BERLIN. Die MT Melsungen baut ihre Erfolgsserie weiter aus und gewinnt ihr fünftes Pflichtspiel in Folge. Der 13. Spieltag in der DKB Handball-Bundesliga wurde für die Nordhessen zum Glückstag, sie besiegten Gastgeber Füchse Berlin mit 26:24 (15:11).
Nach der starken ersten Halbzeit gerieten die Rotweissen im zweiten Durchgang noch einmal in arge Bedrängnis. Die ebenfalls ersatzgeschwächten Berliner mobilisierten die letzten Kräfte und konnten mehrfach ausgleichen. Nur die Führung wollte ihnen kein einziges Mal mehr gelingen. In der Schlussphase bewiesen vor allem Domagoj Pavlovic, Lasse Mikkelsen und Tobias Reichmann Nervenstärke und brachten die MT – nachdem die Hausherren mit 23:23 gleichgezogen hatten – mit ihren Toren endgültig auf die Siegerstraße. Beste Schützen vor 7.478 Zuschauern in der Max-Schmeling-Halle waren Hans Lindberg (10/8) für die Füchse und Tobias Reichmann (8/1) für die MT. Nach diesem Sieg gegen die zuvor punktgleichen Berliner – bei gleichzeitiger Niederlage des Bergischen HC – führen die Nordhessen nun als Tabellenfünfter die Verfolgergruppe des Führungsquartetts an. Zum nächsten Heimspiel in einer Woche in Kassel empfangen Lemke & Co. den HC Erlangen.
Die Aufstellung ergibt sich bei der MT aufgrund der verletzungsbedingt fehlenden Rückraumachse “Kühn – Schneider – Müller” derzeit fast von selbst. Trainer Heiko Grimm schickte in Berlin zunächst Michael Allendorf, Domagoj Pavlovic, Lasse Mikkelsen, Marino Maric, Simon Birkefeldt, Tobias Reichmann und Johan Sjöstrand auf die Platte. In der Abwehr wurden Pavlovic und Reichmann jeweils durch Finn Lemke und Felix Danner ersetzt. Die beide aber jeweils auch jede Gelegenheit zu einem schnellen Angriff nutzen sollten. So wie gleich in der ersten Minute, als Lemke seinen Exkurs nach vorne mit dem Tor zum 0:1 abschloss. Auch Johan Sjöstrand war von Beginn an hellwach, kaufte dem Halbrechten Lennart Giese einen starken Wurf ab. Im Gegenzug markierte Domagoj Pavlovic die Zwei-Tore-Führung für die MT.
Die Nordhessen waren also drin im Spiel. Die Gastgeber kamen gegen die aufmerksame Abwehr nur mittels Einzelaktionen zum Zuge. Die ersten drei Berliner Tore fielen durch Siebenmeter – alle sicher von Routinier Hans Lindberg verwandelt. So stand es nach 10 Minuten 3:2 für die Hauptstädter. Doch auch der MT fiel es nicht leicht, sich gegen die Berliner Hintermannschaft in Szene zu setzen. Es waren manchmal nur kurze Momente, die sich zum Abschluss eigneten und die dann aber auch genutzt wurden. Wie etwa beim Ausgleich durch Michael Allendorf nach guter Vorarbeit durch Finn Lemke, oder die 5:6-Führung durch Marino Maric, der vom Kreis aus ein traumhaftes Anspiel von Domagoj Pavlovic verwertete. Das war übrigens der Auftakt zu einem 3:0-Lauf, bei dem Finn Lemke sogar von Linksaußen traf und Felix Danner wiederum nach einem Pavlovic-Anspiel das 5:8 markierte (17. Min.).
Das bewog Berlins Trainer Velimir Petkovic zu einem Timeout und der Ausgabe einer neuen Marschroute: Mit zwei Kreisläufern wollten die Füchse von nun an die MT-Abwehr in Verlegenheit bringen. Aber auch wenn Mijajlo Marsenic gleich nach Wederanpfiff das 6:8 erzielte, wollte diese Maßnahme im weiteren Verlauf nicht so richtig zum Erfolg führen. Vielmehr gelang es der MT, den Gegner weiterhin mit zwei Toren auf Distanz zu halten. Bis sie sich erneut mit einem 3:0-Lauf eine gute Ausgangsposition verschaffte. Nachdem Hans Lindberg mit seinem vierten Strafwurf auf 8:11 gestellt hatte, nahm Heiko Grimm die Auszeit, gab seinen Schützlingen die Order mit, gegen die 5:1-Abwehr breiter zu spielen und brachte für die Abwehr Philipp Müller. Kurz darauf wuchtet Finn Lemke den Ball ins gegnerische Netz, hinten hält Johan Sjöstrand spektakulär gegen Jacob Holm, Berlins listigen Halblinken, und im Gegenzug setzt sich erneut Finn Lemke durch, diesmal nach starkem 1 gegen 1 zum 8:13. Und spätestens nachdem Tobias Reichmann den ersten für die MT gegebenen Strafwurf zum 8:14 versenkt hatte, war klar: Heute geht was für die MT in Berlin!
Dass die Hausherren dann zur Pause auf vier Tore verkürzen konnten, lag eigentlich eher an einfachen Fehlern der MT, die in zwei Angriffen den Ball verlor und jeweils Gegentreffer ins leerstehende Gehäuse hinnehmen musste. Und an Füchse-Oldie Petr Stochl, der nacheinander die jeweils frei vor ihm auftauchenden Tobias Reichmann und Domagoj Pavlovic entzauberte. Nichtsdestotrotz zeugte auch er 15:11-Pausenstand noch von einer sehr soliden Vorstellung der Rotweissen im Berliner Hexenkessel.
