MELSUNGEN. Die MT Melsungen wird beim Aufsteiger SG BBM Bietigheim ihrer Favoritenrolle gerecht und holt in diesem zweiten Saisonspiel in der DKB Handball-Bundesliga ihren ersten Sieg. Nach nahezu ausgeglichener erster Halbzeit mitB knapper 17:16-Gästeführung zur Pause, kann sich das Grimm-Team Mitte des zweiten Durchgangs erstmalig mit vier Toren absetzen.
Danach bestimmen die Nordhessen immer deutlicher das Geschehen und zwingen die Hausherren vor allem durch erfolgreiche Würfe aus dem Rückraum in die Knie. Beste Torschützen vor 2.141 Zuschauern in der EgeTrans Arena in Bietigheim-Bissingen sind Robin Haller (5) und Jonas Link (4) für die Gastgeber und Julius Kühn (8) und Marino Maric (7) für die MT. Die Nordhessen werden schon am Mittwoch in Mannheim vom Deutschen Vizemeister Rhein-Neckar Löwen erwartet.
Schon die ersten Aktionen ließen erahnen, dass das Spiel der MT Melsungen beim Aufsteiger SG BBM Bietigheim kein Selbstläufer für den Favoriten werden würde. Die Nordhessen starteten mit einem Fehlversuch und einer gelben Karte in die Partie. Nach knapp 90 Sekunden aber markierte Julius Kühn das 0:1, dem Bietigheims Dominik Claus prompt den Ausgleich folgen ließ. Kurz darauf markierte Marino Marc vom Kreis die 1:2-Führung.
In diesem Rhythmus ging es auch die nächsten sechs Minuten weiter: Die MT legte vor, die SG blieb ihr jeweils mit einem Tor Abstand auf den Fersen. Das lag auch daran, dass der Neuling immer wieder Schwächen in der Melsunger Abwehr nutzte. Die angepeilte Stabilisierung der Hintermannschaft mittels einer 6:0-Formation wollte sich nicht einstellen. Allein dreimal kam bis dahin Ex-Juniorennationalspieler Dominik Claus zum Torerfolg.
Wie gut nur, dass Julius Kühn seine zuletzt gegen Magdeburg vermisste Durchschlagkraft wiedererlangt hatte. Der Halblinke sorgte mit drei Treffern in Folge innerhalb von nur zweieinhalb Minuten für eine erste Beruhigung im MT Lager (5:8, 10.). Diese Drei-Tore-Differenz hielt das Grimm-Team über die Zwischenstände 6:9, 7;10, 8:11 und 10:13 bis zur 20. Minute aufrecht. Dabei ließen sich die Rotweißen auch nicht durch eine zwischenzeitlich gegen Michael Müller ausgesprochene Disqualifikation aus dem Konzept bringen. Der Routinier war unglücklich gegen einen SG-Angreifer eingestiegen, was die beiden Referees Geipel/Helbig ohne langes Zögern mit Rot ahndeten.
Gegen Ende der ersten Halbzeit wurde es dann aber noch wieder etwas knapper – wohl auch dem Versuch geschuldet, die 5:1-Abwehr als Alternative zur 6:0-Formation weiter einzuspielen. Marino Maric auf der Spitze konnte es dabei alleine nicht richten. Er hätte von den Hintermännern mehr Unterstützung benötigt. So aber konnten sich vor allem der Halblinke Robin Haller und Kreisläufer Patrick Rentschler mehrfach auszeichnen.
Es war Sand ins MT-Getriebe geraten und folgerichtig legte Heiko Grimm gut fünf Minuten vor dem Pausenpfiff die Grüne Karte. Der Break sollte sich lohnen. Dann gleich anschließend zauberte die MT eine tolle Kombination mit Pavlovic und Kühn aufs Parkett, mit sehenswertem Kreisanspiel, erfolgreich abgeschlossen von Maric.
Zwei Fehler in den Reihen der MT (eine Zweiminutenstrafe und ein Ballverlust) führten dann dazu, dass Bietigheim auf den Halbzeitstand von 16:17 verkürzen konnte. Heiko Grimms Warnung, dass der Aufsteiger in seinem ersten Auftritt vor eigenem Publikum mit sehr viel Euphorie an das Spiel herangehen und es die MT schwer haben würde, dies im Zaum zu halten, hatte sich zumindest bis dahin bewahrheitet.
