KASSEL. Mit 25 Minuten Handball vom Allerfeinsten legte die MT Melsungen den Grundstein zum 33:27 (17:8)-Erfolg gegen den VfL Gummersbach. Vor 3.609 Zuschauern in der Kasseler Rothenbach-Halle wurden die Oberbergischen zu Beginn regelrecht überrollt und liefen Gefahr, völlig unterzugehen.
Auf elf Tore Differenz zog Melsungen bis fünf Minuten vor dem Seitenwechsel davon, um von diesem Vorsprung in der Folge zu zehren. Bis auf fünf kamen die Gäste zwischenzeitlich noch einmal ran, hatten aber zu keinem Zeitpunkt Hoffnung auch nur auf einen Teilerfolg. Mit neun Toren war der Melsunger Julius Kühn erfolgreichster Schütze der Begegnung, nur einmal weniger oft traf Pouya Norouzi für Gummersbach.
Keine 90 Sekunden dauerte es, da hatten die Hausherren ihre Marschrichtung bereits klar gemacht: Tempo war angesagt. Was auch für die Torabschlüsse galt. Erst Julius Kühn, dann in Ermangelung einer gut postierten Anspielstation Lasse Mikkelsen ganz trocken durch die Abwehr hindurch – Melsungen führte 2:0. Als Ivan Martinovic einen Siebenmeter glatt über die Latte jagte und Michael Müller im Gegenzug auf 3:0 erhöhte, sah bereits alles nach der von vielen erwarteten Pflichtaufgabe aus (4.). Dass es so leicht aber nicht werden sollte, machten der aus dem Iran stammende Neuzugang Pouya Norouzi und zweimal Moritz Preuss vom Kreis klar, die ihren Verein bis zur 9. Minute auf 5:3 heran brachten und im Spiel hielten. Es war die letzte echte Gegenwehr der Gäste für lange Zeit.
Zunächst schlug Michael Allendorf doppelt zu, erhöhte auf 7:3 und zwang damit Denis Bahtijarevic zu einer frühen Auszeit (11.). In deren Anschluss Matthias Puhle den bis dahin glücklosen Carsten Lichtlein im Tor ablöste. Ohne Fortune, denn Tobias Reichmann und Lasse Mikkelsen nutzten zwei technische Fehler der Oberbergischen zu Toren und als Johan Sjöstrand, der diesmal den Vorzug gegenüber Nebojsa Simic erhalten hatte, überragend gegen Stanislav Zhoukov parierte, legte Julius Kühn zum 10:3 nach (14.). Damit nicht genug erhöhte Kühn nach Eirik Köpps 10:4 per Doppelpack auf 12:4. Vier Minuten nach der ersten war nach einer Viertelstunde Gesamtspielzeit schon die zweite Gummersbacher Auszeit fällig (16.).
Bahtijarevic stellte die Abwehr wesentlich offensiver ein, Tobias Reichmann bedankte sich für den Freiraum auf der rechten Außenbahn mit dem 13:4 (17.). Erst nach Ivan Martinovic‘ fünftem VfL-Tor hatte mit Matthias Puhle gegen den Wurf von Michael Allendorf erstmals ein Gästetorhüter eine Hand am Ball, ohne das Leder aus dem Netz fischen zu müssen. Was an der Dominanz der MT überhaupt nichts änderte. Simon Birkefeldts Versuch landete noch am Pfosten, Yves Kunkel machte es mit zwei schnellen Kontern besser: 15:5 nach nur 23 Minuten. Erst nach Timm Schneiders 16:5 ließ es Melsungen dann ruhiger angehen, Reichmann scheiterte per Siebenmeter sogar am glänzend reagierenden Puhle. Zum Glück für Gummersbach, das sich so durch Moritz Preuss und Stanislav Zhoukov bis zur Pause wieder in den einstelligen Differenzbereich zurückkämpfen konnte.
Den Start in die zweite Hälfte verschliefen die Nordhessen komplett. Heiko Grimm hatte kräftig durchgemischt, mit Timm Schneider einen neuen Spielmacher gebracht, Tobias Reichmann auf Rechtsaußen durch Dimitri Ignatow abgelöst und Finn Lemke in der ersten und zweiten Welle auch mal Anteile in der Offensive gegeben. Diese Unordnung nutzten die Oberbergischen, bei denen sich Pouya Norouzi in den Vordergrund spielte. Zwei Treffer des Spielgestalters ließen den Abstand weiter schmelzen, Marvin Sommer verkürzte gar auf 18:12 (36.). Dass Dimitri Ignatow mit dem 19:12 nach 36 Minuten den ersten Bundesligatreffer seiner Karriere erzielte, sorgte nur kurzzeitig für Begeisterung. Denn als schließlich Moritz Preuss nach vorangegangener Doppelparade von Johan Sjöstrand gegen Stanislav Zhoukov und Tobias Schröter das 19:14 gelang, bat Heiko Grimm zur Auszeit (38.).
