Vortrag: Komponisten, Krisen, Krankheiten, Musik und Medizin
BAD EMSTAL-MERXHAUSEN. Das Atelier Alte Wäscherei in Merxhausen ist ein Ort der Künste, vornehmlich der bildenden. Da schmücken Plastiken den Raum, mit Arbeitstischen, Pinseln, Ton und anderen Materialien sowie allerlei Gerät zum Gestalten, lädt das Atelier ein, künstlerischen Eingebungen freien Lauf zu lassen. Selten spielt hier Musik die Hauptrolle, anders gestern Abend.
Um Komponisten, Krisen, Krankheiten, Musik und Medizin ging es in einer Lesung von Jochem Wolff (Kassel), Medizinhistoriker und Dr. Ferdinand Kokenge (Kiel), garniert mit musikalischen Kostbarkeiten. Welche Spuren hinterließen Krisen und Krankheiten im Schaffen? Mit modernem Medizin-Wissen und Möglichkeiten der Diagnose auch ohne Pathologie, sieht vieles anders aus, über große Komponisten erzählt wird. Händel und Bach wurden schlecht diagnostiziert und behandelt. Schmerzhafte Eingriffe führten bei beiden zur Erblindung. Heute würde das nicht passieren.
Erb- und Lungenkrankheiten
Fanny Hensel (Mendelssohn), Schwester von Felix Mendelssohn-Bartholdi hätte länger komponieren können, wäre man rechtzeitig einer Erbkrankheit auf die Schliche gekommen, die den Vater und den Bruder auf die gleiche Weise frühzeitig ins Grab brachte, wie Fanny. Episoden von Nasenbluten, die Erweiterung der Blutgefäße und Aneurysmen deuten darauf hin. Das Lied „Sehnsucht“ gab es zu hören. Sehnsucht nach was? Sie war auch melancholisch?
Carl Maria von Weber, der mit dem „Freischütz“, ist früh gestorben: in London an Tuberkulose. 15 Jahre lang trotzte er der Krankheit mit Stimmverlust, Atemnot und Abmagerung. Hätte die Medizin 1826 schon das Wissen von heute gehabt, Weber wäre vielleicht doch – wie geplant – nach Kassel gekommen. Seine Oper mit dem Titel Rübezahl hatte er über die Mittelgebirgslandschaft Nordhessens geschrieben. Um seine Rückführung ranken sich Legenden:
Mehr Milch mit Mozart
Richard Wagner holte Webers Gebeine nach Dresden. Nach einem Sturm auf der Nordsee fiel der Sarg in das Hamburger Hafenbecken. Die bergende Barkasse fror im Eis fest und nach vier Wochen erst konnten die sterblichen Überreste ihre letzte Reise nach Dresden antreten. Der musikalische Reigen wurde mit Edvard Grieg, Claude Debussy, Jean Sibelius, Kurt Weill und Bernd Alois Zimmermann breit aufgefächert. Musikalischer Raritäten, kommentierendes Bildmaterial und humorvolle Präsentationen der beiden Vortragenden gestalteten einen kurzweiligen Abend.
Ein paar praktische Ratschläge gab es auch: Kühe geben bei Mozart mehr Milch und Johann Sebastian Bach ist gut bei Herz- Kreislauferkrankungen sowie zur Regulierung des Blutdrucks. Die Veranstaltung wurde vom Geschichts- und Kulturverein Bad Emstal zusammen mit der Volkshochschule Region Kassel angeboten. (rs)