EDERMÜNDE. Vier Kindertagesstätten gibt es in Edermünde, zwei betreibt die Gemeinde selbst, zwei die Evangelische Kirchengemeinde Besse. Sie haben Namen wie Vogelnest, Amselnest, Pusteblume und Villa Kunterbunt, was einerseits nach wohl behütet klingt und andererseits nach Natur und einer eigenen Kinderwelt.
Damit diese Welt nicht durcheinandergerät, hat die Gemeinde Edermünde begonnen völlig neu zu denken. Das kam nicht ganz freiwillig, denn das Vogelnest in Besse und die Pusteblume haben nur noch Betriebsgenehmigungen bis 2019.
Da eine Sanierung zu teuer wäre, haben sich die gewählten Gremien der Gemeinde für zwei Neubauten in Grifte und Besse entschlossen. Das eröffnet zudem die Möglichkeit ganz neu zu denken und die vielen neuen kindgerechten Konzepte auch baulich umzusetzen. Kindergarten war vor 20 oder 30 Jahren einfach anders. Jeweils sieben Gruppen sollen die beiden neuen Kindergärten bekommen und die Betreuung in der aufstrebenden und sich modernisierenden Chattengau-Gemeinde damit nicht nur auf den steigenden Bedarf, sondern auch auf die aktuelle und zukunftsweisende Pädagogik ausrichten.
Wettbewerb mit 38 Bewerbern und 18 Entwürfen
Dass das Ganze eine enorme finanzielle Belastung für die Gemeinde ist, wie Bürgermeister Thomas Petrich bei einem Pressegespräch betont, darf nicht gegenüber dem Interesse der Kinder und ihrer Eltern dominieren. Das wird aus dem Planungsverfahren für die beiden Einrichtungen jedenfalls deutlich. Mit der notwendigen Größenordnung hat die Gemeinde die Auslöseschwellen für eine Europaweite Ausschreibung, die das EU-Recht dann vorsieht, überschritten. Unter den verschiedenen Varianten, die dann möglich sind, hat sich die Gemeinde für einen Wettbewerb entschieden und die Ausschreibung dem Architekten Friedemann Roller übertragen. Diese wurde von Planern aus der ganzen Republik gut angenommen:
38 Bewerbungen hat es gegeben, 20 davon wurden für den Wettbewerb ausgewählt und schließlich reichten 18 Architekten Entwürfe ein. Dabei hatte Edermünde bewusst offengelassen, zwei verschiedene oder zwei gleiche Entwürfe einzureichen. 13 Planer haben sich für die Zwillingslösung entscheiden, fünf haben zwei verschiedene Entwürfe eingereicht.
Jury mit Sach- und Fachpreisrichtern urteilt einstimmig
In der vergangenen Woche hat sich eine Jury 13 Stunden lang intensiv mit den Entwürfen beschäftigt. Unter dem Vorsitz von Professor Felix Wächter aus Darmstadt, einem anerkannten Fachmann, begutachteten und bewerteten vier externe Fachpreisrichter, alles Architekten und Landschaftsplaner, sowie drei Sachpreisrichter, darunter Bürgermeister Petrich und die Kindergartenleitung, sowie beratende Mitglieder aus der Gemeinde Edermünde die Entwürfe. Schließlich gab es ein einstimmiges Ergebnis für den Zwillingsentwurf von Stefan Bernhard aus Berlin.
Der Landschaftsarchitekt hat zwei Baugleiche Kindergärten mit einer zweigeschossigen und räumlich versetzten Bauweise entworfen, die nach seinem Willen farbreversiv umgesetzt werden sollen. Die Farbgebung von Violett über gelb bis blaugrün soll bei dem Zwilling genau umgekehrt erfolgen. Zwei Etagen ermöglichen eine gute Freiflächennutzung, gerade in Grifte, wo es Widerstand gegen den Kindergarten gegeben hat. Freie Flächen stehen dann auch der Allgemeinheit zur Verfügung.
Endgültige Entscheidung bis Jahresende
Auch innen ist eine gute Flächennutzung möglich, der Lichteinfall ist in den Augen der Jury optimal geplant und bei zwei gleichen Gebäuden kann wirtschaftlicher geplant und ausgeschrieben werden. Bei hoher Auslastung und Fachkräftemangel im Handwerk erhöht diese Dimension die Wahrscheinlichkeit, dass mehrere Angebote für die Bauleitungen eingehen.
Insgesamt wurden drei Preise vergeben und drei Anerkennungen ausgesprochen. Ob der Sieger auch den Auftrag bekommt, hängt von den Verhandlungen ab. Mit den ersten drei kann die Kommune nach dem Vergaberecht jetzt Gespräche aufnehmen. Bis zum Jahresende soll die endgültige Entscheidung gefallen sein. Theoretisch könnte das Parlament auch noch zwei verschiedene Aufträge vergeben.
Ein aufwändiges Verfahren, aber auch eines, das zu einem guten Ergebnis führt. Petrich und Roller betonen, dass in der Feinplanung natürlich auch Anregungen aus den anderen Entwürfen einfließen können. Die Kinder in Edermünde werden sich auf jeden Fall freuen können, wenn sie in einem Jahr die neuen Kindergärten beziehen werden. Dann haben sie ein neues Nest und eine neue Kinderwelt. (rs)