Nur langsam spielte sich die MT wieder frei. Weil Johan Sjöstrand seine gute Leistung aus dem ersten Durchgang bestätigte und Julius Kühn sowie Timm Schneider trafen. Auch Lasse Mikkelsen meldete sich mit einer feinen Einzelleistung über Halblinks und dem 25:17 zurück (44.). Noch einmal Ignatow und zweimal Maric erhöhten auf 9:20, Melsungen hatte exakt zehn Minuten vor dem Ende wieder klar Oberwasser und steuerte doch noch dem erwartet klaren Sieg entgegen.
Da blieb sogar Zeit für Experimente und Tests wie das Spiel mit sieben gegen sechs Feldspieler, wobei sich Simon Birkefeldt zu Marino Maric an den Kreis gesellte – und auf Zuspiel von Julius Kühn, der auf Halbrechts rochiert war, zum 31:23 traf (53.). Um den Sieger ging es da längst nicht mehr, allenfalls um die Höhe des Erfolges der Nordhessen. Nachdem zunächst noch Matthias Puhle nach Ballgewinn ins leere MT-Tor netzte, feierte auch Finn Lemke noch sein persönliches Erfolgserlebnis. Er traf ebenfalls vom Kreis zum 33:26 (59.), beantwortet in der Schlussminute vom auffälligsten Gummersbacher, Pouya Norouzi, mit dem Endstand zum 33:27.
Stimmen zum Spiel
Heiko Grimm: Mit der ersten Halbzeit können wir zufrieden sein. Obwohl ich mir anfangs nicht sicher war, ob wir die vielen 1:1-Situationen lösen können. Aber das haben wir gut geschafft. In der Halbzeit haben wir dann ein mögliches Zurückschalten in der Kabine angesprochen. Letztlich können das die Spieler aber nur selbst entscheiden. Und ich bin enttäuscht über die zweite Halbzeit. Das war indiskutabel. Da spielt man eine Hälfte so gut und schenkt das Spiel dann so her. Johan Sjöstrand hat in der ersten Hälfte so gut gehalten und wird dann von seiner Abwehr so im Stich gelassen. Wir hätten heute auf die letzten guten Leistungen aufbauen und uns noch weiter verbessern können. Das haben wir leider versäumt.
Denis Bahtijarevic: Glückwunsch an Heiko und die MT Melsungen. Wir kamen heute ganz falsch ins Spiel. Die Abwehr sollte eigentlich rausgehen Kühn und die Torwartleistung war nicht in Ordnung. Wir wollten auch schnelle Mitte spielen, aber die war immer zu. Dann haben wir Preuss am Kreis gesucht, aber es hat nichts genutzt. Nach dem Umschalten auf eine 5:1-Abwehr haben wir Zugriff auf den MT-Angriff bekommen, aber leider zu viele Bälle wieder verloren. In der zweiten Halbzeit waren wir aggressiver, als Melsungen Probleme mit der 5:1 hatte. Und beim 20:15 waren wir wieder am Leben, die MT plötzlich im Stress. Dann musste Zhoukov verletzt raus und wir bekamen sofort wieder zwei. Auch als Melsungen mit sieben gegen sechs gespielt hat war das schlecht für uns.
Axel Geerken: In der Bundesliga gibt es keine Pflichtsiege. Wir haben zuletzt gute gespielt und haben das heute auch fortgesetzt. Die zweite Halbzeit war allerdings wirklich enttäuschend. Aber: wir haben den Sieg geholt. Auch gut war, dass alle einsatzfähigen Spieler ihre Einsatzzeiten bekommen haben. Deshalb bin ich, im Gegensatz zu Heiko, mit der zweiten Hälfte auch nicht ganz so schlecht in der Beurteilung.
Christoph Schindler: Auch von mir verdiente Glückwünsche zu den Punkten. Wir sind gerade in einer schwierigen Situation, die wir vermeiden wollten. Es gleicht viel der letzten Saison. Es ist wirklich keine schöne Situation, wenn man mit minus neun in der Kabine sitzt. Dann kann man entweder draufhauen oder versuchen, noch etwas Positives mitzunehmen. Das können wir heute tun indem wir realisieren, dass wir künftig mit mehr Mut und Initiative spielen müssen. Wie es aussah wird uns Zhoukov länger fehlen, sein Finger scheint gebrochen.
Zuschauer: 3.609 in der Rothenbach-Halle, Kassel.
Die nächsten Spiele:
Do., 27.09.18, 19:00 Uhr, THW Kiel – MT Melsungen, Sparkassen Arena Kiel
So., 07.10.18, 16:00 Uhr, MT Melsungen – Frisch Auf Göppingen, Rothenbach-Halle Kassel