ZIEGENHAIN. „Alles hat seine Zeit“, hat mal ein Kluger geschrieben (im Zweifelsfall steht es in der Bibel). Wieso sollte es bei einem Museumsleiter anders sein? Ja, da ist sie nun, die Neuigkeit aus dem Museum der Schwalm: Der Museumsleiter, Magister der Kunst- und Politikwissenschaften, Konrad Nachtwey, wird am Ende des Jahres sein Amt aufgeben.
Er wird noch ein paar Monate hinter den Kulissen arbeiten, der neuen Leitung unter die Arme greifen, bei der Jahresplanung für 2019 beraten, das eine oder andere Exponat beschreiben oder erklären, Texte für Bilder verfassen, im Depot noch das erledigen, was zwangsläufig im Tagesgeschäft der vergangenen Jahre liegen geblieben war. Wenn er dann im März 2019 verabschiedet wird, werden 7 Jahre „Museum der Schwalm“ hinter ihm liegen. Etwas über drei Jahre war er davon gleichzeitig 1. Vorsitzender des Schwälmer Heimatbundes, des Trägervereins von Museum und Archiv.
Vieles hat er bewegt oder angestoßen; in den Dienst der Schwalmtouristik hat er sich mit seinem „Modellraum- Ziegenhain von 1761“ und der frühen Artikulierung der Konfirmation als theologisch/historisches Ereignis von weltweiter Bedeutung gestellt. Unvergessen seine Sprüche: „Die Region hat was – das Museum zeigt es“ und „Jeder auf seine Art – alle für die Region, die er auch in beachtenswerten Kirmesausstellungen umsetzte, z. B. „Sprache ohne Worte – Was drücken Kleidung & Trachten aus“ oder „Deutsche Mythologie“, einer umfassenden Darstellung von Lebenswelt, Alltag und Götterglauben im germanischen Kulturraum Nord-und Mitteleuropas. In Erinnerung werden bleiben die Ausstellungen „nochmals neu beTRACHTet mit Waltraud Freese, „Von Menschen und Mäusen“ mit Reinhart Ewert, die „Topographia Hassiae – Die Hess. Festungen im 30 jährigen Krieg“ von Dennis Möller, „…querbeet: Zeichnungen und Skulpturen“ von Lutz Lesch, „Klangbilder-Bilder die man hören kann“ mit Konzerten von Roswitha Aulenkamp und die jüngste Fotoausstellung „Die Mühle Schorbach-Neue Sicht-weisen“. Einmalig die große Weißstickerei-Ausstellung von 2015 mit einem geradezu künstlerischen Begleitkatalog, ergänzt und bereichert von eigenen Kreationen einer Gruppe junger Frauen aus der Schneidermeister-Klasse der Max-Eyth-Schule–Alsfeld mit einer kleinen Modenschau. Fast legendär seine „Kunstbetrachtungen mit dem Museumsleiter“ –stets von 30-40 Kunstfreunden/innen besucht – mit „seinem Ziel“, selbsternannte Kunstbanausen an Kunst heran zu führen, mit verständlicher Sprache die Vielfalt, Schönheit, Raffinesse oder Einmaligkeit sichtbar zu machen. Er ließ jederzeit Fragen, Anmerkungen und Ergänzungen zu und freute sich über „Widerspruch“, wobei so mancher Lacher die Kunst begleitete. „Kann denn Liebe Sünde sein?“ war ebenso ein Thema wie „Lovis Corinh, ein deutscher Impressionist, der von den Nazis zum Entarteten abgestempelt wurde“ oder „Kinder in der Kunst“ wie „Rembrandt und die Bibel“.
Der heute 83 Jährige hat das Museum mit Leidenschaft und Umsicht geführt, wobei ihm eine hochmotivierte Mannschaft Ehrenamtlicher zur Verfügung stand, die professionelle tägliche Öffnungszeit garantierten, aber auch Führungen in Englisch ermöglichten. „Es ist ein Abschied mit einem weinenden und einem lachenden Auge: Schön war es, aber auch anstrengend – und nun lockt die Freiheit für alle noch nicht durchgeführten Kunstreisen“, sagt Konrad Nachtwey. (pm)
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