KOMPASS startet im Schwalm-Eder-Kreis
HOMBERG/EFZE | NORDHESSEN. Sprechen wir heute über Sicherheit, dann reden wir über eine Faktenlage, die recht eindeutig einen Rückgang der Straftaten belegt, bei einer gleichzeitig steigenden Aufklärungsquote von landesweit aktuell 62,8 Prozent, im Schwalm-Eder-Kreis sogar 63,1 Prozent.
Gleichzeitig fühlen sich stets Bürger im Stich gelassen und beklagen einen Verlust an Sicherheit. Ganz gleich, ob gefühlt viele Verbrechen geschehen oder real, jede Tat ist eine zu viel und Hessens Polizei hat etwas dagegen:
KOMPASS, die Abkürzung für KOMmunalProgrAmmSicherheitsSiegel, startet. Hinter dem Wortungetüm, dass aber in seiner Kurzform locker über die Lippen geht und zugleich symbolisiert, dass hier ein Wegweiser durch den Sumpf von Gewalttaten oder Eigentumsdelikten in Gang gesetzt wird, steckt ein ganzheitliches System zur Prävention gegen Straftaten. Schon 2017 wurde ein Feldversuch gestartet und ausgewertet, der so positiv gewirkt hat, dass nun seine Übertragung auf das ganze Bundesland geplant ist. Das erste Projekt wurde wissenschaftlich begleitet von der Universität Gießen und hier vor allem durch Prof. Dr. Britta Bannenberg.
Erst die Analyse, dann das Sicherheitskonzept
Soziologie und Kriminologie treffen auf Ermittlung und Beweisführung. Soziologen und Polizisten sind von Berufs wegen nicht die engsten Freunde. Das ist ähnlich, wie bei Hebammen und Sargschreinern. Aber auch Ärzte und Heilpraktiker reden miteinander. Inzwischen haben vier Modellkommunen einen neuen Weg in Sachen Sicherheitskonzept beschritten und einerseits die Delikte innerhalb ihrer Stadt oder Gemeinde bewertet, die Entstehung von Verbrechen und Delikten analysiert und Strategien entwickelt, weil plötzlich Trends, Schwerpunkte und Muster erkennbar wurden.
Wichtig war, dass diejenigen Miteinander geredet haben, die Verbrechen bekämpfen und Täter ermitteln oder verhaften, sowie diejenigen, die Verbrechen über Ursachen und günstiges „Klima“ erklären können, sowie diejenigen, die betroffen sind oder sich betroffen fühlen.
Regionalkonferenz Schwalm-Eder
Das Polizeipräsidium Nordhessen hatte am Montagnachmittag zu einer Regionalkonferenz für diese neue kommunale Sicherheitsinitiative des Landes Hessen „KOMPASS“ in das Behördenzentrum des Schwalm-Eder-Kreises in Homberg eingeladen. Eine große Zahl der Bürgermeister oder deren Vertreter der 27 Städte und Gemeinden im Schwalm-Eder-Kreis waren der Einladung gefolgt, um aus erster Hand durch die Polizei über das aktuelle Thema informiert zu werden.
Zahlreiche Städte und Gemeinden in Nordhessen wollen sich auf ein neues Sicherheitskonzept einlassen und einige wenige haben den Weg bereits eingeschlagen. Dazu gehören Gudensberg im Schwalm-Eder-Kreis, Willingen in Waldeck Frankenberg und Ahnatal im Landkreis Kassel. Auch mit Bürgermeister Spogat in Fritzlar und vier weiteren Kommunen wurde bereits gesprochen.
Die Südachse zeigt deutlich mehr Interesse als der Norden. In Homberg waren die Bürgermeister aus Bad Zwesten, Frielendorf, Jesberg, Neukirchen/Knüll, Ottrau, Schrecksbach und Willingshausen mit großem Interesse angereist. Homberg, Schwalmstadt und Spangenberg hatten leitende Angestellte aus den jeweilige Rathäusern geschickt.
Was KOMPASS ist
KOMPASS ist ein Angebot des Hessischen Innenministeriums an die Städte und Gemeinden, das auf eine nachhaltig ausgerichtete Verzahnung zielt und eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Polizei und Kommune. Die Polizei Hessen bietet an, gemeinsam mit den Kommunen und den Bürgerinnen und Bürgern, die spezifischen kommunalen Sicherheitsbedürfnisse, also auch die Sorgen und Ängste der Bevölkerung zu erheben, zu analysieren und gemeinsam ein passgenaues Lösungsangebot zu entwickeln. Das wird in jeder Kommune anders aussehen.
