Landkreis bietet Geflüchteten Informationen, Austausch und Mitarbeit an
MARBURG. Der Kreistagsvorsitzende Detlef Ruffert hat geflüchtete Menschen über die demokratischen Grundsätze in Deutschland informiert. Andere sammeln bereits praktische Erfahrungen in gewählten Flüchtlingsräten.
Bereits zum dritten Mal informierten sich Geflüchtete im Landratsamt über das politische System in Deutschland. Ausgehend von einem Überblick über die Geschichte der Bundesrepublik vermittelte Ruffert im Rahmen des VOICE-Programms den Teilnehmerinnen und Teilnehmern theoretische Kenntnisse vor allem zum Aufbau und der Funktionsweise demokratischer Strukturen in Deutschland.
Dabei zeigte er an den Beispielen der Grundsätze der freien, gleichen und geheimen Wahl und der Gewaltenteilung den Unterschied zu diktatorischen Systemen auf. Hier zeigte die Veranstaltung, dass der angstfreie Umgang mit Wahlen und der offene Umgang mit dem Thema Politik für viele Geflüchtete eine neue Erfahrung ist.
In der sich anschließenden Frage- und Diskussionsrunde thematisierte Ruffert die Möglichkeiten eines eigenen Engagements in den demokratischen Strukturen. „Das Engagement für die Arbeit der Sprecherräte oder auch die Mitarbeit bei der Kommission für Partizipation und Teilhabe in Vielfalt können für Sie ein erster Einstieg sein“, sagte Ruffert. Ihm ist die regelmäßige Veranstaltung wichtig. „Im direkten Gespräch können die vielen Fragen und Unsicherheiten der Geflüchteten zu den Themen Demokratie und Politik eben am besten angesprochen werden“, ist sich Ruffert sicher.
Nicht nur besprochen sondern auch gelebt wird Demokratie in den Flüchtlingssprecherräten im Landkreis, deren Wahlen für viele Geflüchtete überhaupt die erste Möglichkeit der Teilnahme an einer geheimen und ohne mit Angst verbundenen Wahl war.
„Wir sehen in diesen Angeboten wichtige Schritte um auch Geflüchteten die Grundlagen unseres Staates nahezubringen und zum demokratischen Miteinander zu motivieren. Die positive Resonanz zeigt, dass hier ein großes Interesse nach Information und Austausch besteht“, sind sich der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow sowie Rainer Flohrschütz vom Büro für Integration und Andreas Tauche vom Fachdienst Teilhabe und Sozialdienst Zuwanderung einig.
In den Regionalsprecherräten können sich die gewählten Mitglieder beispielsweise in Fragen zur Verbesserung der Wohnsituation, Sprach- und Unterstützungsangebote und weiteren Integrationsmöglichkeiten in Gesellschaft und Arbeitsmarkt einbringen und die Möglichkeiten einer erfolgreichen Zukunftsplanung in Deutschland erörtern.
Dabei übernehmen sie zunehmend Verantwortung für sich und andere in eigenen Angelegenheiten, erleben in dieser Arbeit häufig zum ersten Mal, dass sie in demokratischen Strukturen etwas selbst bewirken können und unterstützen zugleich die Arbeit der hauptberuflich und ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit Tätigen. (pm)
Hintergrund
- Flüchtlingssprecher werden in den größeren und ausgewählten Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises (ab 20 Personen) sowie regionalbezogen von allen volljährigen Bewohnerinnen und Bewohnern gewählt.
- Die Wahl findet in einer Wahlversammlung statt, ist schriftlich und geheim.
- Je Unterkunft und Region werden bis zu vier Sprecherinnen und Sprecher gewählt. Frauen und Männer sollten entsprechend ihrem Anteil an der Bewohnerstruktur beteiligt sein. Die Wahlperiode dauert zwölf Monate, eine Wiederwahl ist zulässig.