Tag der offenen Tür im buddhistischen Kloster
DILLICH. Als Familie Rudolph mit ihren Ingenieur-Büros für Kraftwerksbau und Parkhausbau das Schloss in Dillich verließ, gab es nur noch eine kurze Zwischennutzung. Und hätten die Mönche aus Thailand das Anwesen nicht erworben, so würde es vielleicht zu den Immobilien gehören, die dem Verfall preisgegeben sind.
Jetzt ist das sehenswerte und über 660 Jahre alte Gebäude ein Ort der Ruhe und der Meditation. Neun Nonnen und sechs Mönche sind im Schloss auf 1650 Quadratmetern Wohnfläche und in 35 Räumen zuhause. Das denkmalgeschützte Bauwerk ist von einem über 2,5 Hektar großen Park umgeben, direkt am Dillicher See, der seit vielen Jahrzehnten Ausflugsort nordhessischer Freaks, Hippies und alternativ denkender Menschen ist.
Am vergangenen Wochenende hatten die Mönche unter der Leitung von Meister Luang Pho zu Tagen der offenen Tür eingeladen und dabei nicht nur ihre Türen, Räume und Gärten geöffnet, sondern gezeigt wie sie leben, was sie glauben und was das Wesentliche im Leben ist. Mit einem traditionellen thailändischen Fest, Kultur und asiatischen Speisen – nicht für Geld aber gerne gegen Spenden – gewährten sie den rund 2.000 Besuchern Einblicke in die Ursprünge ihrer Religion. Allen voran Sayan Tikino, der regemäßig aus dem Buddhistischen Meditationszentrum Wimuttidhamma in der Schweiz nach Dillich reist und alle öffentliche Arbeit des Klosters koordiniert.
Nutzung nur im Sommer – Seminarzentrum am Edersee
Die Realität hat allerdings auch die rund zehn Mönche und Nonnen in Dillich erreicht. Weil die Bauherren des Schloss vor fast 700 Jahren nichts von heutigen Bauvorschriften wussten, hat das Objekt zu wenig Fluchtwege für den Brandfall. Daher dürfen keine Seminargäste mehr im Haus übernachten. Am Edersee in Marienhagen (Vöhl) ist daher das dazugehörige Seminarzentrum entstanden. Und im Winter wird in Dillich nur grundgeheizt, dann reisen Mönche und Nonnen dahin, wo es wärmer ist. Die Heizkosten wären für die bescheidenen Anhänger Buddhas nicht finanzierbar.
Die dürfen übrigens nichts besitzen, verlangen kein Geld, eben nur Spenden und machen doch einen ganz glücklichen Eindruck. Zufriedener als viele der Besucher, die mit großen SUVs vorfahren und nach dem Eigentlichen suchen. Wer sich auf den Weg zu sich selbst machen will, hat dazu aber nicht nur an einem Tag der offenen Tür die Gelegenheit.
Die Kunst nur im Moment zu sein und nur eine Sache zu tun
Die Kunst, zufrieden zu sein, beginnt – das begreift man schnell im alten Schloss in Dillich – mit der Fixierung auf das, was man gerade tut. Es ist nicht leicht, nur im Hier und Jetzt zu sein, wenn ausschließlich das zählt, was man gerade tut und die Gedanken nicht schon zum nächsten Moment, zu unerledigten Aufgaben, zur ungelesenen WhattsApp-Nachricht oder zu vertanen Chancen fliegen, sondern in dieser aktuellen Situation bleiben. Damit beginnt die Meditation und für viele sind Ausflüge in das Kloster oder sein Seminarzentrum eine wertvolle Erfahrung, die für die Aufgaben des Alltags rüsten. Und dabei scheint es egal zu sein, welcher Religion die Gäste angehören.
Wer durch das Schloss geht, trifft auf zwei Welten. Die Möbel und Gebäude spiegeln mehrere Jahrhunderte deutscher Kultur wieder, die Meditationsräume versprühen asiatische Spiritualität. Beides beißt sich nicht. Auch dann nicht, wenn religiöse Bildnisse aus Thailand auf christliche Nonnenbilder treffen und in der Bibliothek Goethes gesammelte Werke und andere Schätze heimischer Kultur zum Lesen einladen. Da stehen noch ganz alte Telefone und preußische Büsten. Otto von Bismarck lässt Grüßen und trifft plötzlich auf Buddha. Hier wird wertgeschätzt, was Menschen etwas bedeutet hat und nichts wirkt wirklich fremd, weder für die Bewohner noch ihre Gäste. Wer sich auf das Fremde einlässt spürt, dass es nicht bedroht, sondern bereichert.
Samstags: Besichtigungen und Aufmerksamkeitsmeditationen
Wer sich einlassen kann, auf eine neue Erfahrung, findet dazu Gelegenheit in den Aufmerksamkeitsmeditationen, die sich dem JETZT, das immer gerade im Moment in Körper und Geist passiert, zuwenden. Sie finden immer samstags von 16 bis18 Uhr statt. Von 14 bis 16 Uhr werden zuvor Führungen durch das Kloster angeboten. (rs)