BAUNATAL. Die Digitalisierung endet – zumindest theoretisch – dann, wenn wir alle nichts mehr zu tun haben, weil Maschinen alle Arbeiten für uns erledigen. Bis dahin könnte es noch ein bisschen dauern.
In unserer Gesellschaft leben aber bereits jetzt Menschen, die nicht mehr arbeiten müssen, aber nur deshalb, weil sie das ein Leben lang getan haben. Für sie fängt die Digitalisierung mit ein bisschen Technik zu Hause und in der Kommunikation bereits an. Sie kann durchaus für mehr Lebensqualität sorgen.
Die Digitalisierung im Alter unterstützt mit gesteuerten Prozessen zu Hause, wenn die Rollläden Computer- oder zeitgesteuert öffnen oder schließen, die Heizung per Mausklick oder Touch-Display wärmer oder wieder kühler wird, im Grunde auch schon, wenn Roboter den Rasen völlig selbständig mähen oder die Wohnung saugen und nass wischen. Es ist aber auch Digitalisierung, wenn Senioren mit dem Smartphone kommunizieren, wenn sie Kontakte pflegen über WhatsApp, sich vernetzen über Facebook oder wize.life und Erinnerungen auffrischen, alte Freunde wiederfinden über StayFriends.
Automaten gegen die Unbeweglichkeit – Smartphone gegen die Einsamkeit
Wer mit zunehmendem Alter spürt, dass nicht mehr alle Gelenke, Organe und Muskeln machen, was sie sollen und jahrzehntelang getan haben, der weiß, dass es schön ist, wenn die Technik hilft. Wer auf dem gleichen Weg erfährt, dass die Anzahl der erreichbaren Freunde und Verwandten progressiv abnimmt, ist glücklich, wenn er mit dem Smartphone oder dem PC Kontakt halten und sogar alte Schulfreunde wiederfinden kann.
Einkaufshilfen, Telemedizin und Online-Banking helfen nicht nur, aber doch ganz besonders, Menschen in den fortgeschrittenen Lebensjahren. Und hier stehen wir erst am Anfang. Auch die Reiseplanung für den Wochenendausflug, die Tagesreise mit dem Bus oder die Winterflucht in den sonnigen Süden gehen digital leichter von der Hand. Man muss niemanden mehr bitten, den Reisekatalog aus der Stadt mitzubringen.
Berichte von Fachleuten und aus der Praxis
Aber wie stellt man das alles an? Was ist gut und was ist sogar bedenklich? Was sollte ich noch wissen und was besser schnell wieder vergessen? Wer hilft mir, den Anfang zu finden, wie bleibe ich auf dem aktuellen Stand? Alles Fragen, die sich der Seniorenarbeitskreis in Baunatal auch gestellt und dazu – zusammen mit der „Leitstelle Älterwerden“ der Stadt Baunatal – für einen Seniorenaktionstag Fachleute und Dienstleister eingeladen hat.
Nach der Begrüßung durch die Erste Stadträtin Silke Engler und den Vorsitzenden des Seniorenbeirates Wolfram Meibaum, gab es Vorträge und vor allem erfahrbare Beispiele für das Bewegen in der Virtuellen Welt oder der vielschichtigen Assistenzen in Baunatal. „Reif für den digitalen Wandel!?“ So lautete das halbstündige Referat von Nicola Röhricht (Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisation (BAGSO) e.V.) über das Thema Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen.
Smartphone-Treff, PC-Hilfen, Online-Sicherheit
Vom AWO Quartiermanagement Baunatal informierte der Treff der Smartphone-Freunde, in dem es keine „Vorturner“ gibt, sondern alle ihre positiven und negativen Erfahrungen „in einen Topf werfen“. Auch erfahrene Nutzer lernen auf diese Weise immer wieder etwas dazu und geben ihre digitalen Entdeckungen gerne weiter an Neueinsteiger und andere Nutzer. Rainer Schötz von der Beratungs- und Vermittlungsagentur 24-Stunden-Betreuung unterstützt Senioren am PC. Auch dabei geht es nicht um die Schulung von Wissen, sondern um die Vermittlung praktischer und hilfreicher Erfahrungen. Also alles aus dem Alltag für den Alltag. Auch Themen wie digitaler Nachlass oder Sicherheit im Internet kamen zur Sprache.
Eins wurde deutlich: Auch Dienstleister können durch Digitalisierung lernen, wie sie Kundennähe halten. Ein ganz Banales Beispiel aus dem Einzelhandel wurde im Flur diskutiert: Es nützt nicht allen Senioren, wenn man im Geschäft Einkaufen gehen muss, um dann alles nach Hause gebracht zu bekommen. So ein digitaler Supermarkt mit Einkaufswagen würde schon manch umständlichen Weg erleichtern, für den man dann doch auf Kinder, Enkel oder Nachbarn warten und hoffen muss…
Wegen Überfüllung geschlossen…?
Überrascht wurden die Organisatoren von der riesigen Resonanz. Zeitweise schien das Zentrum Rembrandtstraße aus den Nähten zu platzen und die Firma ORF Telekommunikation musste zum Thema „Mein neues Smartphone“ eine Stehparty einladen, weil Stühle im Vortragssaal gebraucht wurden. „Hätten wir geahnt, wie viele Menschen kommen, hätten wir einen anderen Ort gewählt“, war zwischendurch zu vernehmen.
Wer sich informieren will, findet Orientierung über die „Leitstelle Älterwerden“ im Zentrum Rembrandtstraße bei Hans- Joachim Botthof und seinen Kollegen. Dort befindet sich auch die Beratungsstelle Pflege. Die Adresse: Rembrandtstraße 6, 34225 Baunatal, Telefon: 0561/4992-152. Und die digitale Anschrift ist logisch, einfach und klar: senioren@stadt-baunatal.de. Über die Internetseite der Stadt Baunatal findet man auch die Leitstelle: www.baunatal.de/de/leben-in-baunatal/familie-senioren/beratungsstelle-pflege.php. (rs)