GUDENSBERG. Da war er wieder! Aber zur falsche Jahreszeit, wie der Meister der Jahresrückblicke selbst gestern im ausverkauften Gudensberger Bürgerhaus feststellte. „Wir hätten uns auch bei Ihnen zu Hause zum Grillen treffen können!“
Ja und zwar zur persönlichen Rückschau, nicht zum global-galaktischen Rundumschlag über ein vergangenes Jahr. Von 50 Jahren ist in Giesekings neuem Programm die Rede. Den eigenen 50 Lebensjahren. Da schaut man anders drauf zurück als auf 12 Monate voller politischer Merkwürdigkeiten.
Dabei ist er schon ein wenig drüber hin, über die Schwelle, die Halbzeit, wie mit etwas Hoffnung formuliert. Das Programm „gefühlte 30 – für Männer ab 50“ ist sozusagen Produkt einer teilnehmenden Beobachtung. Kein Stichtagsresümee.
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
Der Abend wird zum Hoffnungskabarett für Männer um die 50. Auch Frauen dürfen zuhören: „Wenn Männer sich schon nicht verstehen, können sie ja wenigsten teilhaben. Den eigenen Kindern sind Väter über 50 fast immer peinlich. Das fängt allerdings oft bei 35 schon an. Dann sind selbst der Kapuzenpulli und die Chucks an Papa peinlich? „Wir waren doch die ersten, die das getragen haben…“ Die ersten wohl, aber die Puste geht allmählich aus: „Wir sind 50 und es reicht immer noch für Atemlos, aber nicht mehr durch die Nacht. 2 Uhr gilt als durchgemacht!“
Ein bisschen melancholisch wird’s, als er sich an Barry Ryans „Zeit macht nur vor dem Teufel halt!“ erinnert: „Die Zeit, die trennt auch jeden Dichter und sein Wort, denn die Zeit läuft vor sich selber fort. Zeit macht nur vor dem Teufel halt, denn er wird niemals alt, die Hölle wird nicht kalt.“ Ab da wäre es GEMA-pflichtig geworden. Dabei kommt doch später erst der entscheidende Satz: „Die Zeit, sie trennt nicht nur für immer Sohn und Vater. Die Zeit, sie trennt auch eines Tages dich und mich…“
Nicht jedes Alter passt auf den Lottoschein
Eigentlich hat er nur ein echtes, tragisches Problem: „Wie soll ich im Lotto gewinnen? Das Alter passt nicht mehr auf den Lottoschein!“ 6 aus 49…
50 ist das Alter der Klassentreffen und manche schreiben mit 50 auch Bücher. Bernd Gieseking gehört zu denen. Das gab es natürlich in der Pause auch zu kaufen – signiert vom Autor. Der ist übrigens in der Nähe von Minden an der Weser geboren, kommt aus Kutenhausen, gleich neben Todtenhausen. Nach der Schule war das ganze Dorf der Spielplatz. „Es hat den ganzen Tag niemanden interessiert, wo wir waren. Der einzige Satz dazu war: ‚warum kommst Du jetzt erst?‘“ Das war eigentlich schon antiautoritär und es war DIE Freiheit! Heute trifft man sich nur, wenn man verabredet ist.
Generation Bonanza
Seine Eltern waren 68er, aber die waren nicht in Woodstock. Die kannten nicht „Freddy Mecury“ sondern „Freddy“ und nicht „We Are The Champions“ sondern „1000 Mann und ein Befehl“. Obwohl es daheim nur einen Mann gab und das war Muttern! Offenheit und Aufklärung? Es gab ja schon Dr. Sommer. Aber, „wenn wir damals ein nacktes Mädchen sehen wollten, ging das nur im Quelle-Katalog!“
„Wir haben alle zwei Narben auf dem Oberarm, das sind unsere Tattoos!“ Held bleibt Mann immer, wenn Mann mal ein Held war. Und früher gab es mehr Heldentaten, zum Beispiel freihändig auf dem Fahrrad über Schlaglöcher in die Kurve fahren. Und erst die Vorbilder: Ivanhoe, die drei Musketiere… Die Generation Bonanza erinnert sich auch noch an Löschpapier für Tinte von Pelikan und Geha aus Hannover.
Generation Thermomix
Heute geht alles immer schnell. Die Generation Thermomix. Konfusion (der alte ostwestfälische Philosoph) weiß aber: Die Eiche wächst nicht schneller, wenn man daran zieht…!
Die Post 68er Generationen, die jetzt jenseits der 50 sind, haben sich Gedanken gemacht, „kann man ein Kind in diese Welt setzen?“ So kam es, dass er Weder Haus gebaut, noch Kind gezeugt, noch Baum gepflanzt hat. Aber letztlich entscheidet doch nur die eine Frage bei einem Mann über 50, der sich wie 30 fühlt: „Bist Du Adler oder Erdmännchen?“ (rs)