hr Aufzeichnung: Nordhessens Karneval in Baunatal
NORDHESSEN | BAUNATAL. Gerade erst haben wir die Weihnachtsbäume verschrottet, stellte Sitzungspräsident Dietrich Geißer von der Großenritter Carnevals Gemeinschaft (GCG) fest – und schon ist wieder Karneval. Das Nordhessen Karneval kann, beweisen 25 Karnevalsvereine der IKN (Interessengemeinschaft Karneval Nordhesssen) in ihren Heimatorten eindrucksvoll und einmal im Jahr sogar beim Hessischen Rundfunk (hr).
Der hr hatte – wie immer – in die Baunataler Stadthalle geladen. Gekommen waren 14 Prinzenpaare, mit ihnen die Creme nordhessischer Karnevalisten. Die haben ihren eigenen Humor und längst ihre eigene, spezielle Art, zwischen Eder und Werra, Schwalm und Diemel, die 5. Jahreszeit zu feiern.
Am 16. Februar um 20:15 Uhr mit dem Fulle-Fischer auf Sendung
Neun Nordhessen, beziehungsweise nordhessische Gruppen bewiesen das eindrucksvoll. Zum Beispiel der Fulle Fischer Marcus Leitschuh, macht mit konstant feinsinnigem Humor Jahr für Jahr den Auftakt der Büttenredner und gibt damit die Richtung vor. Zur Landtagswahl gab es auch eine neue Verfassung, erinnert sich der engagierte Christ, im Hauptberuf Lehrer, in der Freizeit – wenn er nicht irgendwo als Kabarettist oder Karnevalist auftritt – Kommunalpolitiker. Das muss sich gar nicht widersprechen. Sport steht jetzt statt Todesstrafe als Verfassungsziel festgeschrieben. Wenn die Frau daheim Übergewicht feststellt, kann sie sagen: „Schau in die Verfassung, Du hast das Staatsziel nicht erreicht!“ Der Fulle Fischer spricht den 600 Karnevalisten und sicher dem Fernsehpublikum am 16. Februar 20:15 Uhr aus der Seele: „Wer Dieselkraftstoff tut verfluchen, darf niemals eine Kreuzfahrt buchen“ und „es wird Zeit, dass Angela Merkel in Istanbul eine Kirche einweiht“.
Kanzleramtschef Helge Braun, aus Mittelhessen, war mal Anästhesist, hat Menschen schmerzfrei gemacht. Bei Angela Merkel sieht man, dass er es noch kann. Die Merkel werden viele noch vermissen und „Kramp-Karrenbauer muss weg!“, kriegt die AFD nicht fehlerfrei auf ein Plakat…
Lufthoheit für nordhessische Garden
Nordhessische Tanzkunst beherrschen die mehrfachen deutschen Meister aus Baunatal. Zum ersten Mal traten die Rittergarde, die Prinzengarde und die Stadtgarde der gastgebenden GCG – mit 52 Tänzerinnen – gemeinsam auf! Eine sehenswerte Vorstellung, wie auch der Schautanz der Prinzengarde. Aus Besse kamen Jette und Swea, die als Doppelmariechen das Publikum von den Stühlen rissen. Sie wirbelten über die Bühne und flogen durch die Luft, als wäre die Schwerkraft aufgehoben. Zusammen mit der gemischten Tanzgruppe der TSC Herkules aus Kassel übernahmen sie die „Lufthoheit“ in der Baunataler Stadthalle.
Nordhessen ist größer geworden!
Erstaunlich ist doch die offensichtliche Expansionskraft Nordhessens. Es ist mehr als karnevalistischer Humor, wenn Hanau (Kombo Karneval), Butzbach (Tanzgruppe Remix), Gelnhausen (Ulli Roth), Linsengericht (Marie & Siegbert Schöpplöffel), Reiskirchen (BKF Traumtänzer), Heidenroth (Günter Raupach) und Niederrohrdorf/Kanton Aargau (Peter Löhmann) plötzlich in Nordhessen liegen. Alle Achtung, da bleibt für Südhessen nur noch Frankfurt übrig, wo der Sender zuhause ist, denn selbst das südlich von Frankfurt gelegene Eppertshausen (Ciro Visone) ist aus Sicht des Hessischen Rundfunks Nordhessen. Da können wir hier oben doch mächtig stolz sein!
Von 19 auftretenden Gruppen kamen 9 aus dem nordhessischen Kernland, 9 nicht. Fehlt einer? Stimmt! Der Ballermann-Star Mike der Bademeister wohnt in Korbach. Die Menschen am Oberlauf der Eder betonen gerne, keine Nordhessen, sondern Waldecker zu sein. Natürlich gehört der gebürtige Schwälmer in der Seele aber dazu! Nur, wenn Gunter Raupach bei IKEA einkauft und über die A66 mit Homberger Kennzeichen heimfährt, dann war er nicht in Nordhessen. Hier fährt man über die A49 von Kassel aus zurück „Hinters Ratio“ (HR).
Tante Lilli: Zicke zacke, hoch die Stracke!
Nicht an den vielen Kameras störten sich alte Hasen wie Tante Lilli, die am liebsten Urlaub in Nordhessen macht, weil da der Humor zuhause ist: in jedem Keller findet man welchen! Aber auch das kulinarische nordhessische Wahrzeichen: „Zicke zacke, hoch die Stracke, ich ess‘ so gerne Ahle Wurscht…“, so die neue Hymne für die Region. Wenigstens aus Kassels thüringischer Partnerstadt Arnstadt, kam Isabel Arnold, alias HüperBel, die weiß: „Alle Schönheit geht vorbei, Dummheit, die bleibt treu…“ Humor aber auch und über die südhessischen Gäste schauen wir am 16. Februar zu bester Sendezeit hinweg. In Frankfurt hält sich die Meinung, dass echter Karneval nur „verdünnt“ von hier kommen kann. (rs)