SCHWALMSTADT. Herausforderungen für die Zukunft heißen unter anderem Demografischer Wandel, Fachkräftemangel, Digitalisierung, Klimawandel, Integration oder Renten- und Pflege-Versicherung.
In diesem Zusammenhang sind Fragen zu lösen wie Kinderbetreuung, Mobilität, Kommunikation, Infrastruktur in den Wohnorten oder die medizinische Versorgung. Alles das wirkt sich aus auf die Planungen in den Kommunen.
Wir alle wohnen gerne leise, in guter Luft, zwischen netten Nachbarn und wollen vorzugsweise den Kindergarten, alle Schulformen, die Bank, die Post und alle Geschäfte vom Bäcker bis zum Juwelier in erreichbarer Nähe wissen und lieben gute Verkehrsanbindungen. Wir schimpfen, wenn es sich staut, laut ist, stinkt und die nächste Autobahn so weit weg ist. Und wir wollen eine gute Aussicht haben. Sowohl gefühlsmäßig, zukunftsorientiert, als auch optisch: es soll uns nichts im Wege sein!
So sehr wir alles lieben, was das Leben schön macht, so sehr hassen wir es allerdings, wenn sich das Leben direkt vor unserer Haustür abspielt. Auf dem Lande leben, aber der Staub ertragen, wenn bei trockener Luft Getreide geerntet wird und die Düfte bei natürlicher Düngung, das sind unzumutbare Belastungen. Wenn es uns schlecht geht, dann muss der Krankenwagen minutenschnell vor der Haustür stehen, aber wenn er vor unserer Haustür losfährt, nervt das Martinshorn. Wir wollen Ärzte, Apotheken und alle Geschäfte in der Nähe, aber den Verkehr dorthin und zurück mögen wir nicht. Für andere gilt grundsätzlich nicht das gleiche, wie für uns selbst.
Wir wollen Sport treiben und Geselligkeit pflegen, aber laut jubelnde Zuschauer am Wochenende, wenn andere das tun, sind genauso doof, wie feiernde Gäste im Dorfgemeinschaftshaus oder einmal im Jahr auf der Kirmes.
Wir suchen uns schöne Neubaugebiete und fragen nicht, wem wir damit vielleicht die freie Sicht versperren, wie wenig Verkehr bis dahin in unserer neuen Nachbarschaft herrschte und ob es alle schön finden, dass wir dort einfallen. Entsteht aber neben unserem Neubaugebiet ein weiteres Neubaugebiet, finden wir prompt Begründungen, warum jetzt aber endlich Schluss sein muss mit dem Bauboom, der die eigene Sicht einschränkt und mehr Autolärm verursacht. Wenn die eigenen Kinder einen Bauplatz suchen, denken wir dann gerne wieder anders.
Apropos Kinder: Wir lieben sie und schwören bei unserem Leben auf ihre Zukunft. Außer, wenn ein neuer Kindergarten geplant wird! Dann kann man die Stoppuhr einschalten, wann die ersten Bürgerproteste in den Sozialen Medien aufpoppen. Würde dann die Versorgung schlechter, bekämen die eigenen Kinder oder Enkel plötzlich keine Kindergartenplätze, wird die Gemeinde für Menschen, die genauso schön wohnen wollen uninteressant und suchen mit ihnen die Ärzte, die Einzelhändler und Dienstleister das Weite, sind es die Politiker, die keine Ahnung haben, wie man den Willen des Volkes umsetzt… Klar!
Im Chattengau (aber auch andernorts) müssen zwei Kommunen gerade das Problem lösen, Kindergärten und Neubaugebiete gegen den Protest von Anliegern umzusetzen und Lösungen zu finden. Es wäre schön, wenn diejenigen, die wissen, was sie nicht wollen, bei der nächsten Kommunalwahl für irgendeine Parte anträten und Verantwortung übernähmen für das, was alle wollen: ein funktionierendes Gemeinwesen, in dem der Nutzen und die Lasten gut verteilt sind.
Ihr
Rainer Sander