HOMBERG/EFZE. Drei Frauen aus dem Schwalm-Eder-Kreis im Alter zwischen 40 und 78 Jahren sind zwischen April und August Opfer von Betrügern geworden. Die genaue Höhe des Schadens steht laut einer Mitteilung der Polizei aber bislang nicht fest. Eine Frau überwies 8.500 Euro an den Mann, der die Masche des „Lov-Scamming“ nutzte.
Die Frauen lernten die Männer auf verschiedenen Online-Partnerbörsen kennen. In allen Fällen handelte es sich um einen angeblichen US-Soldaten in Syrien, einen angeblichen Ingenieur sowie um einen angeblichen US-General. Über verschiedene Messengerdienste wie WhatsApp, Google-Hangout oder Facebook bauten die Täter ein Vertrauensverhältnis mit den Frauen auf. Nach mehreren Wochen wurde dann von den jeweiligen Männern eine finanzielle Notlage geschildert und die Frauen um kurzzeitige finanzielle Unterstützung gebeten. In einem der drei Fälle wurden bereits 8.500 Euro ins Ausland überwiesen. In einem weiteren Fall konnte durch einen aufmerksamen Bankmitarbeiter die Überweisung von 6.000 Euro verhindert werden. Im dritten Fall ist noch nicht bekannt, ob ein Schaden eingetreten ist. Die 78-Jährige aus dem Schwalm-Eder-Kreis war bereits schon einmal auf diese Masche hereingefallen. Aufgrund des rechtzeitigen Einschreitens der Kriminalpolizei kam es aber zu keinem Schaden. (wal | ots)
Hintergrund
Ein kurzer Chat oder eine nette Mail von einem Unbekannten – das so genannte Love- oder Romance-Scamming fängt harmlos an. Die Scammer suchen auf Online-Partnerbörsen oder in sozialen Netzwerken wie Myspace oder Facebook nach Opfern, sie gehen Mitgliederlisten durch oder verwenden Adressen aus Yahoo oder dem MSN-Messenger. Eine kurze Online-Einladung zum Chat dient vielen als Erstkontakt. Um sich beim potenziellen Opfer interessant zu machen, legen sich die Scammer ungewöhnliche Lebensgeschichten zu – und sie hinterlassen immer einen seriösen Eindruck.
Typische Scammer-Profile
Scamm-Männer geben sich als Soldaten, Ingenieure, Architekten, Soziologen, Konstrukteure in der Ölindustrie oder als Tierärzte und Computerspezialisten aus. Auf den Fotos des Scammer-Profils bekommen weibliche Opfer eine attraktive weiße Person präsentiert – die Bilder sind allerdings gestohlen. Und auch wenn der „Neue“ vorgibt, in Amerika oder im europäischen Ausland zu leben, so sitzt er wahrscheinlich in Westafrika. Davon merken die Opfer allerdings nichts, denn diese Chat-Bekanntschaften sprechen perfekt Englisch oder benutzen kostspielige Übersetzungstools für ihre Mails.
Scamm-Frauen geben sich bevorzugt als Krankenschwestern, Ärztinnen, Mitarbeiterinnen im Waisenhaus oder als Lehrerinnen, Schauspielerinnen sowie als Geschäftsfrauen jeder Art aus. Die Frauen auf den Bildern in Netzwerken und auf Dating-Seiten sind äußerst attraktiv. Aber auch diese Bilder sind meist gestohlen oder einzig für das Scamming fotografiert worden. Das ist an Fotostrecken mit ähnlichen Posen und Kleidung zu erkennen. Viele Frauen geben sich als Russinnen aus. Sie können aber auch aus Südamerika, Thailand, Afrika oder Europa stammen. Auch alle Scamm-Frauen beherrschen die englische Sprache, manchmal sogar die deutsche Sprache, perfekt.
Vorgehen
Sowohl Scam-Männer als auch Scam-Frauen schaffen es, sich im täglichen Leben ihrer Opfer unverzichtbar zu machen – und zwar ohne ein einziges Treffen. Auf eine romantische Mail am Morgen folgt ein kurzes Telefonat am Mittag, nach Feierabend wird gechattet oder stundenlang telefoniert. Bei den Gesprächen geht es zu Beginn keineswegs um Geld, sondern um den Beruf, die Familie sowie um Liebe und eine gemeinsame Zukunft. Oft werden Geschichten über verstorbene Ehepartner und Kinder aufgetischt. Wenn die Scammer nicht schon dort sind, dann müssen sie dringend geschäftlich oder aus familiären Gründen nach Westafrika. Dabei versprechen die Betrüger, dass sie ihre neue Liebe danach besuchen werden. Doch bevor oder kurz nachdem das Ticket nach Deutschland gebucht wird, gibt es Schwierigkeiten: Überfälle, gestohlene oder konfiszierte Pässe, ein Krankenhausaufenthalt nach einem Autounfall oder Probleme mit Kreditkarten. Die Opfer werden gebeten, per Bargeldtransfer (z.B. Western Union oder MoneyGram) Geld zu senden. Die Liebe wird in solchen Bettelmails immer stark hervorgehoben. Manchmal werden Opfer von einem „Arzt“, einem „Polizisten“ oder „Angehörigen“ kontaktiert, der noch mehr Druck auf das Opfer ausüben soll. Das geht oft so weit, dass die Scammer ihren Selbstmord ankündigen – nur um an das Geld zu kommen.
In anderen Fällen werden Opfer gebeten, afrikanische Schecks und Zahlungsaufträge auf das eigene Bankkonto einzureichen (weil das in Westafrika nicht möglich sei). Den größten Teil des Schecks sollen die Opfer per Bargeldtransfer über MoneyGram oder Western Union wieder nach Westafrika überweisen, einen kleinen Rest dürfen sie für sich behalten. Problem: Die Schecks sind Rückschecks, für deren Rückzahlung an die Bank die Kontoinhaber verantwortlich sind. Im schlimmsten Fall droht dem Opfer gar eine Strafanzeige wegen Betruges.
Auch kleine Päckchen, die eine dritte Person vorbeibringt, sollen dem Scammer nach Afrika gesandt werden. Der Inhalt ist zumeist mit einer gestohlenen Kreditkarte bezahlt. Das Weiterleiten oder Aufbewahren der Päckchen ist illegal und kann Opfer in ernsthafte Schwierigkeiten bringen.
Oft täuschen Scammer vor, dass sie das Flugticket für das Treffen in Deutschland nicht bezahlen können. Auch werden Kosten für das Visum oder die Visumserteilung fällig – nicht zu vergessen die so genannte PTA oder BTA, eine Art Gebühr an die Regierung, ohne die man das Land gar nicht verlassen könne, und die bar vor Abflug entrichtet werden muss. Diese Gebühr gibt es offiziell gar nicht.
Quelle: http://polizei-beratung.extrapol.de/themen-und-tipps/betrug/scamming/
1 Kommentar
“ Die 78-Jährige aus dem Schwalm-Eder-Kreis war bereits schon einmal auf diese Masche hereingefallen.“ auch alte Leute sollten fähig zu sein zu lernen.
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