SCHWALMSTADT. Erinnern Sie sich an die Zeit, als über Manta-Fahrer, „Friseusen“ und Blondinen in Zeitungen, Büchern und Filmen wie „Manta Manta“ „liebevoll“ mit Witzen gespottet wurde?
Ja? So zum Beispiel: Auf der Entbindungsstation fragt die erschöpfte Friseuse: „Wie sieht er denn aus, mein kleiner Junge?“ Die Hebamme: „Zehn Zentimeter Kopf und der Rest Cowboystiefel…“
Friseurinnen müssen seit Jahren auch immer dann herhalten, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht. Michael Sommer vom DGB sprach oft von der geplagten „Friseurin aus Thüringen“, bevor es um die Einführung des Mindestlohns ging. Den haben wir jetzt, mit verlockender Aussicht auf Altersarmut. Guido Westerwelle war davon überzeugt, dass ein Hartz IV-Empfänger (noch) weniger haben muss, als die Pflegerin, die Kellnerin oder eben die Friseurin. Arbeit müsse sich lohnen! Wir haben dank der Überzeugung, dass diese Berufsgruppen nur auf die vorletzte Stufe gehören, also jemand noch weniger haben muss, nun kaum noch Menschen, die in der Pflege arbeiten möchten.
Millionen Menschen erfahren Jahr für Jahr von der Rentenversicherung, wie viel Rente sie sich bereits erarbeitet haben, und wie hoch sie sein wird, wenn sie bis zum Erreichen des Renten-Eintrittsalters – wie bisher – weiter einzahlen. Millionen Arbeitnehmer realisieren also lange vor der „Deadline“, dass es als Rentner mächtig dünn bis aussichtslos wird. Wenn eine Friseurin tatsächlich 35 Jahre lang mit Mindestlohn arbeitet, kann sie sie sich schon früh darauf vorbereiten, wie man den Grundsicherung-Antrag ausfüllt, weil es mit 514 Euro einfach nicht reichen wird.
So ähnlich hat’s Hubertus Heil erklärt und prompt haben Christian Lindner & Co gekontert. Der neueste Friseusen-Witz beginnt mit den Worten: „Eine Frau, die 35 Jahre lang als Friseuse gearbeitet hat, besitzt 1 Million!“ Ein Satz, der die Rentendiskussion entscheidend beeinflussen soll. Wie viele Geringverdiener werden das sein, die im Alter in Saus und Braus leben? Für diese Handvoll demütigen wir den Rest mit Offenlegung der Verhältnisse und schaffen einen Verwaltungsapparat, der teurer ist, als das, was er einsparen könnte? Alle Achtung!
Gleichzeitig erklären wir stets unseren Kindern, dass jede Arbeit den gleichen Stellenwert hat. Wir brauchen diejenigen, die die Straße kehren genauso, wie die Friseurin, die uns die Haare schneidet, den Arbeiter, der Autos baut, die Ärztin, die uns behandelt, den Politiker, der Gesetze macht, die Geschäftsführerin, die eine Firma führt und den Unternehmer, der sich traut, eine solche zu gründen, Arbeitsplätze schafft und Steuereinnahmen generiert.
Sind es 98 oder gar 99 % aller Menschen, die – ob für ein hohes oder ein niedriges Einkommen – immer irgendetwas arbeiten, Kinder erziehen oder es tun würden, wenn sie durchgehend Jobs fänden. Denen erklären wir am Ende des Arbeitslebens, dass es aber nicht jeder wert ist, dann noch ausreichend Geld zum Leben zu bekommen, sondern nur diejenigen, die auch nachweisen können, dass sie bedürftig sind? Das hat etwas mit Wertschätzung, mit Achtung zu tun, die diejenigen vermissen, die arbeiten und bei denen es mit 67 dann nicht mehr hinhaut. Das sind auch die, die deshalb ganz blöde Parteien wählen oder Demokratie doof finden.
Was ist so schwer daran, auch alle an der solidarischen Altersversorgung zu beteiligen, die selbständig oder verbeamtet sind, gleichzeitig – neben der vorhandenen Höchstrente – eine Mindestrente festzulegen und das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu knüpfen? Für den Rest sorgt jeder selbst! Noch einen Manta-Witz? „Was bleibt von einem Manta-Fahrer übrig, der mit 160 vor einen Brückenpfeiler rauscht?“ Antwort: „Ein Goldkettchen und eine heulende Friseuse.“ Die reich erbt? Nur ein Klischee…
Ihr
Rainer Sander
4 Kommentare
Mein Klassenlehrer damals propagierte immer ein System, bei dem jedem ein für alle festgelegter Prozentsatz vom Lohn/Gehalt abgezogen wird und vom Auszahlungsbetrag gleichmäßig auf alle Rentner verteilt wird.
