Erste Stadträtin Silke Engler im Gespräch
BAUNATAL. Der unerwartete Tod von Manfred Schaub hat in Baunatal nicht nur Bestürzung und Fassungslosigkeit ausgelöst. Viele Menschen machen sich Gedanken über die Zukunft der Stadt und darüber, was sich ändern könnte.
Nach der Hessischen Gemeindeordnung hat die Erste Stadträtin Silke Engler die Amtsgeschäfte übernommen und zusätzlich zu ihren eigenen Aufgaben auch die des Bürgermeisters. Einweihungen und Eröffnungen finden statt, Förderbescheide werden übergeben und Pläne verwirklicht. nh24- und Treffpunkt Baunatal-Redakteur Rainer Sander hat sich am Stadtfest-Samstag mit Silke Engler über die Situation Baunatals in der ungeplanten „Stunde Null“ nach Manfred Schaub unterhalten.
nh24: Wie haben Sie vom Tod Manfred Schaubs erfahren?
Silke Engler: Manfreds Frau Ute hat mich unmittelbar nach Manfreds Tod angerufen.
nh24: Was waren Ihre ersten Gedanken?
Silke Engler: Das kann nicht wahr sein, das glaube ich nicht!
nh24: Wer hat sich zuerst gemeldet?
Silke Engler: Die erste Kontaktaufnahme kam von meinem Kollegen, Bürgermeister Plätzer aus Schauenburg, auch dort hatte sich die Nachricht in einer hohen Geschwindigkeit verbreitet.
Krisenmodus und Zukunftsplanung
nh24: Noch mitten in der Schockstarre, wie war der Übergang in das Tagesgeschäft?
Silke Engler: Ich habe gut im Krisenmodus funktioniert und mich auf das Wesentliche fokussiert. Neben der Vorbereitung einer würdevollen Trauerfeier für Manfred, bedeutete das die Teilnahme an allen wichtigen Terminen, die der zukünftigen Entwicklung unserer Stadt dienen. Dazu gehörten beispielsweise Gespräche mit den Eigentümern des Cineplex über ihre Erweiterungspläne für das Kino und mit der Deutschen Glasfaser über den dringlichen Breitbandausbau in Baunatal.
nh24: Gibt es irgendetwas, das jetzt unplanmäßig warten muss?
Silke Engler: Wir verschieben einige Konzeptaktualisierungen in das nächste Jahr. Die Neuauflage von Baunatal 2030 oder die Studie zur Erweiterung und Attraktivierung der Sauna im AquaPark sind keine zeitkritischen Themen, die wir mit guter Konzentration und gutem Gewissen auch im nächsten Jahr bearbeiten können.
In der Dieselkrise nicht an wichtigen Dingen sparen
nh24: Wie schwer wiegen die aktuellen Entwicklungen bei VW für die Stadt Baunatal und ihren Haushalt?
Silke Engler: Die Auswirkungen der Dieselkrise spüren wir schon seit ihrem Beginn. Wir haben uns seinerzeit gemeinsam entschieden, statt einer Haushaltssperre gezielt Maßnahmen umsetzen, die der inhaltlichen Weiterentwicklung der Stadt dienen. Wir sparen nach wie vor nicht bei der Bildung, der Vereinsförderung und der Feuerwehr. Die eine oder andere Straßensanierung wird allerdings etwas später durchgeführt. Diese Linie werden wir weiterverfolgen und damit ist Baunatal in jeder Beziehung handlungsfähig.
nh24: Manfred Schaubs Politik war viel „Lobbyarbeit von oben“. Ist es schwierig, in die bestehenden und funktionierenden Netzwerke vorzudringen?
Silke Engler: Es waren immer beide Seiten – Manfreds Vernetzung bis in die höchsten Ebenen des Staates hinein und eine gute Umsetzung mit Partnern hier vor Ort, die längst auch ein Teil meines Netzwerkes sind. Viele gute und vertrauensvolle Kontakte in die Landes- und Bundespolitik haben sich in den elf Jahren Arbeit als Erste Stadträtin entwickelt. Die guten Verbindungen von Manfred Schaub waren nicht auf Personen beschränkt. Ich habe gerade mit Klaus Mohrs, dem Oberbürgermeister von Wolfsburg telefoniert, der natürlich ein großes Interesse an guten Beziehungen zu Baunatal als Stadt hat.
nh24: Was passiert gerade in der Stadt?
Silke Engler: Wir haben ein wunderbares Stadtfest gefeiert, auf dem unsere Vereine wieder einmal mehr gezeigt haben, was für eine tolle Arbeit sie leisten. Wir haben in den Gremien der Stadt die Diskussion um die beiden großen Modernisierungsvorhaben Max-Riegel-Halle und Kulturhalle weitergeführt und werden in den Sommerferien zwei sportliche Highlights mit dem VfL Wolfsburg und der MT Melsungen erleben.
Kein Sommerloch in Baunatal
nh24: Gibt es ein Sommerloch in Baunatal oder was sind die wichtigsten Aufgaben für die nächsten drei Monate?
Silke Engler: Die Sommerferien nutzen viele, um Kraft zu sammeln für das zweite Halbjahr. Hier im Rathaus wird natürlich weitergearbeitet. Zum Beispiel werden Straßenbaumaßnahmen fortgeführt und das nächste Kindergartenjahr vorbereitet. Nach den Ferien werden wir die Entscheidung für die jeweilige Modernisierungsvariante der Kulturhalle und der Max-Riegel-Halle sowie den Umbau der Kreuzung Niedensteiner Straße/Besser Straße in den Gremien treffen.
nh24: Welche großen Herausforderungen stehen danach an?
Silke Engler: Der Haushaltsplan, also der „Fahrplan“ für das Jahr 2019, muss vorbereitet werden und die weiteren Gespräche mit dem Landkreis sowie Marktanbietern für den Breitbandausbau stehen im Terminkalender.
Menschen, Vereine und Unternehmen bewirken Großartiges
nh24: Was haben Sie für ein Gefühl, wenn Sie an die Zukunft der Stadt denken?
Silke Engler: Wir haben mit Manfred Schaub einen wichtigen Motor der Stadtentwicklung verloren; es gibt aber ganz viele Menschen in dieser Stadt, die etwas bewegen wollen. Wir haben Vereine, die Großartiges bewirken und Menschen in der Stadt begeistern. Wir beherbergen einen sehr leistungsfähigen Volkswagenstandort, der durch die Elektromobilität noch gestärkt wird. Und wir verfügen über eine hervorragende Infrastruktur. Wir sind vorbereitet und ich weiß, dass wir gemeinsam für unser Baunatal viel erreichen können.
nh24: Frau Engler, vielen Dank für das Gespräch (rs)