BERLIN | MELSUNGEN. Am Donnerstag wird es ernst für die deutschen Handballer. Um 18:15 Uhr ertönt in der Berliner Mercedes-Benz Arena der Anwurf zur 26. Handball-Weltmeisterschaft. Im Eröffnungsspiel stehen sich das DHB-Team und eine gesamtkoreanische Auswahl gegenüber.
Mit Finn Lemke ist auch ein Spieler der MT Melsungen am Start. Ausser dem 2,10 Meter langen Abwehrspezialisten hätten eigentlich auch noch Shooter Julius Kühn und Rechtsaussen Tobias Reichmann im Aufgebot stehen sollen. Doch Kühn muss aufgrund eines vor 10 Wochen erlittenen Kreuzbandrisses passen und Reichmann wurde am Sonntagmorgen aus dem 18er-Kader gestrichen.
Die Generalprobe ist gelungen. Am Sonntag schlug die deutsche Mannschaft in Kiel im letzten Test vor dem WM-Start Panamerika-Meister Argentinien mit 28:13 (9:6). Da war Tobias Reichmann schon nicht mehr dabei. Am Morgen hatte Bundestrainer Christian Prokop dem Europameister von 2016 und damals bestem Torschützen eröffnet, dass er ohne ihn in die Weltmeisterschaft gehen werde. Um auf 16 Spieler zur reduzieren wurde auch der Lemgoer Tim Suton (22) aus dem Aufgebot gestrichen.
Während sich Tobias Reichmann nicht zu seinem Ausschluss äußern möchte, sagte Axel Geerken, dass man diese Entscheidung des Bundestrainers zu akzeptieren habe, egal, wie man das persönlich bewertet. “Natürlich ist das für den betreffenden Spieler äußerst bitter und Tobias ist verständlicherweise mega-enttäuscht. Nichtsdestotrotz besteht für ihn als Mitglied des erweiterten 28er Kaders noch die Möglichkeit, im Verlauf des Turniers als einer von bis zu drei Spielern nachnominiert zu werden”, so der MT-Vorstand.
”Taktische Beweggründe” hätten eine große Rolle gespielt, die Rechtsaußenposition einfach zu besetzen, wird Christian Prokop in den Medien nach dem Testspiel in Kiel zitiert. Er könne sich vorstellen, dass der Spieler sehr enttäuscht sei. Aber er habe ihm mitgegeben, dass er jetzt trotzdem in Gedanken bei dieser Mannschaft bleibt.
So ist aktuell Patrick Groetzki der einzig gelernte Rechtsaussen im DHB-Team. Dessen bisherige Saisonbilanz kann dafür aber nicht den Ausschlag gegeben haben. Während der Rhein-Neckar Löwe in 16 Bundesligaspielen 32 mal getroffen hat, kann der Melsunger aus 18 Spielen 84 Tore davon 32 per Siebenmeter vorweisen.
DHB-Vizepräsident Bob Hanning sagte im Tagesspiegel-Videointerview. “Für Tobias Reichmann tut es mir persönlich sehr leid, weil ich ein absoluter Fan von ihm bin und ihn extrem mag. Letztes Jahr sind wir mit einem Linksaussen ins Turnier gegangen, diesmal mit einem Rechtsaussen. Ob Du Reichmann mitnimmst oder Groetzki, das ist Augenhöhe, das ist Nuance, das ist eine Bauchentscheidung”.
Inwieweit sich Tobias Reichmann für einen eventuellen WM-Einsatz bereit halten soll, ist bislang noch nicht bekannt. Kommen diesbezüglich keine speziellen Vorgaben vom Verband, wird er wohl mit dem MT-Team am 11. Januar ins einwöchige Trainingslager nach Fuerteventura fliegen. Apropos: Vom dortigen Trainingsaufenthalt der Nordhessen flog vor einem Jahr Finn Lemke kurzfristig zur Europameisterschaft nach Zagreb. Auch er war zunächst von Christian Prokop nicht berücksichtigt worden, wurde dann aber doch im Verlauf des Turniers nachnominiert, um die schwächelnde Abwehr zu stabilisieren.
Diesmal ist der Lange von Anfang an dabei und freut sich riesig auf die Titelkämpfe: “Die phänomenal Stimmung beim Testspiel in Kiel hat uns schon eine Vorahnung davon gegeben, was uns an Fanbegeisterung bei dieser Heim-WM erwartet. Das war schon klasse. Umso wichtiger ist es, am Donnerstag in Berlin gut in dieses Turnier hinein zu kommen”. (pm)