Mehrverdiener „verlieren“ in diesem Sinne Geld, aber das Gesamtsystem würde dadurch profitieren. Meiner Meinung nach, ein gerechteres Modell als das Aktuelle.
Jagut, der war vor seiner Lehrertätigkeit Berufssoldat. Und im Grunde funktioniert ja unser Krankensystem genauso, außer dass es eine Beitragsbemessungsgrenze gibt (was ich auch nicht gerecht finde). Genauso sollte meiner Meinung nach die gesetzliche Rente funktionieren. Ich selbst würde davon wohl nicht profitieren.
Übrigens konnte man das Organ meines Klassenlehrers quer über den Schulhof durch geschlossene Fenster höhren, wenn andere Lehrer aufgelöst zu uns in den Unterricht stolperten und ihre Klasse nicht mehr in den Griff bekamen.
Das sind doch immer die gleichen Themen die im Wahlkampf hochkochen. Dann aber wieder in der Versenkung verschwinden. Aufgewärmte olle Kamellen – leider.
Ist wie mit der Größe der Parlamente. Die sollen seit ewigen Zeiten verkleinert werden. Passieren tut nichts. Oder das Korruptionsgesetz das man für MdB geschaffen hat: Zahnlos weil man den Nachweis erbringen muss das der Abgeordnete von sich aus tätig wurde.
Oder der angeblich schwarze Haushalt in Hessen. Da schiebt man eine Menge an Schulden in die landeseigenen Unternehmen, die häufen dann die Schulden an. Versehen mit Bürgschaften des Landes.
Bürgschaften sind ja keine Schulden und tauchen deswegen nicht im Haushalt auf.
Wer führt die Aufsicht über diese Betriebe oder steht an der Spitze ? Staatssekretäre oder Minister.
Da ist doch dann alles in trockenen Tüchern.
Und der Verfassungsschutz in Hessen und in der ganzen Republik? Der ist der Verfassung nicht verpflichtet. der legt nur offen was er möchte.
Soweit zu einer Demokratie die eine solche nicht ist !
Fragt doch mal nach, wie die Bilanz des Airport Kassel aussieht, wie die Aufschlüsselung der PAX aussieht.
Oder wie man bei dem Hessentag die Besucherzahlen ermittelt. Denn meines Wissens nach werden die schon bei der Vergabe festgelegt.
Mal drüber nachgedacht warum es nach 70 Jahren Bundesrepublik derart niedrige Einkommen gibt? Nein >? Die Antwort tut weh: Schuld daran tragen in erster Linie die Gewerkschaften die von Anbeginn bis heute die Lohnerhöhung prozentual verknüpfen.
Beispiel: In 1949 habe n zwei Arbeitnehmer 1000 bzw. 2000 Lohneinheiten. Dann wird im Schnitt alle 2 Jahre um 3 % erhöht. Nach 35 Erhöhungen hat der eine jetzt knapp 3000 in der Tasche. Der andere 6000 !!!!!
Dabei sind die Lebenshaltungskosten für alle gleich gestiegen. Hat der der mehr Geld hatte ein haus gebaut, eine Alterssicherung zusätzlich neben der eh schon höheren Rente aufgebaut. Un d dann setzt sich dieses Spiel in der Rentenzeit fort: Prozentuale Erhöhung.
Warum zahlt man nicht allen die gleiche Lohnerhöhung in Lohneinheiten? Dann entsteht so etwas nicht.
Vergessen wir auch nicht: Die Beitragsbemessungsgrenze. Nie eingezahlt in die Sozialkassen und am Ende Anspruch auf Grundsicherung.
Jetzt die Erhöhungsgrenze mit 896 festlegen. Der eine kriegt zu seinen 514 noch 447 dazu- und ist bei 961.
Der andere bleibt bei 896. Wo ist da soziale Gerechtigkeit.
Tolle Rechenkünstler die wir haben
Das einzige was in Deutschland noch klappt ist neben der unsinnigen und aufopfernden Bürokratie und deren Kosten Türen, Fenster und Pausen !
Auch in der Presse gibt es Rechenkünstler: Örtlicher Chefredakteur Zeitung: 71 Stimmen hat der Kreistag. Die Mehrheit hat 36 Stimmen. Jetzt geht einer aus der Mehrheit aus seiner Partei. Dann hat nach dessen Rechenkünsten, nun mit der Stimme des ausgetretenen Abgeordneten Opposition und ehemalige Mehrheit gleich viel Stimmen.
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