt werden.
Der Runde Tisch zum Thema hausärztliche Versorgung berät über den Aufbau von Diensten durch medizinisch geschultes Personal. Die Gemeindeschwester kehrt womöglich zurück. Bürger hatten in der Bürgersprechstunde erneut keine Fragen. (Rainer Sander)