ALSFELD. Zur Reduzierung von Verkehrsunfällen besteht seit über vier Jahren ein Tempolimit auf der Autobahn 5 bei Alsfeld. Am 20. Juni 2014 ist die Geschwindigkeit in Richtung Kassel auf 120 Stundenkilometer beschränkt worden.
Wie die zuständige Verkehrsbehörde Hessen Mobil damals mitteilte, wurde der Streckenabschnitt zwischen den Alsfelder Anschlussstellen bei einer Untersuchung als Unfallhäufungsstelle erkannt. „Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit wurde die Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h angeordnet“, so die Behörde im Jahr 2014. Auf einer Länge von 1,8 Kilometern deklarieren seitdem insgesamt sechs Verkehrsschilder den geschwindigkeitsbeschränkten Bereich, zwischen den Autobahnkilometern 395,1 und 393,3. Wie Hessen Mobil damals informierte, sollte das Tempolimit zeitlich beschränkt gelten. „Die verkehrsbehördliche Anordnung für die Geschwindigkeitsbegrenzung ist bis zu dem Zeitpunkt befristet, an dem eine geplante temporäre Seitenstreifenfreigabe in diesem Abschnitt in Betrieb genommen wird“, so die damalige Aussage.
Nun, mehr als vier Jahre später, nannte Hessen Mobil das Ende des 2. Quartals 2019 als vorgesehene Inbetriebnahme. Mit gleicher Mitteilung bezog die Behörde Stellung zu den Auswirkungen des angeordneten und nach wie vor bestehenden Tempolimits. „Seit der Anordnung ist die Anzahl der Verkehrsunfälle zurückgegangen, aus welchem Grund sich die straßenverkehrsrechtliche Maßnahme als temporär wirksam bewährt hat“, so Hessen Mobil. Laut den Angaben der Behörde ist der Bereich jedoch weiter als unfallauffällig eingestuft, es wurde nur ein geringer Rückgang der Unfälle festgestellt. Hessen Mobil hofft nun durch die Inbetriebnahme der temporären Seitenstreifenfreigabe auf eine Harmonisierung des Verkehrsflusses in den Zeiten, in denen die meisten Unfälle dokumentiert wurden. Dazu nennt die Behörde die Spitzentage von Donnerstag bis Samstag, so passierten 30 Prozent der Unfälle freitags zwischen 12 und 17 Uhr, 11 Prozent der Unfälle donnerstags zwischen 14 und 18:30 Uhr und 11 Prozent der Unfälle samstags zwischen 9 und 13 Uhr. Zur Unfallauswertung sagte Hessen Mobil zudem, dass die Mehrzahl der erfassten Unfälle sich im Bereich einer unübersichtlichen Kuppe sowie durch nicht angepasste Geschwindigkeit und ungenügenden Sicherheitsabstand ereignet haben.
Offensichtlichen Spielraum für Interpretationen lässt die behördliche Dokumentation für Verkehrsunfälle auf diesem Streckenabschnitt zu. Hessen Mobil beziffert die Unfälle in den Jahren 2012 und 2013 auf 20 und in den Jahren 2013 und 2014 auf 13. Nach der Einführung des Tempolimits bezifferte Hessen Mobil die Unfälle in den Jahren 2014 und 2015 auf 25, in den Jahren 2015 und 2015 auf 24 und in den Jahren 2016 und 2017 auf 18. Eine Interpretation der Zunahme der Verkehrsunfälle nach der Einführung des Tempolimits bezeichnete Hessen Mobil auf Nachfrage als richtig, verwies jedoch auf den Einfluss einer größeren Baustellenverkehrsführung im Zeitraum der Unfallauswertung. „Trotz einer ersten Zunahme der Unfallzahlen ist dann ein Rückgang festzustellen, der unter Berücksichtigung des Einflusses einer weiteren Baustelle als noch stärker ausgeprägt zu bezeichnen wäre“, so die Behörde stellungnehmend.
Das Polizeipräsidium Osthessen beziffert die Verkehrsunfälle in diesem Streckenabschnitt im Jahr 2011 auf 50, im Jahr 2012 auf 56, im Jahr 2013 auf 34, im Jahr 2014 auf 39, im Jahr 2015 auf 51, im Jahr 2016 auf 49, im Jahr 2017 auf 50 und im Jahr 2018 auf 32. „Trotz der Geschwindigkeitsbeschränkung ab 2014 sind die Unfallzahlen nicht spürbar zurückgegangen“, so ein Sprecher des Präsidiums. Laut seinen Angaben ist das Jahr 2018 jedoch die Ausnahme, woran das liegt, könne nicht pauschal gesagt werden. Die Hauptunfallursache war laut Polizeiangaben „ungenügender Sicherheitsabstand“. Die Statistik der Polizei weist den 1,8 Kilometer langen Streckenabschnitt seit dem Jahr 2012 als Unfallhäufungsstelle aus. Seitdem ereigneten sich insgesamt 311 Verkehrsunfälle, bei denen 95 Menschen verletzt wurden. Die Summe der dadurch entstandenen Sachschäden konnte die Polizei nicht beziffern. (pw)
29 Kommentare
Die Einzigen die sich in diesem Abschnitt an das Tempolimit halten, sind die LKW’s, weil sie nicht schneller fahren können.
