Stolpersteine und Spurensuche
KASSEL. International wie auch in Kassel sind ihre Namen mit den Stolpersteinen verbunden: Nun hat die Stadt den Künstler Gunter Demnig als Künstler und Jochen Boczkowski als Vorsitzenden des Vereins Stolpersteine in Kassel ausgezeichnet – für ihre „verdienstvolle Arbeit, die hilft, unsere Geschichte aufzuarbeiten und in Erinnerung zu halten“, wie Oberbürgermeister Christian Geselle betonte.
Bei einer Feierstunde am Freitag im Rathaus überreichte Oberbürgermeister Geselle die Goldene Ehrennadel an Gunter Demnig. Jochen Boczkowski zeichnete er mit der Ehrennadel aus.
Mittlerweile erinnern über 70.000 Stolpersteine in etwa 2000 Städten und Gemeinden in vielen Ländern Europas an Menschen, die zu Opfern der Vertreibung und Vernichtung durch die Nationalsozialisten wurden. Sie gelten damit als das größte dezentrale Denkmal der Welt. In Kassel gibt es bislang 223 der kleinen goldenen Gedenksteine für Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, politisch Verfolgte, Euthanasieopfer und Zeugen Jehovas.
Einzigartige Gedenkarbeit rüttelt auf
Es sei kaum vorstellbar, welch große Strecken Gunter Demnig in den 24 Jahren seit Beginn dieses Projektes zurückgelegt habe, denn die Mehrzahl der Steine habe er eigenhändig verlegt, hob der Oberbürgermeister in seiner Laudatio hervor. Diese Gedenkarbeit sei einzigartig in ihrer Form, rüttele auf und lasse immer wieder über unsere dunkle Geschichte stolpern.
Sie könne aber auch trösten und Menschen zusammenzuführen – solche oft beeindruckenden Treffen mit Nachfahren der Verfolgten und Ermordeten und sogar mit Überlebenden habe es auch in Kassel gegeben. Leitgedanke Demnigs, den mit Kassel eine 14-jährigen Tätigkeit an der Kunsthochschule verbindet, sei dabei der Spruch gewesen: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn der Name vergessen ist.“
Ohne ihn und die vielen anderen Unterstützer würde das Projekt Stolpersteine in Kassel sicher nicht funktionieren, würdigte Christian Geselle die Verdienste von Jochen Boczkowski. Er sei vor allem auch ein „Spurensucher“. Denn bei der Arbeit des Vereins gehe es nicht nur darum, Spenden für die aufwändig von Hand gearbeiteten Stolpersteine zu sammeln. Sie bedeute vor allem, viel Zeit mit Recherchen und der Suche nach Angehörigen im Internet, in Archiven oder Schulen zu verbringen. Viel Kraft, Disziplin und Engagement seien nötig, um die Spuren von verfolgten Menschen, die einst Nachbarn, Freunde, Arbeitskollegen, Kunden oder Vereinskameraden in Kassel hatten, wieder sichtbar zu machen.
Besonderer Einsatz gerade in heutiger Zeit von Bedeutung
Der besondere Einsatz zum Gedenken und zur Mahnung sei gerade in der heutigen Zeit bedeutsam, in der Rassismus, Diskriminierung, Ausgrenzung, Antisemitismus, Hetz- und Hasskampagnen wieder zunähmen, schloss der Oberbürgermeister. Der Blick in die dunklen Abgründe der deutschen Geschichte, die Erinnerung an die schrecklichen Verbrechen, und das unsagbare Leid der Millionen Opfer des Nationalsozialismus könne helfen, gefährliche Entwicklungen zu erkennen. „Die Stolpersteine setzen hier viele wichtige und nachhaltige Zeichen. Die Stadt Kassel bedankt sich bei Gunter Demnig und Jochen Boczkowski für ihr großartiges Engagement.“ (pm)
Das Bild: Oberbürgermeister Christian Geselle (Mitte) überreichte Jochen Boczkowski (links) die Ehrennadel und Gunter Demnig (rechts) die Goldene Ehrennadel für die Arbeit des Vereins Stolpersteine in Kassel.