Den ersten Treffer im zweiten Durchgang markierte der frisch für Michael Allendorf auf Linksaußen beorderter Yves Kunkel. Und auch das nächste MT-Tor zum 12:17 (33.) ging auf sein Konto, nachdem zwischenzeitlich Lennart Giese für Berlin getroffen hatte.
Weil sich in der Folge einerseits der reaktivierte Stochl (42) im Berliner Tor weiter steigerte und andererseits die MT in der Abwehr nicht immer konsequent genug agierte, gelang es den Hausherren, den Rückstand weiter abzuschmelzen. So stand es nach einer Dreiviertelstunde 20:20 – das schöne Polster der MT war aufgebraucht. Aber sie behielt weiter die Nerven, setzte mit einem abermaligen 3:0-Lauf die nächsten Nadelstiche. Das war die starke Phase des Tobias Reichmann, der zweimal per Gegenstoß und einmal per Weitwurf ins leere Füchse-Tor erfolgreich war. Kurz zuvor hatte Nebojsa Simic Johan Sjöstrand im Tor abgelöst. War dieses 23:20 (49.) nun schon der Grundstein zum Sieg?
Nein!. Denn die nie aufsteckenden Berliner kamen wieder zurück. Jacob Holm aus dem Rückraum, Hans Lindberg wieder einmal von der Strafwurflinie und Johan Koch vom Kreis hievten ihr Team beim 23:23 (54.) nach oben. Leichte Verunsicherung hatte es derweil bei der MT gegeben, als Philipp Müller nach einer Allerweltsattacke mit Rot vom Feld geschickt wurde. Die TV-Kommentatoren waren sich auch nach der Zeitlupenwiederholung schnell einig, dass dies eine zu harte Entscheidung war.
Wie gut für den, der einen Domagoj Pavlovic in seinen Reihen hat. Der Kroate, der die ersten 10 Minuten der zweiten Halbzeit versäumt hatte, weil er Probleme mit seinen Kontaktlinsen hatte, katapultierte das Leder mit einem kurzen Abzug über den Kopf des Füchse Abwehrspieler und des Torhüters zum 23:24 ins Netz. Dieser Treffer, fünf Minuten vor Schluss, war genau so Gold wert, wie der anschließende von Lasse Mikkelsen, der sich mit einem feinen 1 gegen 1 zum 23:25 durchsetzte.
Die letzten dreieinhalb Minuten ließ die MT dann nichts mehr anbrennen, auch wenn Velimir Petkovic seinen Jungs in einem weiteren Timeout noch eine klare Vorgabe für den nächsten Angriff mit auf den Weg gab. Den blockte Finn Lemke weg und ebnete damit den Weg nach vorne, wo Tobias Reichmann mit dem 26. Treffer endgültig für Klarheit sorgte. Das letzte Tor des Spiels jedoch war dem besten Berliner Schützen vorbehalten: Hans Lindberg gelang – diesmal von Aussen – sein 2.000 Tor in der Bundesliga.
Stimmen zum Spiel:
Velimir Petkovic (im SKY- Interview): Ich bin vom Ergebnis enttäuscht, aber meine Mannschaft hat fantastisch gespielt, ich bin sehr stolz auf sie. Wir haben trotz unserer schwierigen personellen Situation immer an uns geglaubt. Aber wir sind heute zu oft von den Schiedsrichtern klar benachteiligt worden. Sie pfeifen Stürmerfoul und entschuldigen sich dann dafür im Vorbeilaufen bei mir. Ich muss das einfach so sagen, ich muss meine Mannschaft schützen. Mir ist auch egal, ob ich morgen eine Strafe bekomme.
Heiko Grimm: Das waren heute zwei echte Big Points für uns. Denn auch wenn die Füchse mehrere Ausfälle zu beklagen haben, stellen sie immer noch eine sehr gute Abwehr. Ich habe großen Respekt vor deren Leistung. Umso mehr freue ich mich über unsere Mannschaft, der ich ein großes Kompliment machen muss. Wir haben in der ersten Halbzeit gut gespielt und uns einen Vorsprung erarbeitet. Allerdings gibt es auch da noch Dinge zu verbessern, wie etwa das Umschaltspiel oder die Abwehr. Uns war klar, dass sich die Berliner nicht so einfach geschlagen geben und sie in der zweiten Hälfte noch mal alles versuchen würden. So kam es auch. Als deren Abwehr sich auf Lasse Mikkelsen konzentriert hat, hätte mehr von unseren Halbpositionen kommen müssen. Zudem ist unser Wechselrhythmus etwas durcheinander gekommen als Domagoj Pavlovic fast zehn Minuten raus musste, weil er Problem mit seinen Kontaktlinsen hatte. Wir waren uns aber sicher, dass sich nach einer starken Phase Berlins auch für uns wieder Gelegenheiten ergeben würden. Wir haben deshalb die Ruhe bewahrt und gegen Ende die sich bietenden Chancen perfekt genutzt.
Finn Lemke: Wir haben vor allem in der ersten Halbzeit gut gespielt, haben viel Tempo gemacht und dadurch auch entsprechend Tore erzielt. Hinten, die Abwehr, das ist bei uns noch ausbaufähig. Entscheidend war aber auch heute wieder, dass wir ein geschlossene Mannschaftsleistung gezeigt haben.
Das nächste Spiel:
Do., 22.11.2018. 19:00 Uhr, MT Melsungen – HC Erlangen, Rothenbach-Halle Kassel