Als Nordhessen den Militärs der Wehrmacht zu Füßen lag
WABERN. Am 4. August 1936 berichtete das Homberger Kreisblatt zum ersten Mal über das große bevorstehende Militärereignis in West- und Mitteldeutschland schlechthin: die Herbstübungen der Reichswehr mit anschließender großer Parade.
Erstmals zeigte sich die neugeschaffene Wehrmacht derart der deutschen Öffentlichkeit. Am 18. September 1936 fand zwischen Großenenglis, Udenborn und Uttershausen, auf der „Platte“, die größte Militärparade in der nordhessischen Region nach dem Ersten Weltkrieg statt. Die Aktivitäten des IX. Armeekorps verfolgten zwischen 50.000 und 60.000 Zuschauer u. a. von zwei Tribünen aus, unter ihnen viele Einwohner der Region. Besonders zahlreich vertreten waren dabei die jüngeren Bewohner der Gemeinden. Sie waren aber nicht nur wegen der Militärs gekommen, schließlich hatte ein Mann sein Erscheinen angekündigt, der sich enormer Beliebtheit erfreute: der „Führer“ Adolf Hitler.
Die Herbstübungen und Manöver des IX. Armeekorps der Reichswehr in Kassel verliefen 1936 u. a. auch südlich von Fritzlar und im Großraum Homberg. Dazu wurden verschiedene Truppeneinheiten aus mehreren deutschen Gauen nach Nordhessen verlegt. Dabei entstand ein so großer Bedarf an Lastkraftwagen (2,5 bis 5 Tonnen) und Omnibussen, dass das Generalkommando sich genötigt sah, solche in der hiesigen Gegend von Unternehmern und Spediteuren zeitlich begrenzt oder für die gesamte Dauer der Übungen zu mieten. Des Weiteren wurde die Fleischversorgung aufgrund der Manöver erhöht. Schließlich entstand ein Mehrbedarf, der mit 200 Schweinen und 20 Rindern abgedeckt wurde.
Um die Bevölkerung auf die kommenden Manöverereignisse vorzubereiten, versammelten sich am 1. September auf Einladung des Landrates und des Kreisleiters der NSDAP alle politischen Leiter der Partei und die Bürgermeister in Homberg zu einer eingehenden Besprechung. Dabei betonte der Landrat in seiner Begrüßungsansprache, „[…] daß wir stolz darauf sein können, daß die erste große Truppenschau und -parade seit der Wiedererstehung unserer uneingeschränkten Wehrhoheit gerade in unsere Gegend gelegt worden sei […]“.
In den Dörfern, die von den teilnehmenden Truppen passiert wurden, herrschte reges Treiben. Marschierende Truppen, lange Fahrzeugkolonnen sowie Melder auf Fahrrädern bzw. Motorrädern bestimmten das Bild in den Dörfern. Einquartierungen waren alltäglich. Dies nutzten z. B. auch die Homberger Textilgeschäfte, die genau zu diesem Zeitpunkt unter dem Motto „6.000 Mann, die zogen ins Manöver! Zur Einquartierung werden Betten gebraucht“ im Kreisblatt annoncierte.
Auch ansonsten wurde großer organisatorischer Aufwand betrieben: Südlich von Udenborn waren zwei jeweils 15.000 Menschen fassende hölzerne Tribünen in neunwöchiger Arbeit von Zimmermännern auf freiem Feld errichtet worden. Die gigantische Menge Holz, die für den Bau benötigt wurden, stammte hauptsächlich aus dem Knüll. Die Bauern der Umgegend wurden zwangsverpflichtet, mit ihren Traktoren das Holz zur Baustelle zu bringen.
Schon Wochen vorher müssen diesbezüglich die Vorbereitungen begonnen haben. So erreichten an diesem Freitag die Paradebesucher mit Autobussen ihr Ziel; auch mit Sonderzügen nach Wabern gelangte ein Teil der Besucher ins Zielgebiet. Der letzte traf dort um 9.31 Uhr ein. Auf den reich geschmückten Bahnhöfen in Wabern und Zennern herrschte Hochbetrieb. Die Besucher, welche über Zennern anreisen wollten, mussten ihr Ziel bereits um 10.30 Uhr erreicht haben, da zu diesem Zeitpunkt die Straße zwischen Zennern und Udenborn sowie anschließend zum Paradeplatz vollständig für den öffentlichen Verkehr gesperrt wurde.
