Frankfurt. Debattieren will gelernt sein. Wie das geht, zeigen die Gewinner des Landesfinales Jugend debattiert in Hessen, die sich gestern im Sendesaal des Hessischen Rundfunks den Fragen widmeten „Sollen retuschierte Modelfotos wie in Frankreich gekennzeichnet werden müssen?“ und „Sollen beamtete Lehrkräfte streiken dürfen?“.
Jugend debattiert heißt das große Schulprojekt mit Unterrichtsreihe und Wettbewerb, für dessen Bundesebene sich die vier jungen Redner jetzt qualifiziert haben.
„Andere Meinungen zu respektieren, ist eine Fähigkeit, die man nicht früh genug lernen kann. In unserer Demokratie, aber auch in Schule und Arbeitswelt ist das unabdingbar. Im Debattentraining kann das jeder lernen. Es verbessert nicht nur kommunikative Fähigkeiten, sondern stärkt auch die Persönlichkeit und das Demokratieverständnis“, zeigt sich Frank J.-Weise, Vorstandsvorsitzender der Hertie-Stiftung, von dem Projekt überzeugt.
Dabei helfen klare Regeln: Pro Debatte vier Schüler, eine Streitfrage, 24 Minuten Dauer. Inhalte und Argumente zum Thema müssen sitzen, denn wer Pro oder Contra vertritt, wird erst kurz vor dem Wettbewerb ausgelost.
Der 15-jährige Felix Dölp vom Landgraf-Ludwigs-Gymnasium in Gießen überzeugte die Jury durch seine Sachkenntnis und seine kritischen Fragen an die Gegenseite. Er argumentierte in der Altersgruppe 1 eindrucksvoll als Vertreter der Contra-Seite zum Thema: Sollen retuschierte Model-Fotos wie in Frankreich gekennzeichnet werden müssen?
In der Altersgruppe 2 konnte der 16-jährige Vincent Köpp vom Wilhelmsgymnasium Kassel mit der Frage: Sollen beamtete Lehrer streiken dürfen? das Landesfinale für sich entscheiden. Mit vielfältigen Argumenten und unterschiedlichen Aspekten trat er dagegen an.
Rund 25000 Schüler an 118 Schulen haben sich im laufenden Schuljahr in Hessen im Rahmen einer Unterrichtsreihe an Jugend debattiert beteiligt. Die beiden Debattensieger und die jeweils Zweitplatzierten vertreten Hessen nun bei der Qualifikation zur Bundesebene in Berlin. Dort werden sich am 16. Juni 2018 dann die acht besten Debattanten aus ganz Deutschland im Bundesfinale gegenüberstehen.
Zitat Vincent Köpp: „Was mir die Teilnahme an Jugend debattiert gebracht hat, ist ein anderer Blick auf Auseinandersetzungen, dass ich die Argumente gegeneinander abwäge und möglichst viele Aspekte in Betracht ziehe.“
Als Preis für den Erfolg erhalten alle vier Sieger ein fünftägiges intensives Rhetorik-Training, das sie gemeinsam mit den Siegern der anderen Bundesländer auf die Bundesebene des Wettbewerbs vorbereitet.
Der Staatssekretär im Kultusministerium, Dr. Manuel Lösel, zeigte sich überzeugt vom Konzept: „Jugend debattiert leistet in Hessen einen wichtigen Beitrag zur Demokratieerziehung der Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen. Sie lernen, sich mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen intensiv auseinanderzusetzen und ihre Meinung selbstbewusst zu vertreten.“
„Politik lebt von guten Debatten. Gute Debatten ermöglichen, dass sich jeder Bürger eine Meinung bilden kann. Politische Debatten versteht noch besser, wer selber debattieren kann. Darum ist der Hessische Landtag Kooperationspartner von Jugend debattiert“, so Ansgar Kemmann, Leiter Jugend debattiert, Frankfurt am Main.
Mit Jugend debattiert wollen die beteiligten Stiftungen Schüler aller Schularten ab Klasse 5 ermutigen, durch Debattentraining ihre sprachliche, politische und persönliche Bildung zu verbessern.
Jugend debattiert ist eine Initiative des Bundespräsidenten und steht unter seiner Schirmherrschaft. Partner sind die Hertie-Stiftung, die Robert Bosch Stiftung, die Stiftung Mercator und die Heinz Nixdorf Stiftung sowie die Kultusministerkonferenz, die Kultusministerien und die Parlamente der Länder. (pm)