Die ersten Signale im zweiten Durchgang, die den Wunsch der MT nach klareren Verhältnissen andeuteten, lieferten Julius Kühn und Simon Birkefeldt (16:19, 33.). Kurz zuvor hatte Johan Sjöstrand einen Strafwurf von Christian Schäfer vereitelt. Der Schwede hatte schon in der 20 Minute den Platz zwischen den Pfosten von Nebojsa Simic übernommen.
Die MT kam fortan immer besser ins Rollen. Nach gut 43 gespielten Minuten zeigte die Anzeigentafel in der EgeTrans Arena zum ersten Mal einen Vier-Tore-Vorsprung für die Gäste an (19:23). Marino Maric hatte gerade einen Latten-Abpraller von Regisseur Lasse Mikkelsen verwertet.
Dass der Däne neben seiner Funktion als Spielgestalter auch heiss auf Treffer war, zeigte er in der Folge gleich viermal, davon zweimal von der Siebenmeterlinie. Unterstützt beim Torewerfen wurde er dabei von Julius Kühn und Marino Maric. Aus MT-Sicht freudig anzumerken war die Tatsache, dass mit den Torerfolgen auch die Spielfreude Einzug gehalten hatte. Es lief jetzt im Angriff zweifelsohne runder als in Halbzeit 1.
Parallel dazu hatte sich auch die Hintermannschaft gefunden und raubte in der Defensive den wackeren Liganeulingen die letzten Energien. Einige Mal im Mittelpunkt stand dabei Johan Sjöstrand mit einer Reihe guter Reflexe. Der bis zur 55 Minute auf 9 Tore angeschwollen Vorsprung hätte bei noch konsequenterer Chancenverwertung sogar noch deutlich ausfallen können. Aber Yves Kunkel und Tobias Reichmann fanden jeweils völlig frei vor dem SG Gehäuse in dem in der Schlussphase eingewechselten Jürgen Müller ihren Meister.
In Gefahr geriet dadurch der MT-Sieg aber keineswegs. Denn die Nordhessen zogen – angetrieben von dem aufs Parkett zurück gekehrten Domagoj Pavlovic – souverän ihr Ding bis zum Schlusspfiff durch und feierten so ihren völlig verdienten ersten Saisonsieg.
Trainerstimmen zum Spiel:
Ralf Bader: Die MT Melsungen gehört sicher zu den stärksten Mannschaften dieser Liga, das hat man in der zweiten Halbzeit gesehen. Dennoch haben wir deren Abwehr mit unseren im Vergleich zum Gegner kleineren Spielern ziemlich gut beschäftigt und in Bewegung gebracht. Leider haben wir in der zweiten Hälfte vorne zu wenig Durchschlagskraft entwickelt und entsprechend wenig Tore erzielt. Andererseits haben wir Melsungen oft zu schnellen Toren eingeladen.
Heiko Grimm: Wir freuen uns natürlich über unseren ersten Saisonsieg. Dass dies nicht einfach werden würde, war uns klar. Schließlich ist ein Spiel beim Aufsteiger, der zum ersten Mal vor eigenem Publikum aufläuft, für jede Gastmannschaft gefährlich. Phasenweise hatten wir eine gute Struktur in unserem Angriffsspiel, auch schon in der ersten Halbzeit. Da hat es allerdings an der Chancenverwertung und an der Abwehrarbeit gehapert. Wir waren nicht schnell genug auf den Beinen, haben nicht konsequent genug dem Nebenmann ausgeholfen. Damit einhergehend hatten wir auch wenig Torhüterparaden. Das alles trägt nicht gerade dazu bei, Sicherheit zu gewinnen. Das zeigen nicht zuletzt die drei vergebene Gegenstöße und der nicht verwandelte Strafwurf. In der zweiten Halbzeit lief es dann viel besser. Da haben wir auch unsere Torgelegenheiten konsequenter genutzt, allen voran Julius Kühn, Marino Maric und Domagoj Pavlovic. Gegenüber dem letzten Spiel gegen Magdeburg war ein kleiner Aufwärtstrend zu erkennen. Insgesamt aber müssen wir uns steigern – vor allem in der Abwehr, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen. (pm)