Komplizierte Baustelle in Großenritte
BAUNATAL. Es ist eine dieser Baustellen, die Menschen lange beschäftigen, sehr wundern und bei denen man hinterher scheinbar wenig Veränderungen an der Oberfläche gegenüber vorher wahrnimmt.
Trotzdem sind am Ende 1,8 Millionen Euro unter dem Pflaster, in diesem Fall „Unter den Linden“ vergraben. Großenrittes Dorfmitte ist zurzeit aufgerissen, der Verkehr sucht sich seinen Weg durch’s Dorf oder außen rum und die Leisel wird am offenen Herzen operiert, wie die Erste Stadträtin Silke Engler bei einer Baustellenbesichtigung am Montag feststellte.
Zwischen Kirche und Besser Straße ist seit dem 5. März 2018 die Straße aufgerissen, die Bagger graben nicht etwa nach Bodenschätzen aber allerlei Neues geschieht hier „unter Tage“. 300 Meter Kanalleitung mit neun Schächten sowie einem Sonderbauwerk sowie 255 Meter Wasserleitung werden erneuert und auf eine andere Höhe gelegt, mit ihnen 19 Hausanschlüsse und 13 Regeneinläufe. Gleichzeitig werden andere Versorgungsleitung wie Strom, überprüft und – wenn nötig – ausgesteuert.
Die Leisel wird verrohrt
Bis hier her ist es nicht kompliziert. Aber die Leisel, die unter Dorfplatz und Eisdiele hindurchfließt, bekommt nun auf 102 Metern Länge ebenfalls ein neues Bett und wird endlich verrohrt. Bislang floss sie in einem „U-förmigen“ Kanal, nach oben offen und inzwischen sehr undicht, in ihrem ursprünglichen Bett. Demnächst bekommt sie einen Rahmenkanal, der bis zu drei Meter breit ist und einen anderen Verlauf nimmt. Bei den bisher dreimonatigen Baumaßnahmen tauchten jede Menge Natursteinquader auf, die eine Seite des alten Rahmenkanals der Leisel markierten. Eine alte Brücke und andere Überraschungen könnten ebenfalls noch Abweichungen in der Planung bescheren.
Um trockenen Fußes arbeiten zu können, wird vorübergehend das Grundwasser im Bereich der Baustelle durch Bohrungen abgesenkt.
Besonderheit: Flüssigboden
Eine Besonderheit dieser Baumaßnahme ist das Einbringen von Flüssigboden. In einem Mischverfahren wird dabei der Aushub aus der Baustelle zuerst von groben Steinen befreit und dann mit sogenanntem Compound – in diesem Fall aufbereiteter Ton – sowie Kalk und Wasser angereichert. Auf diese Weise fließfähig kann der Flüssigboden an gleicher Stelle beim Einbau erdverlegter Bauteilen zur Wiederverfüllung eingebracht werden. Der Vorteil ist, dass das sich der Flüssigboden selbst verdichtet und geräuschdämmend sowie erschütterungshemmend wirkt. Er passt sich auch optimal dem vorhandenen Boden an. Schon nach kurzer Zeit ist er begehbar, behält aber den Wasseranteil.
Einen weiteren Vorteil erläutert Guido Böhm, der die Anlage bedient, welche die Firma Küllmer eigens in der Huhnsecke am Ortsausgang von Großenritte Richtung Elgershausen aufgebaut hat: Es entstehen – im Gegensatz zu Beton – keine Absenkungen.
Fünf Bauphasen
In vier Bauphasen sollen alle Tiefbau-Arbeiten abgeschlossen sein. In einer Winterpause liegt die Straße im Schotter, erklärte Peter Nagel vom Ingenieurbüro Gajowski. Am Ende der Baumaßnahme werden 2500 Quadratmeter Straßen, Gehwege und Parkplatzflächen gepflastert. Das geschieht erst im Frühjahr 2019. Ende Juni, so der Plan, soll alles fertig sein.
Die Fragen der zahlreich erschienenen Anwohner konzentrierten sich auf den Ablauf, die neuen Verläufe und vor allem was während der Baumaßnahme bei Extremsituationen – wie Starkregen – passiert. Das soll der neue Kanal schaffen. (rs)