In den vier KOMPASS-Modellkommunen Hanau, Bad Homburg, Schwalbach am Taunus und Maintal wurde seit Einführung im Dezember 2017 bereits viel für die Sicherheit vor Ort getan. Überall fanden Bürgerbefragungen und KOMPASS-Sicherheitskonferenzen statt. Die dort gemachten Erfahrungen waren durchweg positiv, so dass das Hessische Innenministerium Ende Mai die Ausweitung des Programmes für alle hessischen Kommunen beschloss. KOMPASS stößt bereits in vielen hessischen Kommunen auf großes Interesse, wie Regionalkonferenzen in anderen Teilen des Landes gezeigt haben.
Polizeipräsident dankt für großes Interesse
Zu Beginn der Veranstaltung in Homberg begrüßte der nordhessische Polizeipräsident Konrad Stelzenbach die anwesenden Gäste und bedankte sich herzlich bei den Vertreterinnen der Kreisverwaltung des Schwalm-Eder-Kreises, der Leiterin des Fachbereichs „Recht, Öffentliche Sicherheit und Ordnung“, Frau Katharina Eisenach und Frau Brigitte Staufenberg, die Landrat Winfried Becker vertraten, für die Gastfreundschaft und die Nutzung der Räumlichkeiten im Landratsamt.
Danach stellte er den stellvertretenden Leiter der Polizeidirektion Schwalm-Eder, Herrn Kriminalrat Bernhard Volke, in dessen Verantwortung die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger des Schwalm-Eder-Kreises liegt und das Team der Abteilung Einsatz-Prävention, vor. Herr Stelzenbach erläuterte kurz die Hintergründe der Initiative und betonte, dass das Hessische Innenministerium für dieses Programm jedem Präsidium zwei zusätzliche Stellen, hessenweit insgesamt 14, zugewiesen hat, um so den Bereich der Prävention dort weiter zu stärken.
KOMPASS-Berater Jan Selchow
Im Anschluss übernahm Polizeihauptkommissar Jan Selchow, als einer der anwesenden KOMPASS-Berater und begann seinen Vortrag mit der Vorstellung der weiteren Ansprechpartner für KOMPASS, die nach der Konferenz für sämtliche Fragen zur Verfügung standen und einiges an Info-Material im Gepäck hatten. Sie, die Ansprechpartner, nehmen bei der Sicherheitsinitiative eine zentrale Rolle ein. Der KOMPASS-Berater ist eine Polizeibeamtin oder ein Polizeibeamter, der im ständigen Dialog mit den Partnern den Fortschritt der gemeinsamen Initiativen für mehr Sicherheit dokumentiert.
Polizei – Kommune – Bürger
In einem ersten Schritt gehen die Ansprechpartner auf die kommunalen Vertreter zu und erstellen mit diesen gemeinsam eine detaillierte Sicherheitsanalyse für die jeweilige Stadt oder Gemeinde. Berücksichtigung finden dabei alle bewährten Maßnahmen der Polizei sowie alle Programme, die bereits vor Ort wirken. Dabei soll auch Bestehendes auf den Prüfstand gestellt und eine detaillierte Maßnahmenliste erstellt werden, wie die Sicherheit vor Ort weiter verbessert werden kann.
Schließlich ist es von grundlegender Bedeutung, dass alle Partner, die Aufgaben im Bereich der Sicherheit wahrnehmen sowie auch Bürgerinnen und Bürger an einen Tisch geholt werden. Individuelle Wahrnehmungen der Menschen können in Bürgerversammlungen oder Sprechstunden aufgenommen werden und mit in die Analyse einfließen.
Auszeichnung mit dem Sicherheitssiegel
Jede KOMPASS-Stadt und jede KOMPASS-Gemeinde wird bei erfolgreicher Zusammenarbeit mit dem Land Hessen ihr eigenes Sicherheitssiegel erhalten. Jede Stadt und Kommune, die sich künftig KOMPASS-Kommune nennen darf, steht bereits dafür, dass dort in Kooperation mit der Polizei gemeinsam an der Stärkung der Sicherheit gearbeitet wird. Wenn die ausgemachten Probleme angepackt und Lösungen erfolgreich umgesetzt wurden, werden diese KOMPASS-Kommunen mit dem Sicherheitssiegel als „Sichere Kommune“ ausgezeichnet.
„Die Auszeichnung mit dem Sicherheitssiegel bedeutet nicht, dass dort künftig kein Fahrrad mehr geklaut wird. Das Sicherheitssiegel steht vielmehr dafür, dass die Kommune sich in besonderem Maße für die Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger eingesetzt, deren Sorgen und Ängste aufgegriffen und gemeinsam mit der Polizei Sicherheitsmaßnahmen erfolgreich umgesetzt hat. Das Sicherheitssiegel ist somit die Wertschätzung für geleistete Arbeit für mehr Sicherheit vor Ort“, so eine Aussage des hessischen Innenministers bei einer ähnlichen Veranstaltung.
Kommunen können sich formlos melden
Weitere Kommunen, die Interesse an der Initiative haben, können sich gerne jederzeit per E-Mail unter kompass.ppnh@polizei.hessen.de an das Polizeipräsidium Nordhessen wenden. (rs)