Auf dem Paradegelände sorgten dann zwei Mitglieder der NS-Frauenschaft für die Sauberkeit der „Abortanlangen“, so ein auf den 12. September 1936 datiertes Dokument des Marburger Staatsarchivs.
Kurz vor Beginn der Parade waren die Tribünen bis auf den letzten Platz gefüllt. Um das Gelände herum standen noch Tausende, die keine Karten mehr bekommen hatten. „Fast schien es, als habe ganz Kurhessen an diesem Septembermorgen nur ein Ziel: Das Paradefeld in der Waberner Ebene“, so das NS-Organ Kurhessische Landeszeitung. Zahlreiche nordhessische Geschäfte und Behörden, z. B. die Verwaltung der Stadt Homberg, hatten an diesem Tag ihre Pforten geschlossen, jeder wollte dabei sein.
Nach der Fahrt zum Paradefeld schritt Hitler die Front einer Ehrenkompanie zusammen mit Standarten- und Fahnenträgern ab, welche den Soldaten des IX. Armeekorps übergeben werden sollten. Dann erfolgte Hitlers Rede.
Zahlreiche Musikkorps, zum Teil beritten, Infanteriedivisionen, Reiterregimenter, Artillerieeinheiten, Nachrichtentruppen und motorisierte Truppen, u.a. mit Panzerwagen, gestalteten nun in den nächsten zwei Stunden die Feierlichkeiten. Die Wehrmacht zeigte bis auf ihr schweres Gerät, was sie besaß.
Als Hitler im Anschluss langsam an den Tribünen vorbei fuhr, war ihm der Dank des Publikums sicher. Man dankte dem Mann, „der Deutschlands Ehre wiederhergestellt hatte“. Anschließend fuhr die „Führerkolonne“ zum Flugplatz Fritzlar. Von dort flog der „Führer“ mit einer „JU 52“ ab.
Kurz darauf wurden in Mittelhessen Manöver durchgeführt. Diese hatten alle nur ein Ziel: Die schleichende Mobilmachung des Deutschen Volkes, die am 1. September 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen, dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, endete. Noch jubelte die deutsche Bevölkerung.
Über die damaligen Ereignisse hält Thomas Schattner am 11. Februar im „Hessischen Hof“ in Gudensberg um 15 Uhr einen Vortrag. Eine Dokumentation in Buchform der damaligen Ereignisse ist in Vorbereitung. (Thomas Schattner)
2 Kommentare
Ähnliche Veranstaltungen gab es zu dieser Zeit auch in Frankreich, Italien oder England . Es war die Zeit der Militärparaden und zur Schau Stellung der eigenen Stärke. Wozu also die Bewertungen. Ich bin mir sicher, dass die meisten Menschen von Heute damals auch als Zuschauer teilgenommen hätten, um sich so ein Spektakel nicht entgehen zu lassen !!!
Wie man den Medien entnehmen kann, ist Herr Schattner Geschichtslehrer an der THS in Homberg. Er scheint neben seinem Hauptberuf als Lehrer eine menge Zeit zu haben, um sich noch als „Hobby Historiker“ zu brüsten. Alleine schon die Aussage „Als Nordhessen den Militärs der Wehrmacht zu Füßen lag“, lässt doch tief blicken (linkslastige Aussage). Weiterhin gilt zu sagen, der komplette Text stellt ein funktionierendes Militär dar, wie es sich jedes Land wünscht. Wenn ich mir die heutige Streitmacht von Frau von der Leyen anschaue, handelt es sich hier um ein völlig desolates Konstrukt was nicht einsatzfähig ist, kaputt gespart wurde und noch nicht mal über die nötige Grundausrüstung verfügt. Die Ausrüstungsklagen sind aktuell und werden von Soldaten bestätigt.
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