Wenn man Vorschriften, Verbote usw. ins Leben ruft, dann sollte man diese auch kontrollieren können. Dank der jahrelangen
hessischen Einsparmaßnahmen ist das nahezu unmöglich geworden…
Also kommen wir wohl zu dem Schluss, dass nichts ohne Regeln funktioniert und es keinen vernünftigen Grund gegen ein Tempolimit gibt.
Die Studie von der A24 kommt übrigens zum Ergebnis, dass die Zahl der Unfälle um ca. 30% zurück geht (finde ich persönlich nicht so wenig). Ebenso die Zahl der Getöteten. Die Kostenersparnis liegt bei jährlich rund 5 Mio Euro durch geringere Unfallkosten allein auf dem 64 km langen Teilstück. Das mal auf alle Autobahnen hochgerechnet ergibt schon ein bisschen was. Mit sinkenden Versicherungsbeiträgen ist dann wohl auch zu rechnen.
Eigenverantwortung scheint für viele hier ein Fremdwort zu sein. Sie sollten Ihren Mitbürgern mehr Vertrauen schenken, Was ist das eigentlich für ein Menschenbild zu glauben, das es nur mit Verboten, Kontrollen und Strafen vernünftiges Verhalten gibt. Zum Tempolimit verweise ich auf diverse Statistiken im Internet die zeigen, dass ein generelles Tempolimit nur einen minimalen Beitrag zur Sicherheit im Verkehr beitragen würde.
Die diversen Unterstellungen z.B gegen Polizisten die in meine Kommentare hinein interpretiert werden weise ich zuück. Ich habe auch mit keinem Wort eine der derzeitigen Regelungen zum Verkehr infrage gestellt, wie mir unterstellt wird..
Bei der Eigenverantwortung bin ich nicht so optimistisch. Wie wenig es davon gibt sieht in nahezu jedem Stau. Stichwort Rettungsgasse. Oder auch beim Thema Abstand.
Dazu kommt, dass viele der Schnellfahrer sich stark selbst überschätzen und bei kritischen Situationen nicht richtig reagieren. Gerade erst am Wochenende erlebt: Verunfalltes Auto liegt Nachts unabgesichert auf der A7 auf der linken Spur auf dem Dach. Die Insassen sind noch drin. Wenn da jemand mit 200 oder mehr angeschossen gekommen wäre, dann hätte der überhaupt keine Reaktionsmöglichkeit gehabt und es hätte Tote gegeben. Es reicht bei so einem Tempo aber auch schon eine Wildsau für ein Massaker. Da kachelt man dann ungebremst rein.
Aber das Risiko liegt auch auf der anderen Seite. Ich bin mit teilweise mehr als 60.000 Autobahnkilometer ganz sicher kein unerfahrener Fahrer. Aber auch mir ist das schon passiert dass ich nach links ausgeschert bin und die Geschwindigkeit eines Autos auf der linken Spur unterschätzt habe. Und genau das ist die Situation aus der schwerste Unfälle passieren.
Das auf Landstraßen mehr Unfälle passieren ist zwei Tatsachen geschuldet: Gegenverkehr und Kreuzungen. Das kann aber doch kein Grund sei, die Unfallzahlen auf den Autobahnen zu senken. Übrigens: Jeder Autobahn-Unfall hat massiv negativen Einfluss auf den Verkehrsfluss. Langsamer ist eben doch schneller.
Man handelt im Straßenverkehr übrigens nicht nur für sich verantwortlich, sondern auch für alle anderen Verkehrsteilnehmer die man durch die hohe Geschwindigkeit gefährdet. Und das für ein Stück imaginäre Freiheit?
Und zum Schluss: Immer wenn ma mal wieder im Ausland unterwegs ist, merkt man wie viel weniger stressig das Fahren dort ist.
Danke für diesen wirklich vernünftigen und sinnvollen Beitrag!
So ziemlich jeder, der schon mal im Ausland unterwegs war, wird Ihnen zustimmen. Die Tatsache, dass bei uns rund 12% der Verkehrstoten auf Autobahnen zu beklagen sind, in den Nachbarländern jedoch nur durchschnittlich 8% zeigt das deutlich.
