FRANKFURT. In den kommenden Monaten wird es in Hessens Wäldern vermehrt zur Sichtung junger Wildkatzen kommen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Hessen fordert Spaziergänger und Wanderer auf, die Jungtiere nicht anzufassen oder gar mitzunehmen, auch wenn sie scheinbar allein und scheinbar mutterlos angetroffen werden. Die Wildkatze ist das Tier des Jahres 2018.
„Immer wieder lesen besorgte Tierfreunde in dieser Jahreszeit junge Wildkätzchen auf, bringen sie zu Tierärzten oder Schutzstationen oder behalten sie einfach zu Hause. Davon raten wir dringend ab. Das Muttertier ist in der Regel nicht weit weg, gerade kurz auf Mäusejagd oder versteckt sich in unmittelbarer Nähe“, erläutert Susanne Schneider, Wildtierexpertin beim BUND Hessen. Zudem sei das Immunsystem der Wildkatze und insbesondere der Jungtiere nicht gegen Infektionen mit Hauskatzenkrankheiten gewappnet. Schneider rät: „Die Jungtiere sollten wenn überhaupt nur kurz aus größerer Entfernung beobachtet werden. Die Haltung der streng geschützten Wildkatzen in Privathaushalten ist darüber hinaus verboten. Die Tiere landen dann bestenfalls in Schutzstationen. Auswilderungen – wieder zurück in die freie Natur – klappen leider nicht immer. Daher gilt: Bitte nicht anfassen oder stören. Wenn Spaziergänger aber Zweifel haben, ist es sinnvoll, den BUND Hessen zu kontaktieren, und die Stelle, an der die Kätzchen gesichtet wurden, mitzuteilen. Unsere Kolleginnen und Kollegen kümmern sich dann darum.“
Häufig werden die grau-getigerten Wildkätzchen für Nachwuchs verwilderter Hauskatzen gehalten. „Insbesondere junge Wildkatzen sehen Hauskatzen zum Verwechseln ähnlich“, erklärt Schneider. „Wenn sie älter werden, verblasst die Fellzeichnung und sie sind durch ihren kräftigen Körperbau und den buschigen Schwanz mit stumpfer, schwarzer Spitze als Wildkatze besser zu erkennen.“
Für die Aufzucht ihres Nachwuchses benötigen Wildkatzen Baumhöhlen, Totholz, umgeworfene Wurzelteller und dichtes Gestrüpp als Versteck für ihre Jungen. Sturmtief Friederike hatte Mitte Januar unzählige Bäume entwurzelt und damit vielerorts ideale natürliche Wurf- und Ruheplätze für die Wildkatze geschaffen. Fehlen diese, nutzen Wildkatzenmütter immer wieder auch Holzstapel, sogenannte Holzpolter. „Wenn Holzpolter oder vom Sturm geschaffene Verstecke in der Aufzuchtzeit der Wildkätzchen abgeräumt werden, können junge Wildkatzen leicht umkommen“, erläutert Schneider. „Wir fordern deswegen Förster und Waldbesitzer auf, die Chance für strukturreichere Wälder zu nutzen und den Windwurf der Winterstürme wo immer möglich in den Wäldern zu belassen. Bei der regulären Holzernte sollten die Polter am besten erst im September beräumt oder das gewonnene Holz sofort und ohne Zwischenlagerung im Wald abtransportiert werden, um das Risiko für die gefährdete Wildkatze zu verringern.“
Erfreut zeigte sich die BUND Wildtierexpertin über die gestiegene Anzahl von Wildkatzen, war die scheue Wildkatze doch einst fast ausgerottet. „Die größte Bedrohung für die Wildkatze ist und bleibt die Zerschneidung und Verarmung ihres Lebensraums durch Ackerflächen, Straßen und Siedlungen“, führt Schneider weiter aus. Damit die isolierten Populationen und viele andere gefährdete Tiere eine Überlebenschance haben, ist ein Netzwerk aus miteinander verbundenen Wäldern notwendig.
Weitere Informationen:
Die Wildkatze ist in Hessen vor allem im Taunus, Rothaargebirge, Kellerwald, Nordhessischen Bergland, der Rhön und im Spessart beheimatet. Nachweise gibt es aber zunehmend auch aus Mittelhessen und dem Vogelsberg.
Eine druckfähige Karte zur Verbreitung der Wildkatze in Hessen finden Sie hier.
Wer Wildkatzenjunge gesehen hat, kann dies dem BUND Hessen melden: http://www.bund-hessen.de/themen_und_projekte/natur_und_artenschutz/rettungsnetz_wildkatze/wildkatzenmeldungen/