Hat man einmal eine Gefahren Situation erlebt, weiß man, wieviel jeder Meter Bremsweg ist.
Und immer noch vermisse ich das vernünftige Argument gegen das Tempolimit. Aber plötzlich geht es auch nicht mehr so sehr darum?
Aber genau darüber diskutieren wir doch hier. Entweder man trägt konstruktiv dazu bei oder man schreibt besser nichts dazu. Aber statt dessen diskriminieren Sie auch noch eine gesamte Bevölkerungsgruppe in dem Sie behaupten, alle Übergewichtigen würden stinken. Sorry, aber damit haben Sie sich gerade selbst disqualifiziert.
Sorry, das war @Frank!
Ihrer Argumentation nach müssten die Autobahnpolizisten aller Dienstgrade auch ideologisch verblendet sein. Die fordern nämlich schon lange ein Tempolimit weil sie tagtäglich schwere Unfälle auf Grund der großen Geschwindigkeitsunterschiede erleben.
Nach Frank’s Logik brauchen wir ja auch keine Polizisten mehr, denn alle die einen Führerschein besitzen sind offenbar erwachsen und eigenverantwortlich.
@ Frank, da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Den Umgang mit der Freiheit sieht man bei Alkohol- und Drogenfahrten, dort gibt es die bekannten Beschränkungen und trotzdem werden täglich Sünder dieser Kategorie erwischt, manchmal erst nach einem Unfall oder einer zusätzlichen Fahrerflucht. Natürlich bin ich selber schon geblitzt worden oder bei Abstandskontrollen aufgefallen, mich hat das auch geärgert, aber ein Rechtsstaat muss Regeln haben, sonst funktioniert das System nicht, schon überhaupt nicht bei der Verkehrsdichte.
Daumen hoch, Frank! Schließlich kann ja jeder selbst entscheiden, wie schnell er fahren kann. Dann könnte man auch gleich sämtliche Tempolimits aufheben und jeder entscheidet selbst nach eigenem Ermessen.
Dann fahren auf jeden Fall eine Menge Menschen zur Hölle.
Genau Frank! Wie erwachsen und eigenverantwortlich kann man jeden Tag auf den Straßen sehen. Nennen Sie nur ein einziges, vernünftiges Argument gegen das Tempolimit. Aber verschonen Sie uns bitte mit Sprüchen von Freiheit und Individualität. Andere zu gefährden hat für mich nichts mit Freiheit zu tun.
Ob dabei die Verkehrsdichte berücksichtigt wurde, ist nicht erkennbar. Dies ist aber von entscheidender Bedeutung. Zudem, wie schon gesagt, eigentlich keine Aussagekraft da es sich um einen Unfallschwerpunkt handelt. Tempolimits führen zu weniger Unfällen und weniger schweren Unfallfolgen. Alles andere wäre ja auch mit dem gesunden Menschenverstand nicht zu vereinbaren.
Leider lässt sich daraus nicht wirklich viel erkennen. Der Abschnitt ist zum einen viel zu kurz und die Tatsache, dass es sich um einen Unfallschwerpunkt handelt macht es für einen Vergleich mit unbeschränkten Abschnitten unmöglich. Interessant wäre aber die Anzahl der tödlichen Unfälle. Sie müsste ja deutlich zurück gegangen sein.
Meiner Meinung nach hilft diese Studie bei der Diskussion um ein generelles Tempolimit wenig bis gar nicht. Die Studie von der A24 hingegen ist da deutlich aussagekräftiger und spricht eindeutig für die Einführung.
Wenn nun ein deutschlandweites Tempolimit von 130 Km/h kommt, wird dann das Tempolimit von 120Km/h auf der A5 aufgehoben genauso wie vielerorts 80 und 100 Km/h Limits mit einem generellen Tempolimit aufgehoben werden müssten?
Wenn wir ein Limit von 130 km/h bekommen kann man in Deutschland endlich mal zügig auf Autobahnen fahren anstatt ständig mit 100 Km/h aufgrund der Tempolimits rumkriechen zu müssen.
Habe ich das richtig verstanden: die Zahl der Unfälle hat seit Einführung des Tempolimits zugenommen, aber Hessen Mobil nennt das ‚die Zahl der Unfälle hat angenommen‘?
Vielen Dank für diesen Artikel und die darin enthaltenen Statistiken. Mit diesen Zahlen und den Zusatzinformationen (Baustelle, unfallreichste Zeiträume) ergibt sich unabhängig von Hessen Mobils Interpretation der Zahlen ein ganz gutes Bild.
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